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Lengfurt
Überraschung im Zylinder: Werner Seitz aus Lengfurt hat in einer Hutschachtel eine Zeitung von 1944 gefunden
Werner Seitz vom Sebastiani-Verein Lengfurt wird sowohl die Hutschachtel als auch die darin gefundene Zeitung von 1944 ebenso sorgfältig aufheben wie den Zylinder, den beim nächsten Sebastiani-Fest sicherlich ein Mitglied der Sebastiani-Wehr tragen wird.
Foto: Raymond Roth | Werner Seitz vom Sebastiani-Verein Lengfurt wird sowohl die Hutschachtel als auch die darin gefundene Zeitung von 1944 ebenso sorgfältig aufheben wie den Zylinder, den beim nächsten Sebastiani-Fest sicherlich ein ...
Raymond Roth
 |  aktualisiert: 11.03.2024 02:47 Uhr

Es heißt bekanntermaßen: "Wer sucht, der findet". Und manchmal findet man Dinge, die man gar nicht gesucht hat. So geschehen in Lengfurt, wo sich in einer alten Hutschachtel ein Stück "Geschichte" fand – in Form einer Tageszeitung aus dem Jahr 1944.

Werner Seitz ist als Zeugwart des Sebastiani-Vereins ständig auf der Suche nach Gegenständen, die zur Ausstattung der Sebastiani-Wehr gehören oder gehörten. Er weiß, dass viele dieser Gegenstände noch "im Verborgenen" existieren, von früheren Wehr-Mitgliedern gepflegt und sorgsam aufbewahrt. Manchmal tauchen Gegenstände wieder auf, die jemand verstaut, dann aber vergessen hat. So wie jetzt ein 80 Jahre alter Zylinder.

Zylinder werden in Deutschland nicht mehr hergestellt

Besonders interessiert ist Werner Seitz an Zylindern in großen Kopfgrößen, die zur Ausstattung der Mannschaftsdienstgrade der Sebastiani-Wehr gehören. Sie neu zu kaufen ist schwierig seitdem die letzten Hersteller in Deutschland die Produktion eingestellt haben. China liefert noch, zu Preisen im mittleren dreistelligen Euro-Bereich.

Seitz hatte mit seinem Aufruf, doch mal zu Hause auf dem Dachboden oder im Keller nachzuschauen, Erfolg. Nach gut 80 Jahren "Dornröschen-Schlaf" fand sich jetzt ein Zylinder vom Typ "Chapeau Claque", ein Klappzylinder. Er ist unter anderem wegen seiner Seidenbespannung schöner als ein "feststehender" Zylinder. Er ist trotz seiner "niedrigen" Kopfgröße gut zu verwenden. Um die Hutschachtel auszupolstern hatte man damals ein aktuelles Exemplar der Mainfränkischen Zeitung genutzt.

Diese Ausgabe der Mainfränkischen Zeitung von 1944 fand ein Lengfurter in einer Hutschachtel.
Foto: Raymond Roth | Diese Ausgabe der Mainfränkischen Zeitung von 1944 fand ein Lengfurter in einer Hutschachtel.

Meldungen von Kriegsereignissen

Die Mainfränkische Zeitung erschien sechs Mal wöchentlich erstmals im Frühjahr 1934 und wurde vom damaligen Gauleiter Otto Hellmuth herausgegeben. Der Würzburger General-Anzeiger (W.G.A.),  der als Vorgänger der Main-Post gilt, war 1941 von den Machthabern mit der Mainfränkischen Zeitung "zwangsverknüpft" worden. Der Titel W.G.A. musste eingestellt werden. In den Geschichtsbüchern heißt es, dass in der Produktionsstätte stattdessen die Mainfränkische Zeitung von der NSDAP herausgegeben wurde und dass nach der als "Vereinigung" beider Zeitungen bezeichneten Zwangsenteignung die Leser dann das "NS-Gauorgan" Mainfränkische Zeitung erhielten, in einer auf das fast Vierfache (erzwungen) erhöhten Auflage.

Auf vier Druckseiten, etwa im Format DIN A2 finden sich in diesem Exemplar der Mainfränkischen Zeitung von Juni 1944 über 2,5 Seiten viele Meldungen von Kriegsereignissen. Themen sind etwa der Würzburger Mozartsommer 1944 in einem Konzertbericht, Aufführungen im Film-Theater, in denen illustre Namen wie Theo Lingen und Fita Benkhoff (Komödie mit dem Zusatz "Jugendliche nicht zugelassen") auftauchen oder auch Paula Wessely und Gustav Gründgens.

Suche nach verlorenen einzelnen Handschuhen

Der "Umstellung der Handelsgärtnereien auf Pflanzenzucht" wird eine Achtelseite gewidmet, dem Anzeigenteil fast eine halbe. Da gibt es Anzeigen zur Suche nach verlorenen einzelnen Handschuhen, einem entlaufenen Stallhasen oder einem verlorenen Füllfederhalter. Und neben den Todesanzeigen, meist den Krieg betreffend, findet sich auch eine Danksagung für Anteilnahme am Heimgang eines Lengfurter Bürgers.

In den Kriegsjahren hatte das Sebastianifest in Lengfurt nicht in der heute üblichen Form abgehalten werden können, denn die Machthaber hatten das Fest wie viele andere ähnliche verboten. Wer die fast 400 Jahre alte Tradition des Sebastiani-Festes unterstützen möchte, kann dem Sebastiani-Verein Lengfurt gerne Zylinder, auch in größeren Kopfgrößen, zur Verfügung stellen beziehungsweise überlassen. Diese nimmt Werner Seitz gerne für den Verein entgegen.

 
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