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Gemünden
Über Jahre Versicherungsgeld erschlichen
Einen unseriösen "Nebenverdienst" hat sich eine 51-jährige ehemalige Versicherungsangestellte besorgt, in dem sie Schadensfälle fingiert und das Geld auf ihr Konto geleitet hat.
Vor dem Amtsgericht musste sich eine ehemalige Versicherungsangestellte wegen Betrugsverantworten.
Foto: Michael Mahr | Vor dem Amtsgericht musste sich eine ehemalige Versicherungsangestellte wegen Betrugsverantworten.
Herbert Hausmann
 |  aktualisiert: 11.02.2024 20:05 Uhr

Geldsorgen, so berichtete die Angeklagte aus dem Landkreis Main-Spessart, hätten sie zu den insgesamt 64 Straftaten geführt. "Da standen Mitarbeiter von E.on vor der Tür und wollten Geld oder den Strom für die Elektroheizung abklemmen", so die geschiedene Frau vor dem Amtsgericht Gemünden. Auch andere Firmen wollten ihre Rechnungen beglichen haben.

Das einfach zu überlistende System der Versicherung zur Schadensregulierung war es schließlich, was die Mitarbeiterin eines Versicherungsbüros auf die Betrugsidee brachte. Sie selbst durfte Haftpflichtschäden bis zur Schadenssumme von 100 Euro unbürokratisch gegen Vorlage einer Schadensmeldung und einer Rechnung regulieren. Ihre Kollegin hatte sogar Vollmacht bis zu 1000 Euro. Jedoch war es Gepflogenheit, dass die Mitarbeiterinnen gegenseitig ihre Zugangsdaten hatten und diese auch einsetzen durften. Das hatte den Vorteil, dass während der Abwesenheit der Teilzeitkräfte Fälle trotzdem schnell reguliert werden konnten.

Unseriöses Kreditangebot kam per Mail

Dieses System nutzte die Mutter von zwei erwachsenen Töchtern aus und fingerte von 2016 an über verschiedene Versicherungsnehmer Schadensfälle mit Summen von 129 bis zu 670 Euro. Die Regulierungssummen der Versicherung ließ sie auf ihr Konto, das ihrer 83-jährigen Mutter oder auch auf Konten ihrer Töchter überweisen, von denen sie sich "ihr" Geld wieder geben ließ.

Doch nur kurz war die Zeit, in der die Frau mit diesen Nebeneinkünften über die Runden kam. Im Jahr 2018 taten sich neue Schuldenlöcher auf, als ihr Auto reparaturanfällig wurde. Da kam ihr eine E-Mail gelegen, in der Kredite ohne Schufaabfrage problemlos bar ausgezahlt wurden. 4000 Euro will sich die Frau dort geliehen haben. Die Geldübergabe, sagte sie vor Gericht, habe auf einem Parkplatz stattgefunden. Zusammen mit dem Geld soll ihr der Mann ein Handy gegeben haben. Bei Anruf von ihm sollten die Raten zurückgezahlt werden und Zeitpunkt und Ort abgesprochen werden.

"Dann wurde der Ton auf einmal rauer", so die Angeklagte. Drohungen, auch gegen ihre Töchter, hätten sie bewegt, die "Geschäftsbeziehung" Ende 2018 zu beenden. Wie viel Geld sie dem Kreditgeber zurückgezahlt hat, konnte sie nicht mehr sagen.

Über 21 000 Euro Versicherungsgelder

Kurze Zeit später flogen dann auch die Betrügereien der 51-Jährigen auf. Ein von der Versicherung angeschriebener Kunde, dem mitgeteilt wurde, dass sein Schaden reguliert worden sei, rief in der Agentur an und betonte, dass er gar keinen Schaden gemeldet habe. Als sich dann auch noch ein weiterer Kunde meldete, war das Ende der Fahnenstange erreicht. Eine Sonderuntersuchung, durchgeführt von der Regionaldirektion und der Konzernzentrale, brachte alle 64 Betrugsfälle ans Tageslicht. Der Gesamtbetrug belief sich auf 21 344,10 Euro.

"Ich bin nicht stolz auf das, was ich mir da geleistet habe", gestand die Frau, die über 20 Jahre im Versicherungswesen gearbeitet hat, gegenüber Strafrichter Dr. Sven Krischker. Mit der Versicherungsgesellschaft hat sie vertraglich eine Schadenswidergutmachung vereinbart. In monatlichen Raten von 130 Euro soll sie die Schadenssumme abstottern. Um aber möglichst schnell die Angelegenheit aus der Welt zu schaffen, zahlt sie seit einigen Monaten freiwillig 300 Euro. Somit sind aktuell 2690 Euro ihrer Schuld beglichen, wie ein Mitarbeiter der Regionaldirektion berichtete.

Vertrauen von Versicherung und Kollegen missbraucht

Wegen gewerbsmäßigem Computerbetrugs beantragte die Staatsanwältin für die Angeklagte eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren. Sie attestierte der Frau eine hohe kriminelle Energie und warf ihr vor, das Vertrauen der Versicherung und der Agenturmitarbeiter missbraucht zu haben.

Die Verteidigung sprach sich für eine zehnmonatige Bewährungsstrafe aus. Mit seinem Richterspruch von einem Jahr und zehn Monaten lag Dr. Krischker allerdings sehr viel näher am Antrag der Staatsanwaltschaft. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

 
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