Wenn es regnet, kommt im Kongo eine Delikatesse aus der Erde gekrochen: Termiten. Man kann sie roh essen, angeröstet, als Brotaufstrich oder wie Cevapcici. „Der Geschmack ist sehr intensiv“, sagt Florian Schmitt aus Schaippach. Die Einheimischen haben auch einen Trick, wie sie die fetten Insekten hervorlocken, wenn es nicht regnet: Vor allem Kinder sitzen gerne da und trommeln mit Stöckchen schnell auf ein Holzstück, um die Termiten so glauben zu machen, es regne. Manchmal habe er morgens um 5 Uhr im Bett gelegen und draußen habe es schon getrommelt.
Der 22-Jährige war aber nicht 16 Monate im Kongo, um dort lokale Spezialitäten kennenzulernen, sondern er war als Missionar dort. Zu Hause werde er oft gefragt, was er denn als Missionar gemacht habe. Für den gläubigen Schaippacher bedeutete Mission in erster Linie, dass er für das deutsche Missionswerk DIGUNA („Die gute Nachricht für Afrika“), das die Kirche vor Ort beim Verbreiten des Evangeliums unterstützt, das tat, was er gelernt hat: Er war vor allem als Elektroniker tätig, kümmerte sich etwa um die christliche Radiostation und gleich noch um andere im Land, installierte eine Solaranlage, legte Stromleitungen von ihrem Aggregat zum nahen Krankenhaus.
Während seiner Zeit hat er Abenteuerliches erlebt. Sein Gottvertrauen und „Bewahrung“ habe ihn vor Unbill geschützt, sagt er. So gewappnet ist er etwa auf den 63 Meter hohen dünnen Radioturm der Missionsstation in Aru im Osten des Kongos, 5600 Kilometer von daheim und direkt an der Grenze zu Uganda, geklettert, um dort Arbeiten zu verrichten. Einmal habe es in der Nähe auch einen Überfall auf eine Bar gegeben, bei der 15 Menschen erschossen worden sein sollen. Er hat die Schüsse gehört.
Hintergrund war wohl, so erzähle man sich, dass die Frau eines ranghohen, ugandischen Offiziers geflohen sein und die Bar aufgemacht haben soll. Dieser habe einige Militärs zu dem Überfall angestachelt. Schmitt erzählt die Geschichte ganz unaufgeregt. Einmal hat ein Mob aus Protest gegen Polizeiwillkür zwei Behördengebäude in der nahen rund 30 000 Einwohner großen Stadt in Flammen gesteckt. Schmitt: „Das ist schon ein bisschen Wilder Westen.“
Aber außer einer kurzen Ausgangssperre hätten die Vorfälle keine Auswirkung auf seine Tätigkeit gehabt. Auch von der Ebola-Epidemie hat er wenig mitbekommen. Seine Familie habe sich zwar Sorgen gemacht, aber die Kongolesen hätten keine Panik gehabt, da sie bei früheren Epidemien schon mit der Seuche umzugehen gelernt hätten. Es habe in der Gegend ohnehin nur einen Verdachtsfall gegeben.
„Kombo nangai essali Florian“, so kann sich der Schaippacher auf Lingala, der Nationalsprache des Kongos, vorstellen. Anfangs habe er es mit Französisch probiert, aber Lingala sei viel einfacher, sagt er. Mitunter ist er mit Kongolesen, die nur Lingala sprechen, zu einer Evangelisation in abgelegene Dörfer gefahren. Da ist ihm nichts anderes übrig geblieben, als die Sprache zu lernen. Das Gleiche galt für Einladungen zum Essen der gastfreundlichen Einheimischen.
Im Gotteshaus der örtlichen Kirche finden am Sonntag gleich zwei Gottesdienste mit jeweils 1000 Besuchern statt, erzählt Schmitt. Weil die Kongolesen als wichtigste Hobbys entweder Fußball oder Chorgesang haben, werde dort in der Kirche viel gesungen. Warum es überhaupt Mission brauche? Es gebe, vor allem in abgelegenen Gebieten, viele, die noch nichts vom Evangelium gehört hätten. Naturreligionen seien weit verbreitet und vermischten sich nicht selten mit dem christlichen Glauben. Deshalb unterstütze die DIGUNA etwa Evangelisationsfahrten der lokalen Kirche mit Unimogs und Technik.
Er als Weißer war natürlich eine Attraktion. Kleinkinder seien bei seinem Anblick oft erschrocken. Er vergleicht das aber mit den Erzählungen seiner Oma von der Zeit, als mit den US-Soldaten die ersten Schwarzen hierher kamen. Damals hätten die Kinder auch oft Angst gehabt.
Der 22-Jährige hat, wenn er erst einmal loslegt, viel zu erzählen, er könnte wahrscheinlich ein ganzes Buch schreiben. Einmal ist er 370 Kilometer mit einem Motorrad gefahren. Dazu muss man wissen: Geteerte Straßen gibt es in der Gegend dort nicht, und sein Helm war ihm zu klein. Als das vor ihm fahrende Motorrad einmal beim Umfahren eines Wasserlochs in der Straße eine Liane hochschleuderte, fegte ihn die beim Zurückschwingen vom Motorrad. Er stürzte mit dem Knie auf einen Stein. Um lästigen Fragen der Militärs zu entgehen, wurde er nur schnell verbunden – und weiter ging's. Er versuchte, weite Strecken nicht alleine zu fahren. Wenn dann etwas passiert, so Schmitt, ist man aufgeschmissen.
Das Kolonialerbe der Belgier, deren Eisenbahnstrecken und Schienen am Verfallen seien, sei heute noch präsent. So habe er etwa die Geschichte gehört, dass ein Acker umgegraben wurde und dabei Skelette mit Handschellen gefunden wurden. Inzwischen kümmern sich Chinesen um viele Straßen und dürfen dafür Bodenschätze abbauen.
Seit Juni ist Schmitt wieder aus dem Kongo zurück, er ist dankbar für die finanzielle Unterstützung und die Gebete für ihn. Doch es zieht ihn schon wieder dorthin. Aber er möchte sich auch weiterbilden, eventuell studieren, was von dort aus nicht möglich sei. Erschwerend komme der Mindestlohn hinzu, der auch für Missionare gelte. Bisher sei sein Aufenthalt über Spenden finanziert worden, und er habe lediglich ein kleines Taschengeld erhalten. Mehr wolle er auch gar nicht. Aber so stünde nun das ganze Konzept auf der Kippe, weil das Missionswerk nicht so viele Spenden erhalte, um den Mindestlohn zahlen zu können.
Wer die Missionsarbeit von DIGUNA im Kongo unterstützen möchte, kann auf folgendes Konto spenden: Sparkasse Dillenburg, BIC HELADEF1DIL IBAN DE53 5165 0045 0000 0886 58. Verwendungszweck: Station Aru sowie eigene Adresse für Spendenquittungen.