
Das mittelalterliche Leben im Spessart, speziell entlang der Birkenhainer Landstraße und im Kloster Elisabethenzell nahe der Bayerischen Schanz, beleuchtet eine Tagung in dieser Woche im Bürgersaal in Lohrhaupten. Vom Donnerstag, 6. November, bis Samstag, 8. November, laden das Archäologische Spessartprojekt, die Gemeinde Flörsbachtal und die Institute für Geografie und Geologie sowie für Geschichte der Universität Würzburg nicht nur Experten, sondern die interessierte Öffentlichkeit zu den Vorträgen ein.
Fernhandelswege und Straßen allgemein haben von Anfang an eine ökonomische, politische, administrative, militärische, kommunikative und individuelle Dimension und die verschiedensten Funktionen. Anlass für die Tagung sind die 2012 begonnenen archäologischen Ausgrabungen an der Birkenhainer Straße, dem größten hochmittelalterlichen Bodendenkmal im Spessart und einem der größten in Bayern.
Auf einem schmalen Bergsattel gelegen, beherrschte das Kloster Elisabethenzell die Fernstraße und damit den auf ihr verlaufenden Verkehr. Die Lage als Rast- und möglicherweise auch als Zollstation war strategisch äußerst günstig gewählt. Je nach Wegeziel unmittelbar am Abstieg zum oder Aufstieg vom Main positioniert, stand dem wirtschaftlichen Erfolg des Klosters bei einer starken Nutzung der Straße nichts mehr im Wege. Im Konflikt mit den den Herren von Hanau nach einem Erbschaftsstreit mit den Rieneckern in den 1340er Jahren, kam der Handelsverkehr weitgehend zum Erliegen. Letztlich bedeutete dies das Aus für die Besiedelung dieser Rodungsinsel mitten im Spessart.
Die wahre Bedeutung der Anlage wurde erst durch die archäologischen Untersuchungen deutlich. Anlässlich der Tagung wird zudem der 2013 im Friedhof des Klosters entdeckte Münzschatz erstmals der Öffentlichkeit präsentiert. Es wird mit der Veranstaltung angestrebt, möglichst viele Forschungsansätze zu der Thematik der mittelalterlichen Fernhandelswege im Allgemeinen und der Birkenhainer Straße im Besonderen vorzustellen, und zwar sowohl aus geistes- als auch aus naturwissenschaftlicher Sicht.
Das vorläufige Tagungsprogramm sieht unter anderem vor:
Donnerstag, 6. November
9 Uhr Einführende Vorträge von Dr. Johannes Litzel (Halle/Saale) über Altstraßen und Dr. Gerhard Ermischer (Aschaffenburg) über die Verkehrslandschaft Spessart.
11 Uhr Dr. Christiane Kärcher (Graz): „Europäische Fernwege von der Spätantike bis in die Frühe Neuzeit“.
11.30 Uhr Dr. Gerrit Himmelsbach (Aschaffenburg): „Wege frühneuzeitlichen Viehhandels“.
12. Claus Bergmann (Gelnhausen): „Straßen und Wege – Eine Herausforderung an die Denkmalpflege“.
Donnerstag, Sektion 1
14 Uhr Martin Held (Erlbach): „Frühmittelalterliche und während oder nach der Besiedelung entstandene Wege auf der Frankenhöhe.“
14.30 Uhr Bernd Schätzlein (Helmstadt): „Die Vorläufer der A3 – Historische Fernstraßen auf der Marktheidenfelder Platte.“
15 Uhr Gertrud Nöth (Esselbach): Triefenstein – Schlüsselstelle an der Via Publica.
16 Uhr Jochen Heinke (Stetten/Rhön): „Alte Straßenverbindungen zwischen Rhön und Spessart“.
16:30 Uhr Andrea Jakob und Torsten Lämmerhirt (Meiningen), „Wegbegleiter an der B4 zwischen Eisfeld und Coburg.“
17 Uhr Achim Fuchs (Meiningen): „Stand und Aktivitäten der Altstraßenforschung in Südthüringen“.
Donnerstag, Sektion 2
14 Uhr Burkhard Kling (Steinau): „Die Straße führt ins Museum“.
14.30 Uhr Dr. Hans-Otto Schmitt (Gelnhausen), „Miscellen zur Via Regia – Ein archäologischer Aufschluss“.
15 Uhr: Horst Winkler (Wirtheim): „Mittelalterliche Wege im Bereich von Wirtheim“.
16 Uhr Dr. Wolfgang Vorwerk (Bremen): „Die Einbindung der Birkenhainer Straße in die frührömische Wegeplanung zwischen den beiden Zweilegionenlagern Mainz und Marktbreit.
16.30 Uhr Paul Reinert und Udo Weiss (Lohrhaupten): „Die Birkenhainer Straße als Impulsgeber für die Region – auch nach 1333.“
17.30 Uhr Festvortrag Prof. Dr. Dietrich Denecke (Göttingen): „Historische Geografie und Archäologie der Altstraßen.“
Freitag, 7. November
9 Uhr Prof. Dr. Helmut Flachenecker (Würzburg): „Prämonstratenser in Franken – Zur Geschichte des Klosters Einsiedel“.
9.30 Uhr Bruno Schneider (Burgsinn): „Capellam Sanctae Elizabeth – Die Urkunden zur Geschichte des Klosters Elisabethenzell.“
10 Uhr David Enders (Lohrhaupten): „September 1333: Hanau versus Rieneck – eine archäologische Spurensuche.“
11 Uhr Harald Rosmanitz (Partenstein): „Die Ausgrabungen auf dem Kloster Elisabethenzell“.
12 Uhr Rahel Ackermann (Bern): „Münzen in mittelalterlichen Gräbern“.
11.30 Uhr Sabrina Bachmann (Heimbuchenthal): „Die Bestattungen im Kloster Elisabethenzell“.
12.30 Uhr Ingbert Roth (Ruppertshütten): „Das Kloster Elisabethenzell als Aufgabe der Zivilgesellschaft.“
14.30 Uhr Dr. Johannes Litzel (Halle/Saale): „Ein Fenster ins 14. Jahrhundert – Die Schnitte durch die Birkenhainer Straße beim Kloster Einsiedel“.
15 Uhr Christian Büdel (Würzburg): „Physisch-geografische Befunde der mittelalterlichen Klosteranlage Elisabethenzell.“
15.30 Uhr Dr. Jens Brauneck (Kaiserslautern): „Vermessung und Grabungsdokumentation mittels digitaler Photogrammetrie.“
16.30 Uhr Dr. Jürgen Jung (Aschaffenburg): „Airborne Laserscanning (ALS) und die Altwege in der Umgebung von Spessartburgen“.
17 Uhr Prof. Dr. Barbara Sponholz (Würzburg): „Die mittelalterliche Siedlung Karlburg am Main – en Zwischenbericht aus geografischer Perspektive.“
17.30 Uhr Abschlussdiskussion.
Samstag, 8. November
9 bis ca. 17 Uhr Tagesexkursion – Anmeldung erforderlich – nach Steinau (Straßenmuseum), Wirtheim (Via Regia, frühmittelalterlicher Ringwall), Bieber (Bergbauspuren), Mosborn (Neusiedlung des 18. Jahrhunderts), Lohrhaupten (Urpfarrei) und Kloster Elisabethenzell. Einkehr und Abschluss in der Bayerischen Schanz.
ONLINE-TIPP
Das ausführliche Programm im Internet unter www.spessartprojekt.de