
Viele Reiseveranstalter haben wegen der gewaltsamen Unruhen in Ägypten ihre Urlaubsreisen storniert – und auch das Auswärtige Amt rät derzeit dringend von Reisen ins Land der Pharaonen ab. Die Mitarbeiter der Reisebüros haben derzeit alle Hände voll zu tun, auch in Marktheidenfeld. Denn die meisten betroffenen Urlauber buchen um und suchen sich ein neues Sommerziel.
„So viel wie an den letzten Tagen war bei uns schon lange nicht mehr los“, sagt Inessa Flemmer vom Derpart Reisebüro Panter. Wer seinen Urlaub in einem Reisebüro gebucht habe, könne sich jedoch glücklich schätzen. Denn Kunden, die in den nächsten Tagen in den Ägypten-Urlaub aufbrechen wollten, bräuchten jetzt jemanden, der sich um ihre Anliegen kümmert. „Wer im Internet kauft, hat oft keinen Ansprechpartner“, sagt Flemmer.
„Wir Reisebüros kriegen drei bis vier Stunden vor allen anderen über die amtliche Reisewarnung Bescheid“, sagt Ralf Heller vom gleichnamigen TUI ReiseCenter. Entsprechend einfacher sei es, noch kurzfristig eine Alternative zu finden. Jetzt bei Reiseportalen im Internet noch einen annehmbaren Urlaub zu buchen, sei nahezu unmöglich.
Heller und seine Mitarbeiterinnen haben am vergangenen Freitagnachmittag, gleich nachdem die Stornierungsmeldungen mehrerer Reiseveranstalter eingegangen waren, die betroffenen Kunden informiert. Bis in die Nacht hinein habe er alternative Urlaubsziele gesucht – und bis Samstagvormittag allen doch noch zu ihren Ferien verhelfen können, erzählt er. Einer Gruppe von zwölf Urlaubern, die zum Tauchen und Schnorcheln fahren wollten, vermittelte er ein Hotel in Kenia; die anderen 26 Betroffenen werden in Kürze in die Türkei, nach Griechenland oder Tunesien fliegen.
Ersatz-Reisen sind oft teuer
Auch Inessa Flemmer vom Reisebüro Panter sagt, dass sie und ihre Kollegen seit Freitag insgesamt sieben Buchungen, die storniert worden seien, zu ändern hatten. Ersatz-Reisen nach Mallorca oder auf die Kanaren seien meist sehr teuer. Einige Umbucher fahren daher in die Türkei, dort seien die Preise noch vergleichsweise annehmbar.
Ralf Heller berichtet von einer Familie, die kurz vor der offiziellen Reisewarnung in den ägyptischen Ferienort Makadi Bay am Roten Meer abgeflogen sei. „Den Kunden wurde es freigestellt, ob sie dort bleiben oder nach Hause fliegen wollten.“ Sie entschieden sich, ihren Urlaub fortzusetzen. Von Ausschreitungen oder einer erhöhten Polizeipräsenz hätten sie nichts mitbekommen.
„Wir merken in dieser Sommersaison, dass das allgemeine Interesse an Ägypten-Urlauben gesunken ist“, sagt Reisevermittlerin Flemmer. Sie meint, dass die meisten Urlauber verunsichert seien – und dies wohl auch dann noch bleiben würden, wenn die Eskalation der Gewalt beendet sei. Flemmer sagt: „Erfahrungsgemäß dauert es lange, bis die Deutschen wieder in ein solches Gebiet reisen.“ Obwohl es auch Ausnahmen gibt: Ein Kunde suchte sie am vergangenen Wochenende im Reisebüro auf, um einen Winterurlaub in Ägypten zu buchen – mit Tauchen und dem obligatorischen Besuch bei den Pyramiden. Als Flemmer ihn auf die derzeit geltende Reisewarnung aufmerksam machte und ihm von dem Urlaub abriet, war der Mann erstaunt, denn er sah seinen eigenen Urlaub von der Lage nicht betroffen.
Für Ralf Heller steht fest, dass die Hauptsaison in Ägypten, die von Oktober bis April läuft – also dann, wenn es in anderen Regionen zu kalt zum Baden ist – in diesem Jahr wegbrechen wird. Sobald die Reisewarnung des Auswärtigen Amtes aufgehoben werde, würden aber sicher manche wieder mit einem Urlaub in Ägypten liebäugeln. Denn anfangs wären die Preise für Reisen dorthin sicher niedriger – und ein Aufenthalt somit attraktiver.
Lage in Ägypten
Im Urlaubsland Ägypten überschlagen sich seit mehreren Wochen die politischen Ereignisse. Der Staat befand sich nach dem Sturz des früheren Staatschefs Husni Mubarak im Februar 2011 in der Übergangsphase von einer Diktatur zu einem demokratischen System. Der Muslimbruder Mohammed Mursi war der erste demokratisch gewählte Präsident des Landes. Doch nach nur einem Jahr im Amt und nach zahlreichen umstrittenen Entscheidungen wurde er vom Militär weggeputscht. In der Folge kam es zu gewaltsamen Ausschreitungen mit zahlreichen Toten und Verletzten im ganzen Land. Wegen der blutigen Proteste wurde über das Land vor kurzem der Ausnahmezustand verhängt. TEXT: DFI