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Glasofen
Trümmerteile in Glasofen: Absturz eines amerikanischen Bombers im Jahr 1943
Heimatforscher Kurt Schüll recherchiert seit vielen Jahren über Flugzeugabstürze während des Zweiten Weltkrieges. Jetzt berichtet er über einen Bomberabsturz bei Glasofen.
Bei Glasofen gab es am 14. Oktober 1943 einen Flugzeugabsturz.
Foto: Archiv: Eschenbacher/Schüll | Bei Glasofen gab es am 14. Oktober 1943 einen Flugzeugabsturz.
Susanne Feistle
 |  aktualisiert: 10.02.2024 03:11 Uhr

Am Donnerstag, 14. Oktober 1943, flogen die Amerikaner ihren zweiten großen Tagesangriff gegen Schweinfurt. Sie mussten ihn mit so schweren Verlusten bezahlen, wie sie bisher noch niemals erlitten hatten. Eines der Flugzeuge stürzte über dem Marktheidenfelder Ortsteil Glasofen ab. Heimatforscher Kurt Schüll recherchierte anhand von Schriftstücken über den Vorfall und trug Aussagen von Zeitzeugen zusammen.

Um 13.30 Uhr wurden die ersten Einflüge der viermotorigen Bomber über Holland und Belgien gemeldet. Kurz darauf wurden die feindlichen Bombergeschwader wurden über Frankfurt gesehen. Sie flogen in Richtung Ost-Süd-Osten, so Schüll.

Aufgelockerte Flugformation der amerikanischen Bomber

Sie flogen nicht, wie beim ersten Angriff auf Schweinfurt am 17. August 1943 in einer geschlossenen Formation, sondern etwas aufgelockerter. Eine vierer Reihe, dann wieder zwei Maschinen, dann eine Einzelne und dann wieder mehrere.

Seine Informationen über das Geschehene hat er von der US-amerikanischen Luftwaffe, der militärische Dienststelle Berlin, der Meldebehörde von 1944 sowie aus schriftlichen Berichten, unterschrieben vom damaligen Glasofener Bürgermeister Andreas Schäfer.

Keine Flugabwehrkanonen über dem Spessart

Der Spessart war flakfrei, dort gab es keine Flugabwehrkanonen. Die amerikanischen Piloten glaubten, bei dem Flug über den Spessartbergen nicht auf Wiederstand zu stoßen. Der Himmel war an dem Donnerstag blau, Wolken waren nicht zu sehen. "Ein schöner Herbsttag", so Heimatforscher Schüll.

Doch plötzlich waren deutsche ein- und zweimotorige Jagdflugzeuge da. Eine große Anzahl deutscher Flugzeuge wurde aus dem ganzen Reich gerufen, um sich bei dem Kampf gegen die feindlichen Flieger zu beteiligen.

Sie sind zwischen den Verband geflogen, so Schüll. 21-Zentimeter Raketen, welche unter den Tragflächen hingen, wurden abgeschossen und so mancher Bomber wurde durch die Splitter getroffen und stürzte in die Tiefe. Viele der silberglänzenden amerikanischen B 17 Bomber explodierten in der Luft; insbesondere dann, wenn sich der in den Tragflächen mitgeführte Treibstoff bei einem Geschosseinschlag entzündete und es zu einer Explosion kam.

Viermotorer vom Verband abgedrängt und beschossen

So wurde eine Boeing B17 F, ein viermotoriger Bomber, über Glasofen vom Verband abgedrängt und von deutschen Jagdflugzeugen so stark beschossen, dass er explodierte und in der Gemarkung "Schindheklein" abstürzte. Das Flugzeug gehörte laut Schüll der 305 BG, 365 BS an, Seriennummer 42-30804, Erkennungscode: XK:G, Hersteller Boeing, Modell B17, Typ F-120 Bo.

Der abgestürzte amerikanische Bomber bei Glasofen.
Foto: Archiv: Eschenbacher/Schüll | Der abgestürzte amerikanische Bomber bei Glasofen.

Bevor sie abstürzten, klinkten die Soldaten ihre für Schweinfurt mitgeführten Bomben aus. Sie fielen in freies Gelände. Eine beim Bahndamm am Glasbach, eine am Mainufer und eine ins Feld beim Karbacher Berg. Die vierte Bombe explodierte auf der Zimmerer Straße, ungefähr 100 Meter von den letzten Häusern entfernt und riss einen Krater von vier Metern Durchmesser in die Straße.

Überlebende Soldaten wurden gefangen genommen

Von den zehn Besatzungsmitgliedern konnten drei mit dem Fallschirm abspringen: die seitlichen Schützen Sergeant S. Whitehead und Sergeant Ch. H. Crane sowie der Heckschütze Sergeant W. H. Connelley. Sie wurden gefangen genommen und in das Sammellager nach Oberursel bei Frankfurt gebracht.

Die anderen sieben amerikanischen Soldaten wurden beim Absturz der Maschine getötet. Darunter waren auch der Pilot und der Co-Pilot. Sie alle wurden auf dem Glasofener Friedhof in einem Massengrab beerdigt. 

"Ein Toter trug eine Fliegerjacke, auf dem Rücken stand ,Corporation  Murder', abgebildet war ein Weißkopfseeadler im Sturzflug", berichtete ein Zeitzeuge. Alle Erkennungsmarken der Soldaten wurden am Liegeort der Toten gefunden und mussten beim Ortsgruppenleiter der NSDAP A. Schäfer abgegeben werden.

Persönliche Gegenstände und Erkennungsmarken wurden an die Wehrmacht übergeben

Dieser übergab sie Offizieren der Wehrmacht mit weiteren gesammelten persönlichen Sachen, wie Armbanduhren, fremde Währungen, Bildern von Verwandten, Auszeichnungen, Flugkarten und Fliegerstiefel. Manchen Soldaten zog man sogar die Hose aus und legte ihn ins Massengrab. In den Exhumierungsunterlagen findet man heute noch den Hinweis: "Clothing not found", erläutert Schüll.

Die Landwacht habe die Trümmerteile bewacht, sagten Zeitzeugen aus. Ein Teil des Rumpfs lag in der Nähe des Friedhofes, daneben drei Tote. Ein zweites Stück Rumpf lag weiter oben. In der Nähe des heutigen Golfplatzes lag das Heckstück. Ein Toter war noch im Heck. Er war nicht verbrannt. Ein Motor lag an der Mündung des Glasbaches. Zeitzeugen vermuten, dass der Bomber schon in der Luft auseinandergebrochen sein muss.

Propeller wurde viele Jahre in Glasofen aufbewahrt

Einer der Propeller landete in der Nähe der Dreschhalle. Aus Erzählungen weiß Schüll, dass die Mutter eines Zeitzeugen beinahe von ihm erschlagen wurde. Der Propeller wurde viele Jahre lang aufbewahrt. Bei der Explosion wurden Ziegeln von den Dächern abgedeckt. An der sogenannten "Todeskurve" der Bundesstraße 8 zwischen Glasofen und Marktheidenfeld lag ein weiterer Propeller.

Angehörige der Besatzungstruppen exhumierten die sieben Soldaten im April 1945 und brachten sie nach Heidelberg. Dort wurden die sterblichen Überreste von Rechtsmedizinern untersucht und auf dem verschiedenen amerikanischen Kriegsgräberstätten in den Niederlanden, in Frankreich und den USA erneut beigesetzt.

 
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