Wenn Schreiner, Metallbauer oder Steinmetze am Ende ihrer Ausbildung ihr Gesellenstück fertigen, halten sie im wahrsten Wortsinn etwas Greifbares in Händen. Bei Bierbrauern ist das anders. Ihr Gesellensud ist vergänglich, da für den Verzehr bestimmt. Wobei sich der Genuss bei einem Gesellensud in Grenzen hält, nicht etwa wegen des Geschmacks, sondern aufgrund der begrenzten Menge.
Denn wenn angehende Bierbrauer im praktischen Teil ihrer Gesellenprüfung an der Karlstadter Berufsschule ihren Gesellensud ansetzen, geht es üblicherweise um Kleinstmengen. Theoretisches Wissen und praktisches Können müssen die Prüflinge nicht etwa an einem großen Sudkessel mit zigtausend Litern beweisen, sondern an einem besseren Einkochtopf. Der fasst nur rund 30 Liter. Der Geschmack des fertigen Bieres steht dabei eher im Hintergrund. Vielmehr geht es um die Mengenberechnung der Zutaten, um das Brauverfahren an sich.
Johannes Marschall (21), Veit Pfeuffer-Martin (22) und Jerome Wappes (20) haben ihren Gesellensud bereits hinter sich. Die drei Auszubildenden regionaler Brauereien stecken mitten in ihrer Abschlussprüfung, die sich noch bis Juli erstreckt. Den Gesellensud haben sie in Gruppenarbeit an der Karlstadter Berufsschule gemeistert. Doch jetzt haben sie ihn in größerem Stil nachgebraut – im Sudkessel der Halsbacher Goikelbräu, dem Ausbildungsbetrieb von Johannes Marschall.
Zusammen 2000 Liter
Braumeister und Brauereibesitzer Manuel Müller hatte Marschall und dessen beiden Kollegen angeboten, es beim Gesellensud nicht bei 30 Litern zu belassen, sondern das Rezept auf eine größere Menge zu übertragen. Und so machten sich Marschall, Pfeuffer-Martin und Wappes in den vergangenen Tagen erneut ans Werk eines Gesellensuds. Vier Sude zu je 500 Litern haben sie angesetzt, zusammen also 2000 Liter.
Das ist zwar deutlich mehr als die 30 Liter aus der Prüfung, für Pfeuffer-Martin und Wappes aber noch immer eine Kleinstmenge. Die beiden haben ihre Ausbildung in Betrieben absolviert, in denen wegen 500 Litern kein Sud angesetzt wird. Pfeuffer-Martin ist ein Spross der Marktheidenfelder Martinsbräu-Familie. In den dortigen Kesseln umfasst ein Sud nicht 500, sondern 6500 Liter. In dem Betrieb, in dem Pfeuffer-Martin seine Ausbildung absolviert, der Krautheimer Brauerei, sind es seinen Worten zufolge gar 20.000 Liter pro Sud. Auch Jerome Wappes ist ganz andere Dimensionen als die der Halsbacher Goikelbräu gewohnt: Er ist Auszubildender der Würzburger Hofbräu, die jährlich ein Vielfaches der Marktheidenfelder Martinsbräu ausstößt.
Vor dem Abfüllen wird "gezwickelt"
Umso interessanter war für das Brauer-Trio die Arbeit am 500-Liter-Sudkessel der Halsbacher Kleinbrauerei. Hier sei das Brauen noch sehr "handwerklich und produktnah", sagt Wappes. In größeren Brauereien würden die Kessel per Automatik gesteuert, schildert Pfeuffer-Martin. Es gebe für jede Biersorte fertige Computerprogramme, nur der Hopfen werde noch von Hand zugegeben. In Halsbach hingegen mussten die Drei noch von Hand messen und einfüllen.
Die Zutaten folgten freilich dem Reinheitsgebot: Wasser, Malz, Hopfen und Hefe. "Auf die Mischung kommt es an", sagt das Brauer-Trio, ohne Details zur Mixtur des Gesellensuds zu verraten. Nur so viel: Ein unfiltriertes vollmundiges Festbier soll es werden, "mit feinem Hopfenaroma", so Wappes.
Die Basis dafür hat das Brauer-Trio mit den klassischen Arbeitsschritten gelegt: Am Anfang stand das Einmaischen, also das Vermischen von Wasser und Malz. Nach dem Erhitzen auf 62 bis 72 Grad folgte das Herausfiltern des Trebers, das erneute Erhitzen auf 100 Grad und die Zugabe von Hopfen. Nach dem Abkühlen auf knapp zehn Grad wurde in den Gärtank umgefüllt und untergärige Hefe zugegeben.
Nun also gärt das Bier eine Woche, bevor es in den Lagertank kommt. Sechs bis sieben Wochen bleibt es dort – unter regelmäßiger Kontrolle der Brauer. Vor der Abfüllung in Fässer wird dann "gezwickelt", also im kleinen Kreis und in gemütlicher Runde direkt aus dem Hahn verkostet.
Freie Hand gelassen
Auch Braumeister Manuel Müller dürfte gespannt sein auf das Ergebnis des Gesellensuds. Er ließ den angehenden Gesellen bei ihrer Arbeit freie Hand und nutzte die Zeit zum Aufräumen von Lagerräumen. Sorge, dass der Gesellensud misslingen könnte, haben die drei angehenden Brauer übrigens nicht. Gelernt ist schließlich gelernt.
Und wie geht es für das Trio nach der Ausbildung weiter? Veit Pfeuffer-Martin wird in die familieneigene Brauerei in Marktheidenfeld einsteigen. Der Waldbüttelbrunner Jerome Wappes will zunächst einige Jahre Berufserfahrung als Brauer sammeln, gerne im Ausland. Der Steinbacher Johannes Marschall hat die Meisterschule als Ziel, bleibt jedoch zunächst seinem Lehrbetrieb, der Goikelbräu, für einige Jahre erhalten.
Braumeister Müller hat dem zweiten Auszubildenden, den er hatte, einen Gesellenvertrag angeboten. Sein bisheriger Ein-Mann-Betrieb mit Auszubildendem wird also zu einem echten Zwei-Mann-Betrieb. Vor diesem Hintergrund hofft Müller umso mehr, dass auf die auch für Brauereien harte Zeit der Corona-Pandemie eine Normalisierung des öffentlichen Lebens, vor allem aber des Betriebs in Kneipen und Gaststätten sowie bei Festen folgt.