Die gute Nachricht zuerst: Das seit zwei Wochen geltende Abkochgebot für das Trinkwasser in Krommenthal ist mit sofortiger Wirkung aufgehoben. Das meldete das Landratsamt Main-Spessart am Freitagmittag. Die schlechte Nachricht: Behoben ist das Problem der Trinkwasserversorgung im Wiesthaler Ortsteil damit noch lange nicht.
Stattdessen wird die Gemeinde wohl über Jahre viel Geld in die Hand nehmen müssen, um für Krommenthal dauerhaft sauberes Trinkwasser sicherzustellen. Den Anfang der Investitionen soll der Bau einer neuen Verbindungsleitung von Wiesthal nach Krommenthal machen. Das Vorhaben wird laut Bürgermeister Karl-Heinz Hofmann "bestimmt 1,5 Millionen" Euro kosten und könnte eventuell im Frühjahr 2024 starten.
Doch auch nach dem Anschluss Krommenthals an die vor einigen Jahren sanierte Wiesthaler Trinkwasserversorgung wird ein Problem bleiben: Es sind die Trinkwasserleitungen in Krommenthal selbst. Das dortige Netz ist laut Hofmann größtenteils viele Jahrzehnte alt und dringend sanierungsbedürftig.
Trinkwasserqualität: Sanierung dürfte etliche Millionen Euro kosten
Diese Sanierung dürfte etliche Millionen kosten und nur nach und nach zu bewerkstelligen sein. Angesichts der im Raum stehenden Summen zeichnet sich ab, dass die Wiesthaler und Krommenthaler für die Finanzierung zur Kasse gebeten werden müssen.
Die Trinkwasserversorgung der rund 300 Krommenthaler bereitet seit etwa zwei Jahren immer wieder Probleme. Mehrfach gab es ein Abkochgebot, nachdem im Wasser Bakterien festgestellt worden waren. Zuletzt hatte das Landratsamt Main-Spessart vor zwei Wochen ein solches Abkochgebot verhängt. Grund sei eine Überschreitung der Grenzwerte für Verunreinigungen etwa mit coliformen Bakterien oder Enterokokken gewesen.
Wie kommen die Bakterien in das Trinkwasser?
Solche Verunreinigungen können beispielsweise dann auftreten, wenn oberflächennahes Wasser ins Trinkwasser gelangt. Das war offenbar nach den starken Regenfällen vom 16. August in Krommenthal der Fall. "Wir wissen nicht, wo es reinkommt", sagt Bürgermeister Hofmann über die unbekannte Leckage. Im Verdacht stehe der "uralte Hochbehälter" im Wald oberhalb des Ortes. Er sei am vergangenen Montag gereinigt worden.
Unterdessen sorgte das erneute Abkochgebot im Ort für einigen Unmut. Zwei Krommenthaler aus dem Bereich Schöllersgrund wandten sich direkt an die Redaktion. Einer von ihnen hatte seinem Ärger auch in einem Schreiben an Landrätin Sabine Sitter Luft gemacht.
Es könne doch nicht sein, dass das Problem der maroden Trinkwasserversorgung über Jahre nicht angegangen werde, so der Tenor der Kritik, wobei den beteiligten Behörden ein zu langsames Bearbeiten des Themas vorgeworfen wird.
Wasserpreis hat sich zuletzt mehr als verdreifacht
Der von den Wiesthalern und Krommenthalern zu zahlende Wasserpreis habe sich in den vergangenen Jahren inklusive der Gebühren für Abwasser mehr als verdreifacht auf 6,92 Euro. Zusätzlich, so die Kritik, seien auch die Krommenthaler vor Jahren im Zuge der Sanierung der Wiesthaler Wasserversorgung zur Kasse gebeten worden – mit Beiträgen von mehreren tausend Euro pro Hausbesitzer.
"Wir bezahlen viel Geld, bekommen aber kein sauberes Trinkwasser", klagt einer der Kritiker. Die Wasserpreise seien "horrend", dennoch müsse man das Wasser abkochen und sich mit der jahrelangen Chlorung abfinden. "Das ist nicht mehr schön", so der Mann.
Bürgermeister Karl-Heinz Hofmann kann die Kritik "absolut nachvollziehen". Den Bürgerinnen und Bürgern entstünden durch das Abkochen oder den Kauf von Mineralwasser auch Kosten. "Es tut mir leid", sagt Hofmann. Der Gemeinde seien jedoch die Hände gebunden. Man warte auf die behördliche Genehmigung für den Bau einer rund 1,2 Kilometer langen Wasserleitung von Wiesthal nach Krommenthal.
Bürgermeister Hofmann hofft, dass der Leitungsbau im Frühjahr beginnt
Laut Landratsamt ging der Bauantrag der Gemeinde im vergangenen Dezember in Karlstadt ein. Die Prüfung habe einige Zeit in Anspruch genommen, da etliche Fachbehörden und Träger öffentlicher Belange zu beteiligen gewesen seien, so die Behörde. Auch Bürgermeister Hofmann spricht von einem komplizierten Vorhaben. Die geplante Leitung quere ein Naturschutzgebiet und den Aubach. Derzeit, so das Landratsamt, laufe die abschließende Prüfung des Bauantrags. Es sei noch im Laufe des Septembers mit der Genehmigung zu rechnen, informiert die Pressestelle.
Erst wenn die Genehmigung vorliege und man wisse, wie genau gebaut werden müsse, könne die Gemeinde beim dafür zuständigen Wasserwirtschaftsamt Aschaffenburg Fördergelder für den Leitungsbau beantragen, sagt Hofmann. Nach Aussage des Wasserwirtschaftsamtes wird die Prüfung des Förderantrags je nach Vollständigkeit der Unterlagen "wenige bis mehrere Monate dauern".
Hofmann hofft, dass die Bauarbeiten im Frühjahr beginnen und Krommenthal noch 2024 an die Wiesthaler Trinkwasserversorgung angeschlossen werden kann. Der marode Krommenthaler Hochbehälter ebenso wie das Pumphaus im Talgrund würden so überflüssig.
Investition in Trinkwasser-Leitungen: Gemeinde finanziell "absolut an der Grenze"
Ein Problem wird für die Gemeinde die Finanzierung. Bei Kosten von rund 1,5 Millionen Euro für die Verbindungsleitung rechnet Hofmann mit einem staatlichen Zuschuss von gut 100.000 Euro. Der Leitungsbau werde die Gemeinde "absolut an die Grenze" des Machbaren bringen, sagt er.
Weitere Ausgaben zeichnen sich bereits ab. Laut Hofmann muss das gesamte Krommenthaler Ortsnetz Zug um Zug ausgetauscht werden. Die Leitungen stammten teilweise aus dem Jahr 1954. Hofmann spricht von "enormen Kosten" in Höhe von mehreren Millionen. Finanzieren könne man die Sanierung nicht ohne von den Hauseigentümerinnen und Hauseigentümer zu zahlende Beiträge. "Es geht nicht anders. Wir müssen es angehen, sonst bekommen wir die Kuh nicht vom Eis", betont der Bürgermeister.