Ein Gefängnisaufenthalt bleibt dem 51-jährigen Mann, der sich vor neun Monaten im Marktheidenfelder Wonnemar mit entblößtem und erigiertem Penis gezeigt hat, vorerst erspart. Das Jugendschöffengericht am Amtsgericht Gemünden, das den Fall als Jugendschutzgericht verhandelte, verurteilte ihn zwar zu einer neunmonatigen Freiheitsstrafe, die auf vier Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde. Jedoch muss der Angeklagte eine Therapie machen und sich an zahlreiche Auflagen halten.
Entschuldigung gleich zu Beginn
„Es tut mir leid, was ich getan habe“, entschuldigte sich der Mann und legte gleich zu Beginn der Verhandlung ein Geständnis ab. Seinen Verteidiger ließ er erklären, dass er den beiden heute 13 und 14 Jahre alten Buben eine Aussage ersparen möchte. Diesem Wunsch entsprachen Gericht und Staatsanwalt nur allzu gerne. Der ältere der beiden Jungs erklärte, dass ihn der Vorfall nicht mehr beschäftige. Der jüngere gab an, immer „noch etwas Angst“ zu haben.
Die „sexuelle Handlung vor einem Kind“ schilderte der in Trier lebende Angeklagte so: Er leide seit vielen Jahren unter pädophiler Homosexualität. Deshalb habe ihn das Amtsgericht Trier bereits 2004 zu einer 15-monatigen Bewährungsstrafe mit gleichzeitiger Therapie verurteilt. Die erfolgreiche Behandlung sorgte dafür, dass der diplomierte Kaufmann und Privatdozent jahrelang nicht mehr einschlägig strafrechtlich in Erscheinung trat.
Mit dominanter Mutter gelebt
Im September 2016 aber habe ihn sein Trieb wieder eingeholt. Am Nacktbadetag habe er sich gezielt das Brüderpaar ausgesucht, es beobachtet und sich an ihnen sexuell erregt. Als alle gegen 22 Uhr, nur durch eine Glaswand getrennt, unter der Dusche standen, habe er sich und auch seinen erigierten Penis sehr gründlich gewaschen. Onaniert habe er allerdings nicht, betonte er – was insofern jedoch nicht so sehr ins Gewicht fiel, da allein das Vorzeigen eines steifen Glieds vor Kindern strafbar ist.
Warum ihn die krankhafte Neigung wieder eingeholt hat, hat wohl mit seiner Lebensgeschichte zu tun. Bis vor Kurzem hatte der 51-Jährige mit seiner Mutter zusammengelebt. Diese habe sein ganzes Leben bis zu ihrem Tod vor wenigen Wochen dominierend beeinflusst und sich nicht mit seiner Homosexualität abgefunden.
Bei der vor zwölf Jahren begonnenen Therapie hat die Therapeutin versucht, die pädophile Neigung ihres Patienten zu heilen und empfahl ihm, seine Homosexualität lieber mit erwachsenen Partnern auszuleben. Dafür fuhr er extra nach Köln zu einem damals 24-jährigen Mann. Für die von diesem geforderten umfangreichen sexuellen Handlungen war der Angeklagte jedoch noch nicht bereit und fühlte sich komplett überfordert.
In der Folgezeit suchte er wieder verstärkt Freizeitbäder, Saunen und FKK-Bäder auf, um sich vornehmlich an Kindern zu ergötzen. Direkte Berührungen mit ihnen kamen für ihn allerdings nicht in Frage.
In 30 Bädern Hausverbot
Bis zu 300 Kilometer ist er mit dem Auto gefahren, um seinen Trieb befriedigen zu können. Oft genug dabei aufgefallen, hat er inzwischen in rund 30 Bädern Hausverbot. Im Marktheidenfelder Fall, so bestätigten die ermittelnden Polizeibeamten, waren die Kinder „erschrocken, aber nicht traumatisiert“ – wie in anderen Bädern zuvor auch.
Bei einer Hausdurchsuchung der Wohnung in Trier fanden Polizeibeamte Collagen, Bilder von nackten oder leicht bekleideten Kindern aus Zeitschriften, Katalogen oder Büchern. Einen Internetzugang, eine Kamera oder ein Handy besitzt der Angeklagte nicht.
Für Straftaten, wie sie dem Angeklagten zur Last gelegt wurden, sehe das Gesetz eine Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren vor, führte der Staatsanwalt aus. Er habe jedoch den deutlichen Eindruck, dass der 51-Jährige zwar krank, jedoch nicht besonders gefährlich ist. Weil die Therapie nach der früheren Verurteilung lange Zeit erfolgreich gewesen sei, sah er durchaus eine positive Sozialprognose.
Zahlreiche Auflagen
Der Staatsanwalt forderte eine neunmonatige Freiheitsstrafe, für vier Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Als Auflage muss der 51-Jährige die bereits begonnene Therapie fortsetzen und er erhält ein Besuchsverbot für Badeanstalten, Saunen und FKK-Einrichtungen. Zudem soll ihm ein Bewährungshelfer zur Seite gestellt werden. Neben der Übernahme der Verfahrenskosten sollen noch 2000 Euro Geldauflage verhängt werden.
Der Verteidiger wies darauf hin, dass sein Mandant zu keinem Zeitpunkt gewaltbereit gewesen sei und keine Kinder angefasst habe. Der Angeklagte wisse um seine Neigung und sei derzeit auf einem guten Weg, sich mit seiner Homosexualität wieder auf einen erwachsenen Partner zu konzentrieren. Neben psychologischer Hilfe soll ihm auch medizinische zuteil werden. Weiter bat er das Gericht, von einer Geldauflage abzusehen, da der Angeklagte finanziell im unteren Einkommensbereich anzusiedeln sei.
Das Gericht unter Vorsitz von Thomas Schepping folgte weitgehend dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Es teilte auch die Bedenken der Verteidigung hinsichtlich der Geldauflage. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Nach Klärung einiger Fragen mit der Staatsanwaltschaft Trier soll es aber möglichst schnell Rechtskraft erhalten, kündigte der Verteidiger an.