Seit Jahren liegt es im Dornröschenschlaf, das denkmalgeschützte ehemalige Vogelsanghaus an der Lohrtorstraße 8. Ebenfalls seit Jahren sperrt ein Bauzaun vor dem Haus Teile der Straße ab, um zu verhindern, dass von dem maroden Gebäude Ziegel oder Mauersteine herunter- und Passanten auf den Kopf fallen. Und ebenfalls seit Jahren sind diese Zustände ein öffentliches Ärgernis. Nicht zum ersten Mal kam das Thema nun im Lohrer Stadtrat zur Sprache.
Brigitte Riedmann (Freie Wähler) sprach in der jüngsten Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur von einem "unmöglichen Zustand". Es könne doch nicht sein, dass Gebäude über Jahre hinweg durch einen auf städtischem Grund stehenden Zaun abgesichert werden müssen, nur weil die Eigentümerin nichts an der Baufälligkeit des Gebäudes ändere.
Keine Handhabe
Auch Bürgermeister Mario Paul sprach von einen "Trauerspiel". Er müsse sich angesichts der Zustände "in seiner Wortwahl zügeln", zeigte sich auch Paul sichtlich verärgert. Die Stadt versuche schon länger, mit der Eigentümerin Lösungen zu erarbeiten, doch das sei "schwierig", sagte Paul und sprach von einem "städtebaulichen Missstand".
Jedoch habe die Stadt keine Handhabe, etwas zu ändern. "Ordnungsrechtlich ist nichts zu machen", so der Bürgermeister. Der Zaun sei für die Verkehrssicherungspflicht nötig, sagte Paul auf Riedmanns Hinweis hin, dass die Eigentümerin das Aufstellen des Zaunes doch bei der Stadt beantragen müsse.
Die Eigentümerin des Hauses wollte sich auf Anfrage unserer Redaktion nicht öffentlich zu dem Thema äußern. Jeder Stadtrat könne aber gerne auf sie zukommen. Sie hatte das Haus vor einigen Jahren von der Stadt Lohr gekauft.
Diese soll es etliche Jahre zuvor für einen deutlichen höheren Betrag von einer Erbengemeinschaft gekauft haben. Die neue Eigentümerin hatte nach dem Kauf erklärt, das Anwesen in Verbindung mit einem benachbarten Hotel zu einem Beherbergungsbetrieb umbauen zu wollen. Doch aus diesen Plänen wurde bislang nichts. Auch unter Nachbarn sorgt der daraus resultierende Zustand für Ärger. "Das ist lebensgefährlich", sagt Hans Oswald. Er schildert, dass immer wieder Dachziegel und Mauersteine abstürzten.
Auch das zu einer Seitengasse hin gespannte haushohe Netz verhindere nicht, dass die Brocken auf Nachbargebäude und die Gasse stürzten. Überdies habe sich das Haus zu einem Domizil für Tauben entwickelt – mit den entsprechenden Hinterlassenschaften. In ihrer Verärgerung hätten sich Nachbarn sogar schon an das Landratsamt gewandt. Doch getan habe sich bis heute nichts.
Aufforderung an Eigentümerin
Die Kreisbehörde teilte auf Anfrage unserer Redaktion mit, man habe in dieser Sache bereits 2017 sowohl einen baurechtlichen Vorgang zu einem gefahrdrohenden Zustand als auch ein denkmalschutzrechtliches Verfahren eingeleitet. "Wir haben die Eigentümerin seitdem aufgefordert, den gefahrdrohenden Zustand zu beseitigen und ein denkmalschutzrechtliches Konzept zur Renovierung vorzulegen", erklärt die Pressestelle des Landratsamts Main-Spessart. An der Dachschräge zur kleinen Gasse, die die gefährlichere Traufseite bilde, sei daraufhin ein Gerüst mit Bauzaun und einem Netz installiert worden.
Warten auf Antwort
Es sei eine denkmalschutzrechtliche Erlaubnis zur Sanierung des Gebäudes erteilt worden. Aus baurechtlicher Sicht könne das Landratsamt einen Eigentümer aber nur zur Beseitigung der Gefahr verpflichten, nicht dazu, weitere Arbeiten auszuführen: "Wir warten momentan auf die Mitteilung der Eigentümerin, welche weiteren Arbeiten sie durchführen lassen will, damit das Gerüst und die vorläufigen Sicherungsmaßnahmen nicht mehr notwendig sind."