„Einwandfrei“ war der Kabarettabend am Samstag im Vereinsheim in Wombach mit 400 Besuchern. Die Schlussfolgerung „Einwandfrei“ erhob Rolf Miller zu seinem Prinzip. Das aktuelle Programm „Tatsachen“ lebt von minimalem Sprachaufwand und unvollendeten Gedanken.
Minimal sind auch die Requisiten: Der Mann in Jeans und T-Shirt sitzt lässig auf dem Stuhl, seitlich die Wasserflasche. Sein Blick richtet sich mal in die Ferne, mal auf 400 gespannte Kabarettfreunde. Der deutsche Kabarettpreisträger 2011 lässt es ruhig, fast bedächtig angehen, ohne auf die schnelle Pointe zu setzen. Er nimmt Mensch und Alltag ins Visier, um das Wichtigste in Halbsätze oder bissigen Witz zu rahmen.
Wie er schöpferische Pausen zelebriert, plötzlich Haltung annimmt und im Odenwälder Dialekt zur klugen Wortspielerei ansetzt! Seine Kunst fordert das Publikum, genaues Hinhören und Mitdenken lohnen sich allemal. „Genauso war das“, behauptet der nordbadische Westfranke, der Verwaltungswissenschaft studiert hat, nach kurzem Schweigen. Thema ist ein Versicherungsfall um Achim, Jürgen und einen Audi A 6, „den es serienmäßig nur in grau und ohne Abblendlicht gibt“.
„Wer nachts schläft, braucht sich nicht wundern, wenn er am Tag arbeiten muss“, rät der „Meister des unfreiwilligen Humors“ der Leistungsgesellschaft. „Trau nie einem Aktenkoffer“, empfiehlt er angesichts der Bankenkrise und warnt: „Nach einem halbstündigen Beratungsgespräch brauchst du drei Wochen lang einen Schleimlöser“. Er lässt kein Klischee aus und schont nicht die Politik: „Rösler ist die erste Ratte, die zum sinkenden Schiff hinschwimmt.“ Kachelmann und Kerner seien keine richtigen Politiker, sondern „Zipfelgesichter“.
Jedes Land habe sein Geschwür, lautet seine Quintessenz nach dem Berlin-Ausflug. Besichtigt wurden Reichstag, Sealife und Körperwelten. Gedenkklötze namens Mahnmal stünden zwischen Sportscheck und Kaufhof. Er springt von der Atomkraft über die Wiese der Steinzeitmenschen zur Energiesparlampe: „Dann geht die Welt in 5000 Jahren eben zwei Wochen später unter.“
Immer geht es um Tatsachen, die wie manche Frauen seien: „Zu wahr, um schön zu sein“. Beziehungsfragen löst Miller, der Kinder mag, „aber nicht daheim“, so: „Eine Frau, die schweigt, soll man nicht unterbrechen“. Rede das Ehepaar über ein Jahr nicht miteinander, könne man mal fragen: „Is was?“. Was die meisten Beziehungsprobleme löse, sei die Trennung.
„Ich kann es verkraften, wenn ich im T-Shirt im März keinen Schnee mehr schippen muss“, kommentiert er das „Klimadings“ und vermutet: „Wenn Holland geflutet wird, sind wir schon im Halbfinale.“
Was allein schon den Besuch des Abends lohnt, ist sein Seitenhieb auf nervige Werbeblocks: Symbolisch serviert er „Seitenbacher Müsli mit Carglass-Splittern“. „Deutscher Humor ist wie englischer Handball, den gibt es nicht“, weiß Miller. Die Ausnahme sei Loriot. Übrigens ein Fürsprecher von Millers Kunstfigur: „In Text und Darbietung etwas ganz Besonderes.“ Einer im Fernsehen ist dem Kabarettisten, der am Samstag 45 Jahre alt wurde, zuwider: „der, der den Dialekt immer falsch bringt, Sätze wiederholt neu beginnt – und das zwei Stunden lang.“ „Und die sind jetzt um.“
Mit dem Zitat „Ich nehme mich selbst nicht so wichtig wie ich bin“, von Fußballer Thomas Berthold geht er nach mehreren Zugaben von der Bühne. Was er zurück lässt, ist ein gut unterhaltenes Publikum, das für Rolf Millers Bühnensolo nur ein Wort findet: „Einwandfrei“.