
Präzise praktizierte Pünktlichkeit: Vom Gipfelkreuz am Hemmerich in Lengfurt wird an jedem ersten Sonntag des Monats exakt um zehn Uhr, hörbar auch über Triefenstein hinaus, eine Serie wohlgesetzter Böllerschüssen abgefeuert. Die Protagonisten: eine Gruppe von derzeit zehn Böllerschützen mit dem Namen Hemmerischießer.
Peter Roos, der schon in den 1990er Jahren die "Kanonenprüfung für Kartuschen-Kanonen" abgelegt hat und auch für die zuverlässigen Böllerschüsse bei Lengfurts großem Fest, dem Fest des Heiligen Sebastian im Januar, zuständig ist, hat vor gut 16 Jahren selbst einen Standböller gebaut. Dieser sieht aus wie ein Mini-Geschütz. Anfangs hat man allenfalls "nur zum Spaß" erste Böllerversuche unternommen. Danach tat man sich zu einer Böller-Gruppe zusammen und begann 2009 mit den Handböllern.
Der erste Schuss erfolgte an Neujahr 2010 am Loksberg, circa 300 Meter Luftlinie entfernt. Alle Böller waren zuvor im Beschussamt in Mellrichstadt erst "beschossen" worden. Man wollte aber nicht nur zu Anlässen wie Jubiläen akustisch in Erscheinung treten und legte den ersten Sonntag im Monat, 10 Uhr fest.
Initialen des Schützen und individuell gestaltete Motive
Jeder der Gruppe besitzt einen Handböller, der ein Gerät, aber keine Waffe ist, eine Länge von um die 35 Zentimeter aufweist und drei bis sieben Kilogramm schwer ist. Das Eschenholz, das den Böller-Körper umschließt, trägt als Gravur das Lengfurter Wappen, die Initialen des Schützen und oft weitere individuell gestaltete Motive.

Geladen wird das Gerät mit einer Patrone. Man füllt Kork nach und verdichtet mithilfe eines Ladestocks, der mit einem Holzhammer in den Lauf eingetrieben wird. "Jetzt muss man schon den Böller von Personen weg gerichtet halten", sagt Werner Seitz, bevor er den Hahn spannt und ein Zündhütchen einbringt. Der Ablauf ist klar festgelegt: erst eine Serie und alle nacheinander, wobei der erste Schuss beim ersten Glockenschlag der Kirchturmuhr abgegeben wird. Dann synchron einmal alle zusammen.
Beim Handböller-Kauf ist man schnell im vierstelligen Bereich. Der Paragraf 27 Sprengstoffgesetz fordert das Bestehen eines Lehrgangs ("Böllerschein") für die Berechtigung zu Käufen von Böller-Pulver, die in eine Kladde (alle fünf Jahre zu erneuern) einzutragen sind (maximal 20 Kilogramm innerhalb von fünf Jahren). Für die Beschaffung auch des Zubehörs gibt es eine Firmen-Adresse in Süddeutschland. Alle fünf Jahre überprüft das Beschussamt die Geräte.
Die Gruppe, darunter seit längerem Schützen aus Erlenbach und Altfeld, ist mit Spaß dabei. Spaziergänger kommen bisweilen am Hemmerich vorbei, schauen zu und suchen das Gespräch. Längst besucht man die verschiedenen regionalen und überregionalen Schützen-Treffen. So auch am kommenden Sonntag das Treffen der Böllerschützen in Erlenbach.