Als Andreas Kümmert vergangenen Sommer vor Tausenden von Menschen in Bremen, Freiburg, Würzburg und anderswo den „Rocket Man“ anstimmte, zählte ihn Schlagzeuger Tobias März aus Gambach ein. Wer will, kann sich von dem 26-Jährigen auch einen Schrank oder Tisch bauen lassen. Der junge Mann ist doppelt talentiert.
Für Tobias März ist es nicht ungewöhnlich, dass er am Freitag und Samstag von Hunderten oder Tausenden Menschen bejubelt wird und dann am Montagmorgen wieder auf den Knien rutscht, um einen Holzboden zu schleifen oder eine Küche einzubauen. Seit er ein Kind war, hat er zwei große Leidenschaften: die Musik und die Arbeit mit Holz. Meistens wissen weder die Leute, die er zum Tanzen bringt, noch die Menschen, in deren Haus er arbeitet, von seinem Doppelleben.
„Als ich klein war, habe ich viel Zeit bei meinem Opa verbracht und ihm unheimlich gern beim Werkeln geholfen“, erzählt März. Deko-Artikel für Mutters Garten habe er hergestellt und Zäune repariert, erinnert er sich. „Das hat mir großen Spaß gemacht.“ Mit 15 baute er die Weihnachtskrippe für die Gambacher Kirche – keine kleine Aufgabe für einen Jugendlichen. „Mir war schon früh klar, dass ich später mal mit Holz arbeiten will“, sagt er.
Doch da war ja noch die Musik. Mit neun Jahren erhielt er Schlagzeugunterricht beim Musikverein Gambach, mit elf begann er, in einer Blaskapelle mit anderen jungen Schülern zu spielen, darunter auch der Keyboarder Sebastian Bach. Weil März Fan von Bands wie Toto und Dream Theater war, gründete er ein paar Jahre später zusammen mit Bach die Rock-Coverband Rush Hour. Zu der stieß auch Bassist Jannis Reuter aus Aura.
Als Reuter und Bach zum Studium und zur Ausbildung nach Würzburg zogen, begann März eine Schreinerlehre bei der Schreinerei Söder in Arnstein. Danach fand er Anstellung bei Holz-Wiegand in Würzburg. Mit Rush Hour spielten März, Bach, Reuter & Co. auf Stadtfesten, Hochzeiten, Geburtstagen in Main-Spessart und der Region Würzburg, am liebsten „Classic Rock – Van Halen, Bryan Adams, Bon Jovi, Toto“, sagt März. Seine Kumpels Bach und Reuter lernten bei Sessions in der Würzburger Musikkneipe „Omnibus“ den Gemündener Musiker Andreas Kümmert kennen. Und als der durch seinen Sieg in der TV-Casting-Show „Voice of Germany“ auf einmal bundesweit populär wurde, spielten Bach und Reuter in seiner Band mit.
Tobias März entschied sich währenddessen, in einer einjährigen Vollzeit-Ausbildung bei der Handwerkskammer in Würzburg den Meisterbrief im Schreiner-Handwerk anzustreben. Bei der Meisterprüfung im Oktober 2015 landete er mit einem Schnitt von 2,0 unter den besten 20 Prozent des Jahrgangs, wofür er eine besondere Auszeichnung erhielt.
Und als Andi Kümmert kurz darauf einen neuen Schlagzeuger brauchte, kam Tobias März auch aufgrund der Fürsprache seiner „Rush Hour“-Kumpels an den Job – eine weitere Auszeichnung. März genoss die großen Auftritte bei Festivals in ganz Deutschland: „Es war eine neue Erfahrung, so umsorgt zu werden. Wir übernachteten in guten Hotels, hatten überall guten Sound, gutes Catering, einen Fahrer und Bühnenhelfer.“ Bei Rush Hour oder bei Auftritten mit den Gambacher Musikanten seien die Verhältnisse anders. Aber egal in welcher Band, März bringt sich mit druckvollem Groove, sicherem Timing und rascher Auffassungsgabe ein.
Dennoch: „Beruflich nur auf die Musik zu setzen, kam für mich nicht infrage“, sagt der Gambacher. Er fürchtet, er müsse dann zum Geldverdienen Musik spielen, auf die er keine Lust hat. „Da geht einem vielleicht der Spaß verloren. Und mir würde das Schreinern fehlen.“ Deshalb hat es März verkraftet, dass Andreas Kümmert seit Veröffentlichung des neuen Albums im Herbst 2016 mit anderen Musikern auf Tour geht.
März selbst hat auch eine neue Aufgabe: Seit Juni ist er als Meister beim Gemündener Schreiner Thomas Schmidt angestellt und schwärmt geradezu von den Arbeitsbedingungen. „Wir kommen prima miteinander aus. Die Auftragslage ist auch gut.“ Spezialisiert ist der Betrieb auf Innenausbau und Massivholzmöbel aller Art. „Möbel mache ich sehr gern. Mein Meisterstück war eine Whiskeybar“, sagt März.
Zeit zum Musizieren bleibt auch. „Falls ich mal früher weg muss, fange ich eben früher an oder arbeite an einem anderen Tag länger.“ Dabei hilft das gute Verhältnis zum Chef. Und weil März' Freundin in Gemünden wohnt, ist auch der Weg zur Arbeit überschaubar.
So ist er bereit, seine zwei Leidenschaften auch in Zukunft zu verfolgen. Und ab und zu überschneiden sie sich: „Ich habe mir schon einige Percussioninstrumente gebaut. Meine selbst gebaute Snare Drum hat einen griffigen, rockigen Sound.“ Der passt zu Tobias März.