Wer hätte das gedacht: Auch 2015 soll es wieder eine Miss Spessart geben. Allerdings wird diese nicht in Dirndl und Bademode auf dem Laufsteg der Spessartfestwoche posieren, sondern mit Strick und gut gebürstetem Fell auf dem Rodener Festgelände: „Tiere, Trachten und Traktoren“ heißt der Titel der Regionalen Leistungsschau am 11. und 12. Juli in Roden, bei der auch die „Miss Spessart“, die schönste Milchkuh der Region gekürt werden soll.
2010 präsentierten sich Tierzüchter aus Main-Spessart zuletzt auf der Expo in Lohr. Den Anstoß nun, fünf Jahre später, eine Leistungsschau in Roden auf die Beine zu stellen, gab auch ein Festzelt. Ein Wochenende vor dem angesetzten Termin der Leistungsschau, feiert die Freiwillige Feuerwehr Roden ihr 140-jähriges Bestehen – unter anderem in einem rund 2000 Leute fassenden Zelt auf dem Rodener Festgelände.
„Die Gelegenheit ist günstig, das Zelt steht sowieso“, beschreibt der Rodener Landwirt Lothar Ehehalt, Mitglied des Organisationskomitees und stellvertretender Vorsitzender des Rinderzuchtverbands Franken. Zusammen mit den weiteren Organisatoren, dem Verband für landwirtschaftliche Fachbildung Main-Spessart (VlF), dem Bayerischen Bauernverband Main-Spessart (BBV), der Gemeinde Roden mit ihren Ortsvereinen und dem Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Karlstadt (ALEF) hat er auf seinen Hof geladen, um über Einzelheiten der Veranstaltung zu informieren.
70 Tiere im Katalog abgebildet
Zum Beispiel darüber, dass ungefähr die Hälfte des Zeltes für Tiere reserviert wird. Doch das Wesentliche spielt sich außerhalb vom Zelt ab: Zum Beispiel die Prüfungen von Mutterkuhrassen und Milchkühen. Am Samstag werden elf verschiedenen Mutterkuhrassen sowie Wasserbüffel präsentiert und begutachtet, am Sonntag die Milchkühe. Um geeignete Tiere auszusuchen und Akquise für die Leistungsschau zu machen, reiste Lothar Ehehalt vier Tage durch die Landkreise Main-Spessart, Miltenberg und Aschaffenburg. 70 Tiere sind nun im Katalog zu sehen, rund 50 auf der Schau. Denn nicht jede Kuh sei für seine Schau geeignet, so Ehehalt. Manche ließen sich nicht führen, andere seien zu nervös für den Transport.
Die Mutterkühe verbringen beide Veranstaltungstage im Gehege auf dem Festgelände, die Milchkühe werden erst sonntags nach dem morgendlichen Melken gebracht. Aus ihren Reihen wird „Miss Spessart“ gekürt. Ihre Siegerglocke erhält sie vom Abgeordneten Thorsten Schwab, Mitglied des Agrarausschusses im Bayerischen Landtag und Schirmherr der Veranstaltung.
Modisch wird es am Samstagnachmittag: In einer Schau werden alte fränkische Trachten, Trachten der Firma Benkert und Freizeit- und Arbeitsbekleidung der Firma Engelbert Strauss gezeigt. Begleitet wird die Leistungsschau auch durch eine Maschinenausstellung sowie Infostände der landwirtschaftlichen Partner im Freigelände.
Ein Höhepunkt: der „Bürger-Bauern-Dialog“ am Samstag. Diskussionsthema des Abends: „Müssen wir alle ins Gras beißen? – Vegetarismus auf dem Prüfstand“. Ernährungswissenschaftler und Buchautor Udo Pollmer wird das Thema mit einem Vortrag eröffnen. Der Lebensmittelchemiker provoziert und polarisiert mit seinen Ansichten zur Ernährung. Laut „Frankfurter Allgemeine“ war er früher ein Feind der Agrarindustrie und warnte vor Hormonfleisch. Heute beschreibt ihn die Zeitung als Art Erzfeind der Veganer, der für seine Ansichten gegen Rohkost und Co auch Morddrohungen bekommt. „Pollmer ist bekannt für seine emotionale Art“, sagt Elmar Konrad, Geschäftsführer des BBV.
In einer Diskussionsrunde wird das Thema weitergedreht: Gerhard Kraft (Bündnis 90/Die Grünen und Vegetarier), Gerhard Endres (Kreisobmann BBV MSP), Christine Fehmel (Landwirtin aus Karlstadt) und Isabella Schwaller (Verein Veganes Würzburg) diskutieren unter der Moderation von Ivo Knahn (Main-Post). Die Zuhörer der Runde können und sollen sich aktiv beteiligen. „Mitdiskutieren ist erwünscht“, sagt Konrad. Wichtig war den Organisatoren, die gleiche Anzahl von Pro-Fleisch und Kontra-Fleisch-Essern in der Expertenrunde zu haben – um einen offenen Ausgang zu garantieren. „Uns geht es nicht darum, die Essgewohnheiten der Menschen zu verändern. Aber wir wollen die Leute dazu bewegen, Produkte aus der Region zu wählen, damit die Wertschöpfung hier bleibt“, sagt Harald Blankart, Abteilungsleiter Landwirtschaft im Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten.
Direktvermarkter verpflegen
Aus diesem Grund übernehmen am Samstag auch regionale Direktvermarkter aus den Regionen Main-Spessart, Miltenberg und Aschaffenburg die leibliche Versorgung und bieten neben allerlei Fleischsorten auch Fisch und Vegetarisches. Mit 2000 bis 4000 Essen pro Tag rechnen die Veranstalter. Am Sonntag werden diese von den Ortsvereinen Roden gestemmt. Unter anderem im Angebot beim sonntäglichen Mittagstisch: Ochs am Spieß.
Dass sie keine Scheu vor bockigen Kälbern und Kühen haben, beweisen am Sonntagmittag rund 40 Teilnehmer im Jungzüchterwettbewerb. Fünf bis 25 Jahre alt sind die Kinder und jungen Erwachsenen, die aus ganz Unterfranken anreisen und im Führring den Umgang mit den Tieren präsentieren. „Gewünscht ist, möglichst viel Harmonie zwischen Mensch und Tier zu zeigen“, sagt Ehehalt.
Rund 17 000 Euro müssen für die Veranstaltung aufgebracht werden. Hereingeholt werden die Kosten durch Werbung und Sponsoring, zum Beispiel im Katalog. Aber auch die Aussteller zahlen Standgebühren.
Zeitplan Kreistierschau
Samstag, 11. Juli 14 Uhr Richten der Mutterkühe 16.30 Uhr Schaf-Hütevorführung von Sandra Zilch mit Australian Shepherds 17 Uhr Modenschau Ab 19 Uhr Themenabend BBV
„Bürger-Bauern-Dialog“mit
Auftaktreferat von Udo Pollmer
21 Uhr Podiumsdiskussion
21.45 Uhr Musikalische Unterhaltung
Sonntag, 12. Juli 10.30 Uhr Feldgottesdienst mit
Landfrauenchor und Musikkappelle 11.30 Uhr Richten der Kühe 13 Uhr Jungzüchterwettbewerb 15 Uhr Siegerehrung 16 Uhr Ausklang mit Kaffee/Kuchen