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Lohr
Tierheim Lohr: "Wir wollen uns nicht immer komplett aufreiben"
Tierheime fallen aus vielen Hilfen für die Wirtschaft heraus, dabei fallen auch ihnen die Einnahmen zu großen Teilen weg. Die Arbeit geht jedoch weiter.
Die Tiere im Tierheim Lohr brauchen viel Zeit und Zuwendung: (von links) Lukas Wirthmann, Hund Filipa und Johanna Barth.
Foto: Tierheim Lohr | Die Tiere im Tierheim Lohr brauchen viel Zeit und Zuwendung: (von links) Lukas Wirthmann, Hund Filipa und Johanna Barth.
Martin Hogger
Martin Hogger
 |  aktualisiert: 08.02.2024 19:50 Uhr

Es gibt Branchen, die sind durch die Corona-Krise in eine ziemliche Zwickmühle geraten. Die Erlöse fehlen, doch die Ausgaben und die Arbeit müssen weiter gehen. So ist das zum Beispiel bei den Tierheimen. Hunde, Katzen und alle anderen Tiere können ja nicht einfach nicht mehr versorgt, Rechnungen für den Tierarzt oder Futter nicht mehr bezahlt werden. Dazu kommt, dass Tierheime bei vielen Coronahilfen für die Wirtschaft außen vor sind. Es ist unübersichtlich. 

"Rufen Sie mal bei der Regierung an. Da hängen Sie in der Warteschleife bis Sie alt werden." So beschreibt Ursula Rosenkranz, 78, warum sie gerade ein wenig verzweifelt. Sie ist die Vorsitzende es Lohrer Wally-Bangert-Tierheims. "Ein ganz, ganz großer Teil unserer Einnahmen ist uns weggefallen", sagt Rosenkranz am Telefon. 

Schon in normalen Jahren sei das mit dem Geld nicht einfach. "Ich bin immer auf Achse, um Spenden aufzutreiben. Ein Vollzeitjob", sagt die Rentnerin. Ehrenamtliche wie Rosenkranz sammeln zum Beispiel beim Frühlingsfest in Lohr, dem Benefizkonzert mit der "Jets Revival Band" oder bei vielen kleinen Flohmärkten. All das fiel im vergangenen Jahr aus und ist für dieses Jahr unsicher. Eine weitere – nicht kostendeckende – Einnahmequelle ist die Vermittlung der Tiere. Auch die liegt seit Oktober weitgehend brach. 

Für Lohr gebaut, für den Landkreis zuständig

Bevor das Tierheim öffnete, waren herrenlose Tiere oft in irgendwelchen Verschlägen in den Bauhöfen der Gemeinden untergebracht.  Ich hätte mir ein Tierheim für den Landkreis gewünscht", erzählt Rosenkranz. Da aber nie ein Landkreis-Tierheim gebaut wurde, muss das ursprünglich nur für Lohr vorgesehene Wally-Bangert-Tierheim Fundtiere aus dem ganzen Landkreis aufnehmen - und stößt damit an die Grenzen seiner Kapazitäten. "Wir sind gut ausgebucht", sagt Rosenkranz, auch während Corona.

Immer wieder stehen deshalb Erweiterungen und Ausbauten an. Zum Katzendorf schoss der Landkreis die Hälfte dazu. Nur mit Spenden geht dann doch nicht alles. Mit Geldern der Staatsregierung konnte das Tierheim Zwinger zur Hundequarantäne anschaffen. Zudem beteiligen sich die meisten Kommunen im Landkreis an der Pro-Kopf-Abgabe: 50 Cent pro Einwohner. Sehr dankbar ist Rosenkranz auch für die Hilfe der Stadt Lohr. Sie würde sich nur eins wünschen: "Dass wir genug Geld haben, ohne uns komplett aufzureiben." Immerhin habe ein Tierheim ja eine öffentliche Aufgabe.

Fünf Millionen im Bundeshaushalt

Etwas Hoffnung, dass es besser werden könnte, machte ihr ein Videogespräch vor Weihnachten mit Tierschutzbundpräsident Thomas Schröder und zahlreichen Tierheim-Vertretern aus dem ganzen Land, initiiert vom Gemündener Bundestagsabgeordneten Bernd Rützel. Rützel hat im Bundeshaushalt fünf Millionen Euro für den Tierschutz rausgeschlagen.  

Schon vor der Corona-Krise hätten viele Tierheime und Tierschutzhäuser um ihre Existenz kämpfen müssen, hieß es in der Videoschalte. "Wir bekommen immer wieder gespiegelt, dass diese Zuschüsse nur ein kleiner, wenn auch notwendiger Finanz-Posten sind", so Rützel. Allein Personal-, Tierarzt- und Hausnebenkosten seien große Fixkosten, die gestemmt werden müssten, zählten die Vertreter der Tierheime und -verbände auf. Ihnen sei bei der Verteilung der fünf Millionen Euro wichtig, dass eine Förderung unkompliziert beantragt werden könnte. "Unbürokratisch" sei das Zauberwort, pflichtete Tierschutzbundpräsident Schröder bei, denn viele Vereine hätten nicht die Ressourcen seitenlange Anträge durchzuarbeiten.

Dauerhafte Förderung nötig

"Ich bin auch der Meinung, dass eine Förderung, wie wir sie nun auf den Weg gebracht haben, dauerhaft notwendig ist", sagte Rützel abschließend. Perspektivisch müssten die Weichen so gestellt werden, dass die Finanzierung der Tierheime langfristig gesichert sei. Rosenkranz freut sich über diese Aussagen, noch hilfreicher wäre aber, wenn das Geld zügig käme. Im Dezember seien die Spenden gut gewesen, aber sie fürchte ein Spendenloch im Frühjahr. Wenn der Lockdown noch lange dauere, müsse sie den laufenden Betrieb aus den Rücklagen bezahlen. 

Ihr Vorschlag: "Der Rützel soll mich direkt anrufen. Wir müssen auch noch die gesamte Holzbezäunung machen. Das kostet ein Schweinegeld." 

 
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