Das Wohnbau- und Gewerbegebiet "Kies II" samt einer Abbiegespur auf der Bundesstraße 26 soll in den nächsten Jahren in Thüngen realisiert werden. Mit dieser Grundsatzentscheidung tat sich der Thüngener Gemeinderat nicht leicht. Unter anderem deshalb, weil damit in relativ kurzer Zeit 30 Bauplätze für Wohnhäuser entstehen werden. Andererseits gibt es nur so Zuschüsse für den Bau der Abbiegespur, die der Verkehrsentlastung der Siedlung am Wendelsberg und anderer Straßen dient.
Ganz neu sind die Pläne nicht – Techniker Christian Dehmer vom Ingenieurbüro Köhl riet dringend, den mittlerweile 16 Jahren alten Bebauungsplan nicht mehr anzufassen, sondern einfach umzusetzen. Letztlich gibt es nur eine wesentliche Änderung: Für das Gewerbegebiet muss ein Regenrückhaltebecken angelegt werden, was auf einem Grundstück am Friedhof geplant ist und sich aus einer seit Beginn 2021 geltenden Vorschrift ergibt.
Aufgrund der Topographie – das Baugebiet liegt am Hang – ist zudem eine Druckerhöhungsanlage zur Versorgung der oberen Häuser nötig. Die Linksabbiegespur sei auf jeden Fall nötig. Sie soll 540 000 Euro kosten, eine Förderung von 250 000 Euro (rund 40 Prozent der Kosten) ist schon zugesagt. Insgesamt sind die Erschließungskosten mit 4,37 Millionen Euro veranschlagt, wenn alle Grundstücke auf einmal erschlossen werden. Dem sollen 4,76 Millionen Euro an Einnahmen aus den Grundstücksverkäufen gegenüber stehen. Die Differenz könnte die Gemeinde zum Beispiel für die Erweiterung des Kindergartens verwenden.
Zu Beginn der Sitzung beantragte Gemeinderat Bernd Müller, den Tagesordnungspunkt umzubenennen, statt "Verkehrsentlastung" sollte es "konstruktive Verkehrsberuhigung" heißen, das fand aber keine Mehrheit.
"Bauplätze werden einem aus den Händen gerissen"
Im Gemeinderat gab es diverse Bedenken, unter anderem die Frage, ob 30 Bauplätze auf einen Schlag nicht zuviel des Guten wären. Werner Trabold sprach etwa davon, damit werde das Doppelte des derzeit vorhandenen (Kies I) erschlossen. Weil das auch junge Familien und damit Kinder in den Ort bringe, wollte er in den Beschluss aufgenommen wissen, dass die konkrete Lösung für die (ohnehin nötige) Kindergartenerweiterung eine Bedingung ist. Wolfgang Heß fügte an, dass auch die Kapazität des gerade sanierten Teiles der Grundschule mittelfristig zu klein werden könnte, wenn rund 30 Bauplätze zum Verkauf stehen werden.
"Bauplätze werden einem derzeit aus den Händen gerissen", entkräftet Bürgermeister Lorenz Strifsky Bedenken, die Gemeinde könnte auf Grundstücken sitzen bleiben. Schon jetzt gäbe es weit mehr Anfragen. Andere Räte sorgten sich, ob die Erschließung nicht zu Baustellenverkehr durch die Wohnsiedlung führe, da voll beladene Kieslaster den steilen Wirtschaftsweg nicht hochkämen.
Ein Zuhörer hatte dagegen bedenken, auf den künftigen Straßen könnte zu schnell gefahren werden, da sie teils deutliches Gefälle hätten und als Abkürzung genutzt werden könnten. Daraufhin wurden Möglichkeiten der Verkehrsbremsung wie versetzte Engstellen ("halbierte seitliche Verkehrsinseln") diskutiert, was Gemeinderat Dieter Weller im Hinblick auf den Winterdienst für problematisch hielt.
Am Ende beschloss der Gemeinderat gegen zwei Stimmen, dass die Verwaltung beauftragt wird, den Förderantrag für die Linksabbiegespur zu stellen und weitere Schritte einzuleiten, was aber auf das Einholen konkreter Angebote von Erschließungsträgern beschränkt wurde.