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AURA
Theater zum Jubiläum: Edelweiss feiert 120-jähriges Bestehen
Edelweiss 1924: Ein stattlicher Männer- und später gemischter Chor, der sich im Laufe von 120 Jahren als tragende Säule des kulturellen Lebens in Aura beweist.
Foto: unbekannt | Edelweiss 1924: Ein stattlicher Männer- und später gemischter Chor, der sich im Laufe von 120 Jahren als tragende Säule des kulturellen Lebens in Aura beweist.
Roland Bauernschubert
 |  aktualisiert: 12.09.2014 17:41 Uhr

In London wurde kürzlich die Tower Bridge dem Verkehr übergeben. Die europäische Öffentlichkeit beschäftigt sich mit der Dreyfus-Affäre in Frankreich, und wegen der Heirat des späteren Zaren Nikolaus II. wird Prinzessin Alix von Hessen-Darmstadt bald als Alexandra Fjodorowna zur letzten Zarin von Russland gekrönt.

Es ist ein Sonntag im Jahr 1894, und wie an jedem Sonntag machen sich Anton Brasch, Otto Hofmann, Anton Klein und Eduard Sachs zu Fuß auf den Weg über das Aurakreuz in den Nachbarort. Dort, in Mittelsinn, werden sie sich wie gewohnt mit ihren Freunden des Männergesangvereins „Liederkranz“ zum Singen und zu einer geselligen Runde treffen. Vielleicht wurde bei einer dieser Wanderungen über den Berg die Idee geboren, einen eigenen Gesangverein in Aura zu gründen.

Aufzeichnungen ab 1912

Bald erwärmen sich noch Rufius Hild, Vincenc Weidner und Fritz Watz für das Vorhaben, und so kommt es 1894 zur Gründung des Gesangvereins „Edelweiss“ Aura. Zwar gibt es erst viel später, seit April 1912, schriftliche Aufzeichnungen über den Verein, aber der Mitbegründer und erste Vereinsvorsitzende, Otto Hofmann, hatte seinen Söhnen vieles aus den Anfangsjahren mündlich überliefert.

Von Anfang an stand wohl die Geselligkeit hoch im Kurs, denn schon das erste Protokollbuch erzählt von Faschingssitzungen und Weihnachtsfeiern mit Christbaumverlosungen. Dass man keine Scheu vor großen Herausforderungen hatte, zeigt die Anschaffung der Vereinsfahne. Die Standarte sollte 340 Reichsmark kosten, in der Vereinskasse aber lagen gerade einmal 23 Mark 54. So mussten sich die Vereinsmitglieder verpflichten, jährlich fünf Reichsmark zu zahlen, bis die Fahne bezahlt sei. Am 15. Juni 1913 wurde die Fahnenweihe unter der Patenschaft des Gesangvereines „Eintracht Obersinn“ gefeiert.

Auch heute kneift der Gesangverein nicht vor großen Aufgaben. Edgar Geupel, der amtierende stellvertretende Vorsitzende, erzählt von einem Auftritt im Oberndorfer Gemeindehaus. „Große Chöre mit 40 Mann und mehr waren vor uns auf der Bühne, und dann kamen wir dran – wir waren 16.“ Mitleidiges Lächeln aus dem Publikum begleitete die „Edelweisse“ auf dem Weg zur Bühne. Und großer Applaus begleitete sie nach dem Auftritt auf ihre Plätze zurück. Die Auraer hatten gezeigt, dass Qualität keine Frage der Chorgröße sein muss.

Dennoch ist es gerade die fehlende Größe, die den Verantwortlichen des Gesangvereins die Feierlaune zum 120. Jubiläum etwas verdirbt. Dem Chor fehlt der Nachwuchs. Trotz vieler Initiativen, wie Kinder- und Projektchöre, gelingt es dem Gesangverein kaum, junge Sänger zu gewinnen. Dabei, schwärmt Edgar Geupel, sei es ein so großes Vergnügen, vom Können der Chorleiterin Maria Huerkamp-Bölting zu profitieren. Die Musiklehrerin aus Wächtersbach, die mehrere Chöre leitet, steht den Auraern seit 2001 als Dirigentin vor und betitelt den Gesangverein „Edelweiss“ leidenschaftlich als „ihren Brahms-Chor“.

Chor nur für Männer

Der Verein, der zum 30. Gründungsfest 1924 als reiner Männerchor die stattliche Größe von 43 Sängern aufbietet, erlebt danach mehrere Auf- und Abbewegungen und findet seinen Tiefpunkt Mitte der 1970er Jahre. Zwar hatte man den ursprünglichen Männerchor 1970 auch für Frauen geöffnet, dennoch schwindet das Interesse so stark, dass der Gesangverein „Edelweiss“ ab 1975 zwei Jahre lang ruht.

Nach der Wiederbelebung geht es zunächst wieder euphorisch weiter. Erfolgreiche Liederabende, Theateraufführungen und Faschingssitzungen sind Zeugen eines regen Vereinslebens, mit dem der Gesangverein das Dorfleben in Aura unübersehbar bereicherte.

Das ist nach wie vor auch im 120. Jahr des Bestehens sein Markenzeichen. Mit Liederabenden, Weihnachtskonzerten und der musikalischen Ausgestaltung von Kirchenfeiern ist der Gesangverein eine tragende Säule des kulturellen Lebens. Und der nächste Nachweis dafür wird hinter verschlossenen Türen geprobt: Mit „Visionen eines Bürgermeisters“ bringen die „Edelweiss“-Laienschauspieler am 24. und 25. Oktober ein Theaterstück auf die Bühne. Leise verknüpfen die Vereinsverantwortlichen damit wohl auch die Hoffnung, den einen oder andern zum Mitmachen zu gewinnen.

 
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