Wie viele und welche Fische tummeln sich eigentlich im Main? Diese Frage kann niemand so genau beantworten, schließlich ist das Wasser recht trüb. Auch kann niemand sagen, wie viele Fische die Angler oder auch Kormorane aus dem Fluss holen. Sicher ist nur, dass jedes Jahr tausende Fische in den Main eingesetzt werden. Die Fischerzunft Lohr jedenfalls hat auch 2022 wieder einen fünfstelligen Betrag in Fische unterschiedlichster Arten und Größen investiert, um den Fischbestand des Mains zu stärken.
Alfred und Christian Höfling haben den Überblick über den Fischbesatz. Der 75-Jährige ist seit 1989 Vorsitzender der Lohrer Fischerzunft, sein 50-jähriger Sohn seit 1998 sein Stellvertreter. Gemeinsam mit weiteren Zunftmitgliedern sorgen die beiden Rechtenbacher seit Jahren für Nachschub beim Fischbestand im Main zwischen Erlach und Neuendorf.
Um das zu erreichen, hat die Zunft im vergangenen Jahr für gut 31.000 Euro Fische eingekauft: 6000 Hechte zwischen fünf und acht Zentimetern, 3000 Zander von drei bis fünf Zentimetern, rund 60.000 winzige Glasaale, 450 Kilo Rotaugen bis 20 Zentimeter, gut 200 Kilo Rotfedern bis 17 Zentimeter, 300 Kilo Karpfen, je 100 Kilo Schleien und Flussbarsche, 50 Kilo Karauschen, 300 Döbel, daneben tausende größere Hechte und Zander – die Einkaufsliste liest sich wie ein Streifzug durch die Fischartenpalette des Mains.
Die Vorgabe wurde übererfüllt
Um diese Vielfalt zu erhalten, ist die Fischerzunft dazu verpflichtet, jährlich mindestens die Hälfte des Erlöses aus dem Angelkartenverkauf in neuen Fischbesatz zu investieren. Diese Vorgabe habe man 2022 erneut deutlich übererfüllt, sagt Alfred Höfling. Die gut 31.000 Euro, die man für junge Fische ausgegeben habe, entsprächen knapp 80 Prozent des Erlöses aus dem Angelkartenverkauf.
Allein rund 300 Jahreskarten gab die Zunft zuletzt pro Jahr aus. Hinzu kommen Tages-, Wochen und Monatskarten. Tageskarten etwa verkauft auch die Lohrer Touristinformation. Allerdings darf die Zunft nicht beliebig viele Erlaubnisscheine ausgeben. Bei der Menge rede das Landratsamt mit, so Höfling, wobei die Behörde die festgesetzte Zahl pauschal anhand der Streckenlänge entlang des Flusses bemesse.
Das Interesse der Angler an der Gewässerstrecke in Obhut der Fischerzunft sei seit Jahren groß, sagt Höfling. Teilweise sei es zu Beginn der Angelkartenausgabe Mitte Januar vor seinem Haus zu belagerungsartigen Zuständen gekommen. Um das zu ändern, habe man im vergangenen Jahr ein neues System mit Terminvereinbarung eingeführt.
Neuerung bei der Vergabe der Anglerkarten
Mit der Neuerung wolle man auch sicherstellen, dass vor allem Angler aus der näheren Umgebung Lohrs zum Zug kommen. Erst, wenn danach noch ein Kartenkontingent übrig sei, gebe man Angelkarten auch an Interessenten von weiter her aus, etwa aus Thüringen, Baden-Württemberg oder Hessen, schildert Höfling.
Dass die Fischstrecke der Fischerzunft Lohr bei Anglern so beliebt ist, hat nach Aussage des Zunftvorsitzenden wohl auch damit zu tun, dass die Zunft das Nachtangeln auf Waller erlaubt hat. Der Raubfisch war laut Höfling im Main ursprünglich nicht heimisch, hat sich mittlerweile jedoch stark ausgebreitet.
Auf Angler übt der teils über zwei Meter lange Fisch einen großen Reiz aus, für den übrigen Fischbestand sei der Appetit des Raubfischs jedoch ein Problem, so Höfling. So sei etwa der Bestand der bis zu 40 Zentimeter langen und als Leibspeise des Wallers geltenden Schleie zurückgegangen. Um dies auszugleichen, setzt die Zunft auch Schleien aus. Ob diese Art ohne den Fischbesatz überhaupt noch da wäre, könne man kaum sagen, so Höfling. Was den Waller im Main angeht, hat er eine klare Meinung: "Der gehört raus."
Die Auswahl der Arten, die die Zunft alljährlich in den Main einsetzt, orientiert sich nach Aussage des stellvertretenden Vorsitzenden Christian Höfling nicht allein daran, was Angler gerne herausziehen. Vielmehr gehe es um die Frage, "was sinnvoll für das Gewässer ist".
So setze man mittlerweile auch Weißfische wie Rotfedern und Rotaugen ein, deren Bestände nach Aussage von Christian Höfling durch den Kormoran dezimiert würden. Auch gehe es um eine gewisse "Blutauffrischung". Ohne den Fischbesatz, so Höfling, würden die Bestände verschiedener Arten über die Jahre wohl spürbar zurückgehen.
Das Angebot ist nicht unbegrenztes
Der Fischbesatz ist für die Fischerzunft allerdings kein Wunschkonzert: "Wir müssen nehmen, was wir kriegen", beschreibt Alfred Höfling das keineswegs grenzenlose Angebot. Mit zwei Fischzuchtbetrieben arbeitet die Zunft seit Jahren zusammen, eine aus der Rhön, die andere aus dem Landkreis Kitzingen.
Wie viele der jungen Fische, die die Zunft 2022 bei Neuendorf, Sackenbach, Lohr und Rodenbach in den Main eingesetzt hat, jemals eine für Angler interessante Größe erreichen, kann man laut Alfred Höfling nicht sagen. Man setze bevorzugt junge Fische ein, weil diese anpassungsfähiger und die Überlebenschancen so größer seien. Dennoch gebe es sicher eine gewisse Ausfallquote.
Ruhigen Gewissens könne er jedoch sagen, dass der Fischbestand im Main rund um Lohr ordentlich sei, so Höfling. "Dass keine Fische im Main sind, ist Quatsch", sagt der Zunftvorsitzende über mitunter Geäußertes. Das zeige sich beispielsweise bei Elektrobefischungen. Zu den Petrijüngern, die über mangelnden Erfolg klagen, sagt Höfling daher: "Auch das Angeln will halt gelernt sein."