"Das Urteil des Oberlandesgericht Bamberg ist falsch". Diese Meinung vertrat der Verteidiger einer 44-jährigen Mutter vor dem Amtsgericht Gemünden. Hier war die Frau wegen unterlassener Unterhaltszahlungen für ihre Tochter angeklagt. In Gemünden machten Verteidiger und die Angeklagte deutlich, dass die Frau nicht zahlen konnte. Das Urteil: Freispruch.
Einige Jahre war die jetzt in Oberfranken lebende Mutter im Landkreis Main-Spessart verheiratet. Zusammen mit ihrem jetzt 45 Jahre alten Mann bekam sie im Jahr 2007 eine Tochter, die nach der Scheidung der Eheleute beim Vater blieb. Als dann im Jahr 2021 die monatlichen Unterhaltszahlungen ausblieben, zog der Kindsvater vor Gericht. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft: die Mutter hat an ihre Tochter keinen Unterhalt geleistet, obwohl sie dazu in der Lage gewesen wäre.
Woran wird die Unterhaltspflicht festgemacht?
Bei der Verhandlung vor dem Oberlandesgericht (OLG), wo beide Elternteile in der Verhandlung von Anwälten vertreten wurden, kam es zu einem Vergleichsurteil. Die Anwältin der Mutter legte mehrere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vor, die belegten, dass die Frau monatlich Krankengeld in Höhe von 951 Euro bezogen hat. Den Selbstbehalt legte das Gericht auf 960 Euro fest. Damit wäre sie nicht in der Lage gewesen, Unterhalt für ihre Tochter zu zahlen. Jedoch war das Gericht nicht der Meinung, dass die Unterhaltspflicht an den tatsächlich erzielten monatlichen Einnahmen festgemacht werden müsse, sondern an dem, was die Frau hätte erzielen können. Vor diesem Hintergrund stimmte die Anwältin der Mutter einem monatlich zu zahlenden Unterhalt von 270 Euro zu.
Vor der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit hatte die Frau ein monatliches Nettoeinkommen von etwa 1500 Euro und läge damit deutlich im unterhaltspflichtigen Bereich. Nach dem vor dem OLG geschlossenen Vergleich war sie seit dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit laut Staatsanwaltschaft mit 2160 Euro Unterhalt im Rückstand. In der Verhandlung in Gemünden machte der Ex-Ehemann deutlich, dass er nur einen Halbtagsjob hat und dringend auf die Unterhaltszahlungen der Kindsmutter angewiesen ist. Derzeit steuere seine jetzige Ehefrau einen wesentlichen Teil zum Lebensunterhalt der Familie bei. Einmal, seit dem Ende ihrer Arbeitsunfähigkeit im Frühjahr 2022, habe seine frühere Ehefrau die festgelegten 270 Euro Unterhalt überwiesen.
Richter: Krankengeld war zu niedrig, um davon Unterhalt zu zahlen
Für die Vertreterin der Staatsanwaltschaft war klar, dass die Mutter sich schuldig gemacht hat, in dem sie die Unterhaltszahlungen unterlassen hat. Dafür beantragte sie eine siebenmonatige Bewährungsstrafe. Völlig anders sah das der Verteidiger. Er betonte, dass seine Mandantin mit ihrem Krankengeld unterhalb des festgelegten Eigenbehalts lag und daher nicht leistungsfähig war. Für ihn könnte es daher nur zu einem Freispruch kommen.
Dies sah Strafrichter Volker Büchs ebenso. In seiner Urteilsbegründung sagte er, dass man hier von den tatsächlich bezogenen Leistungen für die Berechnung des Unterhaltes ausgehen muss. Nur wenn das Krankengeld höher ausgefallen wäre, wären Unterhaltszahlungen fällig gewesen. Darum konnte es für ihn nur einen Freispruch für die Angeklagte geben können.