Zwei Jahre musste die Spessartfestwoche wegen Corona pausieren. Doch an diesem Freitag geht sie wieder los, die fünfte Lohrer Jahreszeit. Das Programm zum Neustart, so haben die Organisatoren angekündigt, wird klassisch. Jubiläumsaktionen zur 75. Auflage des Festes gibt es keine. Man wolle, so die Begründung, nach dem Ende der Corona-Auflagen einfach eine ganz normale Festwoche feiern.
Aufmerksamen Beobachtern jedoch ist aufgefallen, dass es sehr wohl eine Veränderung gibt: Die bislang üblichen Auftritte regionaler Blaskapellen an verschiedenen Festnachmittagen fehlen heuer im Programm. Bei den Kapellen aus Frammersbach, Waldzell und Hausen herrscht angesichts dessen teils Bedauern, teils Verärgerung.
Festwirt Franz Widmann und der städtische Festwochenorganisator Dieter Daus erklären den Verzicht auf die Auftritte der regionalen Blaskapellen am Nachmittag mit der Ungewissheit, die zum Zeitpunkt der Programmfestlegung noch geherrscht habe. Es sei damals noch denkbar gewesen, dass es coronabedingte Auflagen oder Besucherbeschränkungen geben wird. Auch sei nur schwer vorhersehbar, wie beim Neustart der Besucherandrang sein wird. Vor diesem Hintergrund habe man entschieden, das Programm etwas zu verschlanken, auch aus Kostengründen, so Widmann und Daus.
Unterschiedliche Resonanz
Die Resonanz bei den betroffenen Kapellen ist unterschiedlich. Eine davon ist der Musikverein Frammersbach, der 2019 den Freitagnachmittag auf der Festwoche musikalisch bestritten hat. Vorsitzender Peter Anderlohr sagt, dass man die Terminanfragen Widmanns für die Festwoche "immer grundsätzlich sehr gerne" angenommen habe. Im an den Nachmittagen oft aufgeheizten Zelt seien die Auftritte der Kapellen allerdings nicht unbedingt die großen Publikumsmagneten gewesen, so Anderlohr.
Angesichts der Ungewissheit beim Neustart der Spessartfestwoche sei es "durchaus auch nachvollziehbar", dass die Verantwortlichen sich Gedanken über Änderungen im Programm machen, zeigt der Vorsitzende des Musikvereins Verständnis. Dass die Frammersbacher heuer nicht in Lohr spielen, sei angesichts etlicher weiterer Auftritte zwar "bedauerlich, aber auch zu verschmerzen", so Anderlohr. Man würde sich freilich wünschen, dass man in den kommenden Jahren wieder bei der Festwoche spielen könne. Schließlich seien solche Auftritte eine wichtige Plattform für regionale Musikkapellen, weswegen man nicht nur auf Profikapellen setzen solle, sagt Anderlohr.
Keine Reaktion erhalten
Spürbar verärgert über die Streichung der regionalen Kapellen ist Johannes Ritter, Vorsitzender der Waldzeller Musikanten. Seit drei Jahrzehnten seien diese bei der Spessartfestwoche dabei, die letzten Jahre stets am Mittwochnachmittag. Heuer jedoch habe er vor Monaten auf Nachfrage in Widmanns Büro erfahren, dass "kein Bedarf" bestehe. Auf spätere Nachfragen habe er keine Reaktionen mehr erhalten, ärgert sich Ritter.
Es sei "schade" und "traurig", dass die regionalen Kapellen gestrichen wurden. Für die Waldzeller sei der Auftritt auf der Festwoche ein "Aushängeschild" gewesen. Die Musiker hätten sich zumeist eigens Urlaub genommen. Der Aufwand für den zweistündigen Auftritt sei groß. Dennoch sei man "immer gern dabei gewesen", so Ritter. Er hoffe sehr, dass die regionalen Kapellen im kommenden Jahr wieder mit von der Partie sind.
Fester Termin für Hausen
Falls im kommenden Jahr wieder Bedarf bestehe und sich Widmann melde, werde man den Termin prüfen, sagt Manfred Marschall, Vorsitzender der Musikkapelle Hausen. Sie hatte 2019 am Donnerstagnachmittag auf der Festwochenbühne gestanden. Auch für die Hausener sei die Festwoche stets ein fester Termin gewesen.
Diesmal jedoch habe es anders als sonst keine Terminanfrage Widmanns per Mail und auch keine sonstige Info gegeben. Die Art und Weise der Streichung aus dem Programm, das lässt Marschall erkennen, kam auch bei den Hausenern nicht gut an: "Es hätte uns schon gefallen, wenn sich der Festwirt mal gemeldet hätte."
Um welche Kosten es bei den Auftritten der Kapellen geht, lässt Marschalls Aussage zumindest annähernd erahnen. Demnach haben die Hausener zuletzt um die 140 Euro pro Stunde bekommen. Daneben hätten die Musizierenden noch Marken für eine Maß Bier und ein Grillhähnchen bekommen. "Das war für uns schon was", lässt Marschall erkennen, dass die Einnahmen für eine kleine Kapelle durchaus eine Rolle spielen.
Festwirt sieht Sache nun anders
Jetzt, wo klar ist, dass die 75. Spessartfestwoche ohne Corona-Einschränkungen stattfinden wird, bekennt Festwirt Franz Widmann, dass er die Entscheidung zu den Nachmittagsauftritten der regionalen Kapellen heute eventuell anders treffen würde.
Man habe zum damaligen Zeitpunkt einfach "nicht zu viel reinpacken wollen". Er hoffe, dass sich der Volksfestbetrieb weiter normalisiere, so Widmann, dann sei durchaus denkbar, dass die regionalen Kapellen im kommenden Jahr an den Nachmittagen wieder dabei seien.
Allerdings betonen sowohl Widmann als auch Daus, dass es auch heuer einen Nachmittagsauftritt einer Kapelle aus der Umgebung geben wird: Am ersten Festsamstag steht wie gewohnt der Seniorennachmittag auf dem Programm. Das dafür vorgesehene Rexroth-Werksorchester ist zwar kurzfristig ausgefallen. Stattdessen werden jedoch die Goldbacher Musikanten spielen, so Widmann und Daus.
Dennoch regionale Blasmusik
An beiden Festsonntagen stehen daneben je ein Frühschoppenkonzert der Lohrer Stadtkapelle und an den Nachmittagen je ein Auftritt der Wombacher Dorfmusikanten im Programm. Am Mittwochabend, dem Tag der guten Nachbarschaft, sorgen traditionell die Wombacher Musikanten für Blasmusikklänge im Festzelt. Und schließlich gestalten die Wiesthaler Musikanten am zweiten Festsamstag den Keiler-Weißbier-Frühschoppen bis in den Nachmittag hinein musikalisch.