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Stoiber von hinten an die Schulter getippt
Weickersgrüben/München Die gute Nachricht zuerst: Wegen ihrer Verdienste um den Denkmalschutz waren Bianca und Willy Volkert vom Hotel Roßmühle in Weickersgrüben zum Neujahrsempfang von Ministerpräsident Edmund Stoiber eingeladen - ein unvergessliches Erlebnis.
Willy und Bianca Volkert erinnern       -  Willy und Bianca Volkert erinnern sich gern an die Verleihung der bayerischen Denkmalschutzmedaille. Derzeit haben die Betreiber des Hotels 'Alte
Mühle' in Weickersgrüben Probleme mit dem Finanzamt, weil das Haus angeblich nur Verluste einfährt.
Foto: FOTO CHRISTIAN EBINGER | Willy und Bianca Volkert erinnern sich gern an die Verleihung der bayerischen Denkmalschutzmedaille. Derzeit haben die Betreiber des Hotels "Alte Mühle" in Weickersgrüben Probleme mit dem Finanzamt, weil das Haus ...
Von unserem Redaktionsmitglied Christian Ebinger
 |  aktualisiert: 03.12.2006 22:29 Uhr
Die Einladung zum Neujahrsempfang in der Münchner Residenz hat das Ehepaar völlig unvorbereitet getroffen. Nach 15 Jahren zwischen Baumarkt und Baustelle hätten sie niemals mit einer solchen Ehre gerechnet. In dieser Zeit haben die Volkerts die Baudenkmäler Rossmühle in Weickersgrüben und das Gesindehaus in Burgsinn aufwändig sanieren lassen. 2003 gab es dafür den Förderpreis des Bezirks Unterfranken, vergangenen Herbst die bayerische Denkmalschutzmedaille.

Und jetzt also ein Defilee bei Ministerpräsident Stoiber und Gattin. Bianca und Willy Volkert geben ehrlich zu: "Wir wussten gar nicht, was ein Defilee ist und wie man sich dafür anzieht." Zum Glück hatte der Protokollchef einen Zettel mitgeschickt: "Smoking, langes Kleid, dunkler Anzug, Tracht, Orden." Weil die Volkerts nichts Passendes im Kleiderschrank hatten, kaufte Willy einen Anzug ("ein Smoking war mir zu teuer"), Bianca lieh sich ein Kleid von einer Freundin aus.

Bereits das Anstehen zum Händeschütteln hat Spaß gemacht. "Jeder hat sich gefragt, ob vor oder hinter einem ein Promi steht, den man kennen müsste", plaudert Bianca Volkert. Das Herantasten an die anderen Gäste war - wie alles an diesem Abend - recht unkompliziert. "Man hat sich einfach die Hand gegeben und einander vorgestellt", erzählt Willy Volkert. Den frisch gebackenen Physik-Nobelpreisträger Theodor Hänsch haben sie kennen gelernt, mit Barbara Stamm, Pia Beckmann und Eberhard Sinner ein paar Worte gewechselt.

Kurz, bevor die beiden dann zu Karin und Edmund Stoiber aufgerückt sind, habe der Protokollchef gefragt, was sie dem Ministerpräsidenten sagen wollten. "Die Wahrheit natürlich", hat Bianca Volkert gesagt, worauf der Protokollchef belustigt antwortete: "So etwas habe ich noch nie gehört!" Das Händeschütteln mit Karin und Edmund Stoiber ging schnell vorbei. "Der Ministerpräsident hat uns zum Preis gratuliert." Die Stoibers haben den Volkerts beinahe leid getan. "Die sahen richtig geplagt aus!" Kein Wunder - bei 1700 Gästen!

Post vom Finanzamt

Auch das Ehepaar Volkert fühlt sich - und das ist die Kehrseite der schönen Denkmalschutzmedaille - geplagt, und zwar vom Finanzamt. Etwa zur gleichen Zeit, als die Einladung für den Neujahrsempfang ankam, haben sie ein Schreiben vom Lohrer Finanzamt erhalten. Darin heißt es: "Teilen sie (.  .  .) bitte mit, aus welchen betriebswirtschaftlich einsichtigen Gründen Ihre Mandantin trotz der unveränderten Verlust-Situation den Betrieb aufrecht erhält und warum sie sich (.  .  .) nicht zur Aufgabe ihrer verlustbringenden Tätigkeit entschlossen hat."

Auf deutsch: Das Finanzamt kann nicht nachvollziehen, weshalb das Ehepaar das Hotel "Alte Mühle" weiter betreibt, obwohl es seit Jahren Verluste einfährt. Doch an dieser Stelle kommt das Engagement des Ehepaars für den Denkmalschutz ins Spiel. "Alles, was wir durch das Hotel erwirtschaften, stecken wir seit Jahren in den Betrieb und die Sanierung unserer Denkmäler." Dabei gebe es so viele Abschreibungsmöglichkeiten, dass auch in den nächsten Jahren keine Steuern bezahlt werden müssten.

Das Ehepaar fühlt sich vom Finanzamt verschaukelt. "Auf der einen Seite werden wir belohnt, auf der anderen bestraft." Das Schreiben des Finanzbeamten empfinden sie als eine Art Unfähigkeitsbescheinigung für ihr Wirken. "Das Hotel ist für uns keine Liebhaberei, sondern das entscheidende wirtschaftliche Standbein, um uns das Engagement für den Denkmalschutz überhaupt leisten zu können." Luxus sei für sie ein Fremdwort. "Wir leben bescheiden und haben unser Geld immer reinvestiert."

Ihr Steuerbüro sei mehrere Tage lang damit beschäftigt gewesen, die Vorwürfe wieder zurechtzurücken. Bianca Volkert hat dafür sämtliche Einkommenssteuererklärungen seit 1990 herausgesucht. Das Ehepaar hat sich nichts vorzuwerfen. "Alle unsere Projekte waren Winterbaustellen", sagt Willy Volkert. "Durch unsere Denkmäler haben viele Firmen im Winter Arbeit gehabt." 1,7 Millionen Euro habe man seit 1990 in die Sanierungen investiert. "Wir haben zwar keine Steuern bezahlt, das Geld ist aber direkt in den Wirtschaftskreislauf geflossen."

Stoiber: "Melden Sie sich!"

Und hier schließt sich auch der Kreis zum Neujahrsempfang. Denn Bianca Volkert hat die Chance genutzt und den Ministerpräsidenten von hinten an die Schulter getippt, um ihm ihre Sorgen zu berichten. Stoiber habe zunächst einen Fotografen hergebeten und sich dann ihre Geschichte angehört. "Wenn es Probleme gibt, melden Sie sich!", habe er zu ihr gesagt, erzählt Bianca Volkert und kann es fast immer noch nicht glauben. Bei so viel Beistand von höchster Stelle dürfte sich das Problem mit dem Finanzamt wohl bald in Wohlgefallen auflösen.

Bianca Volkert mit Ministerpräsident Edmund       -  Bianca Volkert mit Ministerpräsident Edmund Stoiber beim
Neujahrsempfang in der Münchner Residenz.
Foto: FOTO PRIVAT | Bianca Volkert mit Ministerpräsident Edmund Stoiber beim Neujahrsempfang in der Münchner Residenz.
 
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