Plötzlich ist fast alles anders: Jahrelang wurde darüber diskutiert, dass beim weiteren Abbau von Muschelkalk im Laudenbacher Steinbruch des Zementwerks Schwenk der "Laudenbacher Sprung" – eine geologische Störung – erreicht wird. Von dort soll das Wasser der Laudenbachquelle stammen, so die bisherige Annahme. Und diese könnte dann versiegen. Bei der von den Laudenbachern beantragten Bürgerversammlung in der Mehrzweckhalle erfuhren mehr als 300 Interessierte, dass die geologischen Verhältnisse wohl ganz anders sind, das Wasser der Quelle also aus einer anderen Richtung kommt. Genaues aber ist noch nicht bekannt. Die Untersuchungen laufen noch.
Dass man bisher fest davon ausgegangen war, das Wasser laufe über den "Laudenbacher Sprung", zeigt ein Rückblick auf eine Stadtratssitzung im Jahr 2014. Da hatte die Firma Schwenk Pläne erläutert, das Wasser aus dem "Laudenbacher Sprung" über den "Eselsberg" zur Quelle des Laudenbachs zu pumpen.
Die Nachhaltigkeit angezweifelt
Diesen Plan prüften die Fachbehörden. "Das Wasserwirtschaftsamt war nicht ganz überzeugt von der Nachhaltigkeit dieser Lösung", formulierte es Johann Trenkwalder, der Werkleiter des Karlstadter Zementwerks. Daher werde jetzt nach Alternativen gesucht, um die Qualität und die Quantität des Laudenbach-Wassers weiterhin zu gewährleisten.
Bürgermeister Paul Kruck, als früherer Leiter des Wasserwirtschaftsamts Bad Kissingen in seinem Element, ergänzte, ein Hinüberpumpen des Wassers könne nur so lange gewährleistet sein wie das Zementwerk betrieben wird. Außerdem sei die Qualität des gepumpten Wassers nicht mehr identisch mit der Wasserqualität der Laudenbachquelle. Dort handelt es sich um reines Grundwasser. Durch das Pumpen würde sich das Wasser erwärmen und sich die Mineralisierung verändern.
Ein Potpourri geologischer Störungen
In der Folge hat sich Schwenk hilfesuchend an das Büro für Geotechnik und Umwelt Gartiser, Germann und Piewak (Bamberg) gewandt. Der Geologe Andreas Gartiser wiederum hat als wissenschaftlichen Berater Professor Dr. Kord Ernstson hinzugezogen, einen Experten für die Messung geologischer Strukturen. Bisher seien 50 Bohrungen ausgewertet worden, erklärte Gartiser. Pumpversuche fanden statt und die chemisch-physikalische Zusammensetzung des Wassers wurde ausgewertet. Gartisers Fazit: "Wir müssen das bisherige Modell vollständig revidieren. Es schaut im Moment völlig anders aus als das, was man in den 1980er Jahren angenommen hat." Damals war überlegt worden, ob Laudenbach für die Karlstadter Trinkwasserversorgung infrage kommt.
Gartiser erklärte weiter, es gebe im Laudenbacher Steinbruch eine Vielzahl von Überschiebungen und Brüchen. Er sprach von einem "Potpourri" und einem "völligen Durcheinander". Der "Laudenbacher Sprung" sei wohl nur eine von vielen Störungen. Jedenfalls sei nicht davon auszugehen, dass das Quellwasser "brav" auf einer Schaumkalkbank daherlaufe. Man habe Messstellen mit sulfathaltigem Wasser, aber in der Quelle ist kein Sulfat. Auch habe man "uraltes" Wasser mit weniger als einem Milligramm Nitrat pro Liter gefunden.
Ohne Erlaubnis kein weiterer Abbau
Die Laudenbacher hatten trotz dieser Ausführungen eine Reihe kritischer Fragen. Peter Kretzinger wollte wissen, ob trotz der ungeklärten Sachlage weiter Richtung "Laudenbacher Sprung" abgebaut werde. Daniel Schulze, Abteilungsleiter Umwelt am Landratsamt Main-Spessart, sagte, erste müsse die Erlaubnis da sein, ehe Schwenk mit einer Sprengung in den "Laudenbacher Sprung" eingreifen darf. Trenkwalder ergänzte, man sei noch weit weg davon. Aber es sei richtig, dass all das zeitnah zu klären sei.
Dies unterstrich die Frage von Bettina Kalb, die Genaueres über die zeitlichen Dimensionen wissen wollte. Trenkwalder geht davon aus, dass der "Laudenbacher Sprung" in vier bis fünf Jahren erreicht wird. Allerdings habe es etwa zwei Jahre gedauert, bis eine amtliche Rückmeldung auf die Idee mit dem Pumpen des Wassers über den Eselsberg kam.
Verschiedene Szenarien
Wolfgang Tröster fragte nach dem günstigsten und ungünstigsten Szenario. Das günstigste ist, dass der Steinbruch keinerlei Einfluss auf die Laudenbach-Quelle hat. Im schlimmsten Fall hätte der Gesteinsabbau 100 Prozent Einfluss auf die Quelle. "Wir werden einem weiteren Abbau nicht zustimmen, wenn diese Gefahr besteht", verkündete Joachim Scharf, Hydrogeologe am Wasserwirtschaftsamt Aschaffenburg unter dem Beifall der Zuhörer. Das jedoch sei höchst unwahrscheinlich. Gartiser: "Ich sehe das relativ beruhigt. Ich würde im Moment sagen, der weitere Abbau hat keinen nennenswerten Einfluss auf den Laudenbach."
Ernstson unterstrich dies mit dem Hinweis auf einen Gesteinseinbruch beim Bau der ICE-Strecke. Kurz danach sei die Laudenbach-Quelle verschlammt gewesen. Dies lasse darauf schließen, dass sie wen Westen her gespeist wird.
Firmenschließung kein gangbarer Weg
Elfi George fand, da seien viele Eventualitäten. Würde Schwenk schlimmstenfalls den Abbau einstellen? Trenkwalder: "Das wäre eine Firmenschließung und für uns kein gangbarer Weg." Er regte an, ein Miteinander zu finden von Industrie, Naturschutz und Laudenbacher Dorferneuerung. Applaus erntet er für das Angebot, Schwenk könne behilflich sein, den Laudenbach aufzuwerten.
Keine abschließende Klärung gab es zu der Anmerkung von Karlheinz Stumpf, der "Brünnleinsgraben" in Kleinlaudenbach habe "früher", als er Jugendlicher war, im Sommer kein Wasser geführt. So weit zurück reicht keine Messstatistik. In den vergangenen 25 Jahren sei das Wasser immer gelaufen, sagt Trenkwalder. Inzwischen überwacht eine Messstation permanent den Ablauf.
Letztes Thema der Versammlung war das Abraummanagement. Horst Wittstadt sieht dort einen Gesetzesverstoß, weil der Mutterboden des Waldes mit dem nicht verwertbaren Muschelkalk vermischt sei. Bei einer Begehung am Tag nach der Bürgerversammlung erklärte Johann Trenkwalder, der Mutterboden werde zur Rekultivierung am Gutsberg eingesetzt.