Wer in Steinbach das Neueste hören will oder etwas auf dem Herzen hat, der ist bislang im Geschäft von Monika Anna Beller an der richtigen Adresse. „Manchmal musst du dich abends einmal schütteln, damit du den Kopf frei kriegst“, erzählt die 60-Jährige. Ab Januar brauchen die Steinbacher eine neue Anlaufadresse. Beller macht ihren Laden „Annabella“ in der Ortsdurchfahrt zu.
„Es hat sich immer rentiert“, sagt sie. Der Grund, warum sie jetzt aufhört, sei ganz einfach: „Weil ich keine Lust mehr hab.“ Sie hofft auf einen „gemütlichen Ruhestand“ mit ihrem Mann Günther, der schon ein paar Jahre in Rente ist, und freut sich auf mehr Zeit für ihre vierjährige Enkelin
Gemeinsames Hobby Angeln
Angefangen hat alles vor 30 Jahren. Da sie und ihr Mann das gemeinsame Hobby Angeln haben, kam ihr die Idee, in Steinbach einen Angelladen aufzumachen. Nachdem sie das Geschäft fünf Jahre lang zu Hause in der Ringstraße führte, wurde es dort zu eng. Die vergangenen 25 Jahre hat sie deshalb das jetzige Ladengeschäft in der Steinbacher Straße gemietet.
Vorher war dort einmal ein Lebensmittelgeschäft drin, während des ICE-Tunnelbaus ein Ingenieurbüro, später gab es dort Autoteile. Eine Zeit lang stand es leer, dann übernahm Beller mit ihrem „Angelshop“. Hintendran hatte bis zum Jahreswechsel 2000/2001 noch Wilhelm Helfrich seine Backstube, wo die berühmten großen Weck entstanden.
Als Höschterin in Steinbach integriert
Beller ist gelernte Verwaltungsfachangestellte, hatte zuvor in der Bauabteilung des Landratsamts in Karlstadt gearbeitet. Auch ihrer beiden Kinder wegen hat sie sich selbstständig gemacht. „Ich war für die Kinder immer erreichbar hier.“ Im Laden konnten sie ihre Hausaufgaben machen. „Ich hab's auch nicht bereut“, sagt die 60-Jährige. Seit 40 Jahren lebt die Hofstettenerin in Steinbach. Aber sie sei „voll integriert“. „Das haben die mich nicht spüren lassen.“
Als sie in das jetzige Ladengeschäft umzog, nahm sie auch noch die Lottoannahmestelle und Zeitungen mit dazu. Bis 2005 war das Geschäft der „Anglershop“. Aber das Geschäft mit Angelbedarf lief immer schlechter. Vor allem junge Leute hätten sich oft bei ihr beraten lassen, zum Teil eine Stunde und länger, und hätten hinterher gesagt: „Das besorge ich mir jetzt im Internet, weil es da billiger ist.“ Beller: „Das ist mir nicht nur ein Mal passiert.“
Angeln raus, Wolle rein
Was tun? „Da hat man ja monatelang überlegt: Was macht man jetzt?“, sagt Monika Beller. Sie nahm Wolle ins Sortiment auf, gab privat und an der vhs Häkel- und Strickkurse und nannte den Laden fortan „Annabella“ – zum einen passt's zu ihrem Namen, zum anderen lasse sich das auch als fränkisch die „anner Beller“ lesen, weil es jetzt ja etwas anderes war.
Und siehe da: Ohne Angelbedarf ist der Laden besser gelaufen. Seit gut zehn Jahren hat sie außerdem den Hermes-Paketshop. Da es in Steinbach keine Post gibt, kamen alle mit ihren Päckchen und Paketen zu ihr. In den vergangenen Jahren hatte sie auch eine kleine Sitzgruppe. Es habe oft nicht lange gedauert und die sechs Stühle waren voll. Kaffee hatte sie schon länger im Angebot. Die Sitzgruppe ist schon weg. „Jetzt gibt es Kaffee im Stehen.“ Aber nur bis zum 18. Januar. Am 19. wird die Kaffeemaschine abgeholt.
Viele schütteten ihr Herz aus
Viele Leute seien nur gekommen, um sich mit ihr zu unterhalten, um ihr ihr Herz auszuschütten. „Man ist auch Vertrauensperson.“ Abends habe sie ihrem Mann manchmal scherzhaft gesagt: „Heute habe ich wieder die Beichte abgenommen.“
Eines ihrer aufregendsten Erlebnisse war, als ein älterer Kunde „richtig viel Geld“ gewonnen hat. Den habe sie erst einmal auf einen Stuhl setzen müssen. Über zwei Stunden war er bei ihr. „Der war richtig fertig.“ Unter Schock. Ein anderes Mal gewann eine Kundin „ganz gut“. Die habe ihr hinterher gesagt: „Moni, das Schönste an dem Gewinn war, dass du dich so mit mir gefreut hast.“
Interessenten für Nachfolge winkten ab
Einen Nachfolger gibt es keinen. Interessenten, die den Laden hätten weiterführen wollen, gab es. Aber „die Damen“ hätten abgewinkt, wenn sie gehört haben, wie zeitintensiv ein solcher ist, sagt die Geschäftsfrau.
Derzeit läuft der Ausverkauf, die Hälfte ist schon weg. Am Ende muss sie, so will es das Finanzamt, noch einmal eine Inventur machen. Ihr letzter Öffnungstag ist der 20. Januar, Zeitschriften hat sie aber nur noch bis Ende Dezember.
Was sie im Ruhestand machen will
Wie geht's im Ruhestand weiter? Sie zeigt auf ihre Armbanduhr und sagt: „Das erste, was ich mache, wenn ich nicht mehr hier runter muss, ist: Das Ding kommt weg.“ Sie lebe momentan nur nach der Uhr. Damit soll Schluss sein. „Erschd emoal schüa runnerkomm auf'n Bode“, sagt sie. Aber natürlich werde sie ihre Kunden vermissen.
Mit den Häkel- und Strickkursen an der Volkshochschule wolle sie voraussichtlich im Herbst weitermachen. Und sie überlegt, ob sie sich in ihrer neu gewonnen Freizeit künftig ehrenamtlich sozial engagieren soll.