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Lohr
Steigen bald wieder Fahrgäste am Lohrer Stadtbahnhof ein?
Die Idee der Reaktivierung des Lohrer Stadtbahnhofs lebt, der Landkreis ist im Boot.Nur über das weitere Vorgehen herrscht offenbar Unklarheit.
Werden am Stadtbahnhof Lohr irgendwann wieder Fahrgäste ein- und aussteigen?
Foto: Björn Kohlhepp | Werden am Stadtbahnhof Lohr irgendwann wieder Fahrgäste ein- und aussteigen?
Björn Kohlhepp
 |  aktualisiert: 03.12.2019 11:18 Uhr

Lohrs Bürgermeister Mario Paul meint es ernst mit der Idee, dass wieder Personenzüge am Lohrer Stadtbahnhof halten sollen. "Es gibt weiterhin das Bestreben und den Wunsch, den Stadtbahnhof Lohr zu reaktivieren", sagt er im Gespräch mit der Redaktion. Paul freut sich, dass sich der Landkreis offen für die Idee zeigt. Der Neubau auf dem ehemaligen Brauereiareal sowie das geplante Klinikum erhöhen aus Sicht Pauls den Bedarf einer Reaktivierung. Für das Klinikum wäre zudem ein zusätzlicher Haltepunkt im Lohrer Industriegebiet wünschenswert. Nur über das weitere Vorgehen herrscht offenbar Unklarheit.

"Allererste Voraussetzung für den Beginn des Reaktivierungsprozesses ist das Vorliegen sämtlicher positiver Gremienbeschlüsse."
Wolfgang Oeser, Sprecher Bayerische Eisenbahngesellschaft

Wie die Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG) auf Anfrage der Redaktion mitteilt, muss der Wunsch einer Reaktivierung aus der Region kommen. Deshalb gelte: "Allererste Voraussetzung für den Beginn des Reaktivierungsprozesses ist das Vorliegen sämtlicher positiver, schriftlicher Gremienbeschlüsse für die Reaktivierung der Strecke durch die Aufgabenträger des allgemeinen ÖPNV", sagt BEG-Pressesprecher Wolfgang Oeser. Im Landkreis Main-Spessart ist der Aufgabenträger des öffentlichen Personennahverkehrs der Landkreis.

Ist die Bahnunterführung Oberes Tor hoch genug für eine Elektrifizierung?
Foto: Björn Kohlhepp | Ist die Bahnunterführung Oberes Tor hoch genug für eine Elektrifizierung?

Eine erste Bedarfsprognose der BEG hat 2016 mit 780 Fahrgästen unter der geforderten 1000-Nutzer-Grenze am Tag gelegen. Bürgermeister Paul ist jedoch zuversichtlich, dass unter den geänderten Voraussetzungen eine neue Prognose auf 1000 Reisende pro Werktag käme. Die BEG habe bereits zugesagt, eine neue Prognose zu erstellen. Vom Landratsamt heißt es auf Anfrage, dass eine Abstimmung im Kreistag erst erfolgen könne, "wenn die Ergebnisse einer umfassenden Prüfung nach den derzeit gültigen Regularien der Bayerischen Eisenbahngesellschaft vorliegen". Die BEG macht dazu auf Anfrage ihre Haltung jedoch noch einmal unmissverständlich klar: Erst die Gremienbeschlüsse, dann die Prognose und weitere Schritte.

Immerhin steht die Reaktivierung des Stadtbahnhofs, genauer: der Neubau eines Haltepunkts am ehemaligen Stadtbahnhof Lohr, bereits im Nahverkehrsplan des Landkreises. Das zeigt laut Pressesprecherin Andrea Stiel vom Landratsamt "die Bedeutung dieses Projektes für den Gesamtverkehr in Lohr". Daher werde bei der Buslinienplanung eine Schienenanbindung auf jeden Fall neben dem Buslinienverkehr und dem Stadtverkehr in Lohr gemeinsam berücksichtigt.

Bahnbrücke über den Kaibach
Foto: Björn Kohlhepp | Bahnbrücke über den Kaibach

Der alte Stadtbahnhof selbst befindet sich in Privatbesitz, aber auf dem Parkplatz daneben, der der Stadt gehört, könnte ein neuer Haltepunkt entstehen. Paul sieht Haltepunkt und Parkplatz als mögliche "Mobilitätsdrehscheibe" mit Park-and-Ride-Konzept.

Was aus Sicht des Freistaats im Rahmen der Reaktivierung als notwendig erachtet wird, sind laut BEG-Pressesprecher Wolfgang Oeser "der barrierefreie Ausbau der Stationen im zu reaktivierenden Abschnitt, die signaltechnischen Anpassungen und die Elektrifzierung der Strecke, da nur eine Durchbindung dieser Verkehre nach Würzburg als sinnvoll erscheint".

Reicht die Höhe des Oberen Tors für eine Elektrifizierung?

Die nötigen Investitionen für die Elektrifizierung der durch die Glashütte weiter in Betrieb befindlichen drei Kilometer langen Strecke zwischen dem Bahnhof Lohr und Gerresheimer hält Paul für "machbar". Was er allerdings nicht sagen könne, ist, ob die Bahnunterführung am Oberen Tor, so wie sie jetzt ist, hoch genug für eine Elektrifizierung wäre. Eventuell müsste man das Gleis tiefer legen. Wenn man sich die Lage anschaut, könnten zumindest Zweifel kommen, ob die Höhe ausreicht.

Als Alternative zur Elektrifizierung sind laut Paul Hybridzüge mit Akkus denkbar, allerdings glaubt er, dass sich dann weniger Unternehmen bei einer Ausschreibung für den Betrieb der Strecke melden, weil höhere Investitionen nötig wären. Das Gleisbett der Strecke bis zur Glashütte hat der Streckenbetreiber DB Netz in den vergangenen Jahren erst erneuert. Allerdings rangierte die Bahnbrücke über den Kaibach aus dem Jahr 1927 nach einer Anfrage der Grünen 2017 in der schlechtesten Zustandskategorie 4 (das heißt: muss abgerissen werden, da Reparieren zu teuer ist). Laut einem Bahn-Sprecher wurden 2014 am Widerlager Mängel festgestellt. Die Lager seien aber im Rahmen einer Instandhaltungsmaßnahme 2015 repariert und zusätzlich mit einem Längsanschlag versehen worden. Eine dadurch offenbar nötige Korrektur der Zustandsbewertung sei erst mit der nächsten Begutachtung 2020 möglich.

Wer müsste einen neuen Haltepunkt im Industriegebiet bezahlen?

Den neuen Haltepunkt, einen zusätzlichen im Industriegebiet sowie die Streckenertüchtigung müsste nach Ansicht des Landratsamts der Landkreis vor- oder mitfinanzieren. "Die Stadt Lohr wäre dabei auch zu beteiligen." Geht es nach der BEG, dann gegebenenfalls auch der künftige Zugbetreiber. "Je nach gewünschtem Ausbau und technischer Machbarkeit wird eine Kostenschätzung der notwendigen Maßnahmen erfolgen müssen", so Andrea Stiel vom Landratsamt.

Wenn die Bedingungen erfüllt seien und die Prüfung einer Bestellung positiv ausgehe, würde der Freistaat einen Schienenpersonennahverkehr für zwölf Jahre bestellen, teilt die BEG mit.

Kriterien der Reaktivierung eines Bahnhofs/einer Zugstrecke
Bayernweit einheitliche Kriterien einer Reaktivierung eines Bahnhofs bzw. einer Strecke sind laut Bayerischer Eisenbahngesellschaft (BEG)
1. eine vom Freistaat anerkannte Prognose, dass eine Nachfrage von mehr als 1000 Reisenden pro Werktag zu erwarten ist
2. dass die Infrastruktur ohne Zuschuss des Freistaats in einen Zustand versetzt wird, der einen attraktiven Zugverkehr ermöglicht
3. die Bereitschaft eines Eisenbahnunternehmens, die Strecke und die Stationen dauerhaft zu betreiben und dafür Infrastrukturkosten zu berechnen, die das Niveau vergleichbarer Infrastruktur der Deutschen Bahn nicht übersteigen dürfen und
4. dass sich die ÖPNV-Aufgabenträger schriftlich verpflichten, ein mit dem Freistaat abgestimmtes Buskonzept im Bereich der Reaktivierungsstrecke umzusetzen.

 

 
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