Das traditionelle Derblecken von und mit Thomas Störlein (72), alias Bruder Petrus, wollte sich keiner entgehen lassen. Maximator frisch vom Fass, bayerisch-fränkische Spezialitäten und die "Fishermen's Dixieband" sorgten am Samstagabend für beste Laune im vollbesetzten Vitrum des Hotels Koppen. Die erste Runde Starkbier ging aufs Haus, danach goss Petrus Spötteleien aus. Bedauernd sinnierte er über das Aussterben des Bodenpersonals, bezweifelte den Erfolg von Gottesdiensten am Lagerfeuer und Spielecken in der Kirche. "Sag mir wo die Pfarrer sind, hätten lieber Frau und Kind. Junge Pfarrer gibt's nicht mehr, Zölibat ist viel zu schwer", sang Petrus schwermütig.
Sogar im Städtle ist es ruhig geworden ohne Baustellen, Fähre und Umleitungen. Nur das Kreuzkloster verdiene Tadel für globalisierte Zockerei und digitales Essen aus Schnitzel 4.0 mit Pixelsuppe. Nicht einmal Michael Mahlo, Sprachrohr außerparlamentarischer Opposition, fand Anlass zu Kritik.
Schuld an dieser Stille, so Petrus, sei allein der Bürgermeister. Um so erstaunlicher wäre, dass sich ein Retzbacher um den Gemündener Bahnhof kümmert, obwohl der Bahnhof Retzbach-Zellingen eher der Fürsorge von Alexander Hoffmann bedürfte. Da hat der rote Bernd die Reißleine gezogen und Petrus wünschte ihm mehr Erfolg als mit seinem Vorschlag zur Wiederaufnahme des Personenverkehrs auf der Werntalbahn, wo die Kosten von 500 Millionen für lebenslangen Taxiverkehr reichen.
Nach dem Spottlied über einen Bahnhof ohne Aufzug, ohne Klo, aber mit Spielcasino, zitierte Petrus den Propheten Jesaja. "Bereitet dem Herrn den Weg, was ungleich ist, soll eben, und was höckericht ist, soll schlicht werden." Dreitausend Jahre später sei der biblische Auftrag angekommen, das Probierpfädle beim Koppen lasse hoffen. Doch bezahlen soll der, dem die Stadt das krumme Pflaster verdankt der größte Bürgermeister aller Zeiten (GröBaZ). Der neue Panoramaweg führt von der Elias-Hügel-Säule und dem Gemündener Bode-Museum durch die Kulturstadt vorbei an geschichtsträchtigen Geschäftsruinen auf der "Champs-Élysées der Kunst" zur Rast am Brunnen. Wenn nun dessen Wasser als Bächle in einer Rinne entlang des neuen Wegs durch die Altstadt fließt und "Michelbach" heißt, dann ist dem Hansi kein Preis zu hoch, prophezeite Petrus seiner begeisterten Gemeinde.
"Da simmer dabei, dat ist prima - Viva Gemundia", erklang vielstimmig zum Lob der Stadt. Nur das Ratsinformationssystem läge noch im Argen, weil einzelne Räte befürchten, dass JüLi, EDV-übliches Kürzel für Jürgen Lippert, in den Sitzungen über F-Tasten Einfluss auf sie nehmen könnte. Petrus wusste, wem JüLi die Ö-Taste und die Leertaste vorbehält, dass er aber die neben ihm sitzenden Werner Herrbach und Irmgard Pröschl weiterhin mit Ellenbogen maßregelt. Nur die ESC-Taste bleibt unverändert für den Weckruf, wenn die Sitzung beendet ist.
Rieneck dagegen schottet sich komplett ab. Doch so weit fahren Gemündener eh nur, wenn sie einen Christbaum holen und Weihnachten, so Petrus, wenn die Umgehung fertig ist – kann man Rieneck endlich links liegen lassen, ob mit oder ohne Lädle.
Zum Schluss räumte Petrus mit Halbwahrheiten und Gerüchten auf, denn es wird kein Sterbeglöckchen für die Scherenberghalle geben. Die Deutsche Bahn wird keine Beobachter zum wesentlich erfolgreicheren Gemünnemer Züchle entsenden. Der Besitzer des Hotels Atlantis hat keinen Antrag auf illegale Benutzung als Absteige gestellt, und den Massenbüchern wird nicht vergönnt sein, ihre neue Luxus-Trasse durch einen Spendenaufruf zu finanzieren.