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WEIBERSBRUNN
Standpunkt: Besinnen auf ehrliche Sachlichkeit
Johannes Ungemach
 |  aktualisiert: 28.05.2019 10:18 Uhr

Die Spessartforstberechtigten kämpfen gegen einen Nationalpark und dafür, weiter kostenlos Brennholz machen zu dürfen. Das ist nur verständlich. Wer verzichtet schon gerne auf ein Privileg, das bares Geld spart?

Josef Geislingers Gutachten kommt da wie gerufen, um nicht zu sagen: wie bestellt. Es hat nur einen Makel. In seinem Vortrag jedenfalls verkniff sich der Jurist den entscheidenden Hinweis, dass sich all seine rechtlichen Ausführungen zur Unumstößlichkeit der Spessartforstrechte nur auf deren jahrhundertealte Urform beziehen können, also auf die Regelungen zu dünnen Prügelchen von weniger als fünf Zentimetern Durchmesser.

Diese alte Regelungen bilden jedoch die heutige Rechtlerpraxis im Staatswald des Spessarts längst nicht mehr eins zu eins ab. Seit den 1970er Jahren billigen die Staatsforsten den Holzrechtlern jenseits der Forstrechte auf freiwilliger und jederzeit widerrufbarer Basis zu, auch deutlich stärkeres Holz machen zu dürfen, ohne dafür bezahlen zu müssen. Ein Gutachter, der nicht eindeutig klar macht, dass auf diese Geste des Wohlwollens keinerlei rechtlicher Anspruch besteht, muss sich den Vorwurf gefallen lassen, ein bisschen zu laut das Lied desjenigen zu singen, dessen Brot er isst.

In der irrigen Vorstellung, dass ihnen niemand etwas vom heutigen Zustand nehmen kann, mokieren sich die Holzrechtler über Gedanken des Umweltministeriums, wonach künftig für hochwertiges Brennholz marktübliche Preise gezahlt werden sollen. Doch die Aufregung birgt ein Risiko. Lenkt sie doch die Aufmerksamkeit auf eine Frage, die sich manch ein Brennholzmacher oder Steuergeldhüter außerhalb des Spessarts schon lange stellen könnte: Auf welcher rechtlichen Basis verschenken die Staatsforsten im Spessart seit Jahrzehnten ein begehrtes Produkt, für das sie Kunden überall sonst in Bayern seit jeher marktübliche Preise abverlangen?

Und noch ein in Weibersbrunn und schon länger aus Jägerkreisen gegen einen Nationalpark ins Feld geführtes Argument steht auf tönernen Füßen: die Empörung darüber, dass Wildschweinbestände dort mittels Saufängen reduziert werden. Auch Walter Schreck, der Vorsitzende der Holzrechtler, skizziert ein Szenario vom kaltblütigen Abknallen der im Käfig gefangenen Tiere. Bei ahnungslosen Laien können solche Bilder verfangen. Doch Schreck selbst ist Jäger, jagt im Rothenbucher Staatsforst. Er müsste wissen, dass die dort alljährlich zur Strecke kommenden 600 bis 700 Wildschweine keineswegs zu Tode gestreichelt werden.

Sie werden stattdessen zu einem erheblichen Teil bei stundenlangen Bewegungsjagden erlegt – unter Umständen also, die zumindest aus tierschutzrechtlicher Sicht gewiss nicht weniger Angriffspunkte bieten als ein Saufang.

Man kann zu einem Nationalpark im Spessart unterschiedlichster Meinung sein. Einigkeit sollte jedoch darin bestehen, dass die Basis aller Diskussion nur ehrliche Sachlichkeit sein kann.

 
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