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Lohr
Stadtrat und Verwaltung sprechen untereinander über ihr Miteinander
Bearbeitet von Johannes Ungemach
 |  aktualisiert: 29.04.2024 02:42 Uhr

Lohrs Bürgermeister Mario Paul und Vertreter mehrerer Stadtratsfraktionen haben im Gespräch mit der Redaktion die Praxis gerechtfertigt, dass der Stadtrat in einer Klausur unter Ausschluss der Öffentlichkeit wichtige Themen der Stadtentwicklung bespricht.

Das Gremium hatte sich wie schon im Vorjahr am vergangenen Wochenende für zwei Tage zu einer solchen Klausur versammelt. Man wolle dies auch weiter tun, hieß es hinterher in einem Gespräch mit der Redaktion.

Man solle bitte akzeptieren, dass sich der Stadtrat einmal im Jahr in breitem Konsens das Recht herausnehme, unter sich zu sein, um freier als in öffentlichen Sitzungen über das eine oder andere Thema sprechen zu können.

Das Format der Klausur ist nicht unumstritten. Schreibt die Bayerische Gemeindeordnung doch eigentlich vor, dass Stadt- und Gemeinderäte ihre Beschlüsse bis auf wenige Ausnahmen öffentlich zu fassen haben.

Der Trick, mit dem sich diese Vorgabe umgehen lässt: Der Stadtrat fasst in seiner Klausur keine formalen Beschlüsse, sondern verständigt sich nur auf Vorgehensweisen. Beschlüsse werden bei Bedarf hinterher in öffentlicher Sitzung nachgeholt. Deswegen gibt es rechtlich an der Klausur nichts auszusetzen.

Auch kritische Stimmen

Allerdings gab es zuletzt auch aus den Reihen des Stadtrats Kritik oder zumindest nachdenkliche Stimmen. So hatten im Vorfeld der jüngsten Klausur die Stadträte Clemens Kracht (Grüne) und Peter Sander (FDP) gegenüber der Redaktion erklärt, dass manche Themen der Klausur eigentlich öffentlich zu behandeln wären. Wolfgang Weis (Grüne) war der Veranstaltung gar ferngeblieben, unter anderem wegen des Aspekts der fehlenden Öffentlichkeit, wie er gegenüber der Redaktion erklärte.

Bürgermeister Paul ebenso wie Vertreter verschiedener Fraktionen betonten im Nachgang der Klausur im Gespräch mit der Redaktion jedoch, dass sie das Format für sehr sinnvoll halten und es fortsetzen wollen.

Bei dem Treffen im Digitalen Gründerzentrum waren rund 40 Personen anwesend, neben fast allen Stadträten auch die Verwaltungsspitze sowie am ersten Tag auch der Personalrat der Stadt. Am ersten Tag war es vor allem um das Miteinander in Stadtrat und Rathaus gegangen, am zweiten um Sachthemen.

Paul sprach hinterher von einem "sehr offenen und wertschätzenden Austausch", bei dem greifbar gewesen sei, wie hilfreich er für die weitere Zusammenarbeit sein könne. "Es hat was verändert", so Paul.

Auf den Hinweis, dass sich der Stadtrat im vergangenen Jahr bereits in gleicher Form auf ein besseres Miteinander eingeschworen hatte, es dann aber im Jahreslauf doch wieder Zwist und emotionale Aufwallungen gegeben hatte, sagte der Bürgermeister: "Wir wissen nicht, wie es laufen würde, wenn wir uns nicht zur Klausur treffen würden. Vielleicht wäre dann alles noch schlimmer." Die Atmosphäre unter den Beteiligten sei nach der Klausur jedenfalls "deutlich gelöster" gewesen. "Wir sind uns alle näher gekommen."

Thomas Nischalke (SPD) verglich die Klausur mit einem klärenden Gespräch "wie in einer guten Ehe", auch wenn die Stadträte eher "eine gewählte Zwangsgemeinschaft" seien. Eine Aussprache wie die vom Wochenende sei "kein Allheilmittel". Aber zumindest für den Moment sei zwar "nicht alles gut, aber vieles klarer", so Nischalke.

Auch Brigitte Riedmann (Freie Wähler) bezeichnete die Klausur als "sehr nützlich und konstruktiv". Man lerne bei einem solch ungezwungeneren Treffen die Stadtratskollegen besser kennen, so das aktuell dienstälteste Ratsmitglied. Überdies könne man in einer solchen Runde auch mal seine "Meinung sagen, ohne dass es gleich in der Presse steht".

Steger: Sehr fruchtbar

Ruth Steger (SPD) hob hervor, dass der Kreis der Teilnehmer deutlich größer gewesen sei als bei normalen Stadtratssitzungen. Der umfassendere Austausch sei "sehr fruchtbar" gewesen. Holprigkeiten gebe es in der Gremienarbeit naturgemäß immer wieder, umso wichtiger sei, dass man sich intern auch mal darüber austausche. Dafür habe man bei einer Klausur die Zeit, die im Sitzungsbetrieb fehle.

Karl-Hermann Hummel (Bürgerverein) betonte, dass im Stadtrat doch alle nichts anderes wollten, als die Stadt voranzubringen. Dabei gebe es unterschiedliche Positionen. Eine Klausur sei hilfreich, um die Handlungsweise im Umgang miteinander zu reflektieren und "sich selbst den Spiegel vorzuhalten". Auch Mathilde Lembach (Grüne) bezeichnete es als hilfreich, wenn man mal intern darüber spreche, wie manches Verhalten bei Ratskollegen ankomme.

Man müsse das Format einer Klausur nicht gutheißen, sagte Bürgermeister Paul, solle jedoch anerkennen und akzeptieren, dass sich der Stadtrat nahezu einhellig dafür entschieden habe. Künftig werde man noch mehr darauf achten, keine Themen in die Klausur zu ziehen, die man auch öffentlich behandeln könnte. Als ein Beispiel nannte er die jetzt hinter verschlossenen Türen gelaufene Diskussion zum weiteren Vorgehen beim Skaterplatz.

Dass mittlerweile bei diesem Thema womöglich etwas mehr Sensibilität herrscht, könnte sich daran zeigen: Ein Thema der Klausur, das weitere Vorgehen beim Verkehrsentwicklungsplan, wurde während der Veranstaltung wieder von der Tagesordnung gestrichen. Das Thema soll nun demnächst in öffentlicher Sitzung behandelt werden.

 
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