Die Stadt Lohr muss für die Beseitigung der beim Anlegen eines Biotops in der Talaue der Lohr aufgetauchten Altlasten im schlimmsten Fall rund 100 000 Euro berappen. Damit ist sie allerdings noch mit einem blauen Auge davongekommen. Denn ursprünglich war für die Entsorgung der unter anderem mit Blei, Arsen und Quecksilber belasteten Abfälle aus der Glasindustrie gar mit Kosten von rund 200 000 Euro gerechnet worden.
Das neuerliche Altlastenproblem war für die Stadt völlig unerwartet gekommen. Eigentlich wollte sie im Uferbereich der Lohr unterhalb des Eisenhammerweges nur ein Feuchtbiotop als ökologische Ausgleichsfläche anlegen. Doch beim Ausheben der Tümpel tauchte schnell eine unliebsame Überraschung auf: mit reichlich Glasresten durchsetzte Abfälle. Sie dürften mit ziemlicher Sicherheit aus der bis in die 1950er Jahre an der Partensteiner Straße angesiedelten Glashütte stammen. Von dort waren die Produktionsabfälle mit Loren in die Talaue geschafft und dort abgekippt worden. Teilweise wurde auf den Flächen zwischendurch sogar Landwirtschaft betrieben.
Der nach dem Altlastenfund eingeschaltete Geologe Thomas Greubel vom Fachbüro Umwelttechnik Mainfranken kam in der Analyse der Abfälle zu dem Ergebnis, dass diese zwar keine Gefährdung des Grundwassers darstellten. Jedoch sei nicht auszuschließen, dass das "teilweise erheblich belastete Material" eine Gefährdung für den Fall darstelle, dass ein Mensch mit ihm in Kontakt komme.
800 Tonnen Material
Schnell war daher auch nach Einschalten der einschlägigen Behörden klar, dass das Material ausgebaggert und entsorgt werden muss. Es geht um rund 800 Tonnen. Ursprünglich war die Entsorgung auf einer Deponie in der Nähe geplant, etwa in Karlstadt oder Wirmsthal im Landkreis Bad Kissingen. Die Kosten dafür hatte Greubel inklusive Transport im Oktober auf rund 200 000 veranschlagt. Das war Stadtrat Frank Seubert (CSU) damals ziemlich hoch vorgekommen.
Seubert ist einer der Geschäftsführer der Lohrer MS Umweltservice GmbH, die in der Abfall- und Reyclingbranche aktiv ist. Er brachte die Variante ins Spiel, statt der Entsorgung der Altlasten diese teilweise wiederzuverwerten. Den entsprechenden Auftrag vergab der Umweltausschuss des Stadtrates nun in seiner jüngsten Sitzung einstimmig.
Wie Geologe Greubel erklärte, ist folgender Ablauf vorgesehen: Die Abfälle aus der Glasherstellung werden auf der Wiese unterhalb des Eisenhammerweges ausgebaggert und bereits vor Ort grob nach Schadstoffklassen sortiert. Über die MS Umweltservice GmbH wird das Material dann zum Endverwerter, der esm GmbH in Groß-Gerau bei Darmstadt transportiert. In einer Deponie bei Flörsheim würden dann wiederverwertbare Anteile abgetrennt. Nur das, was nicht zu verwerten sei, lande am Ende auf der Deponie, so Greubel.
Auftrag vergeben
Die Kosten für dieses Verfahren bezifferte er im schlimmsten Fall auf knapp 118 Euro pro Tonne, was bei 800 Tonnen einen Betrag von rund 95 000 Euro ergäbe. Da jedoch davon auszugehen sei, dass die 800 Tonnen nicht komplett in die schlimmste Schadstoffklasse fallen, könne man wohl eher mit niedrigeren Kosten rechnen, so Greubel. Die Entsorgung auf der Deponie des Landkreises in Karlstadt hätte seinen Worten zufolge knapp 130 000 Euro gekostet, korrigierte der Gutachter seine Aussage vom Oktober nach unten.
Der Umweltausschuss vergab den Auftrag zur Entsorgung und Wiederverwertung der Altlasten schließlich einstimmig an die federführende Firma MS Umweltservice.
Sobald die Altlasten beseitigt sind, soll es mit dem Bau des Feuchtbiotops weitergehen. Für diese Arbeiten hatte die Stadt mit rund 50 000 Euro kalkuliert. In der Summe, so die Hochrechnung, werden Altlastenbeseitigung und Biotopbau demnach am Ende rund 185 000 Euro kosten.