Der Stadtrat lässt die Sperrzeit in der Altstadt unangetastet. Folglich kann die Gastronomie bis 5 Uhr morgens Gäste bewirten. Dem Gremium erschien es unverhältnismäßig, nur wegen der Disco „Lichtspielhaus“ die Zügel enger zu ziehen. Doch ist das für die Anwohner auf Dauer akzeptabel?
Stadtrat nimmt nur „zur Kenntnis“
Seine Untätigkeit in dieser Frage fiel dem Stadtrat umso leichter, als Disco-Betreiber Sascha Beeger von sich aus einen Kompromiss angeboten hatte, mit dem er die lärmgeplagten Anwohner beruhigen will: Beeger schlägt vor, das „Lichtspielhaus“ ein Jahr zur Probe nur noch freitags zu öffnen. Sechs Ausnahmen von dieser Regel soll es im Jahr 2017 geben: im April (Jubiläum des LSH), im Juni (Altstadtfest), im Juli (Karibische Nacht), zwei Mal im August (Laurenzi-Messe) und an Silvester wird Beeger auch samstags öffnen.
59 statt 106 Öffnungstage
Damit reduziert er die Öffnungstage von 106 auf 59 in der Hoffnung, dass sich das auch wirtschaftlich trägt. Überdies will Beeger für eine schallisolierte Raucherkabine im Außenbereich sorgen. Gäste, die sich nicht an Auflagen halten, sollen mit einem dreimonatigen Lokalverbot belegt werden. Der Stadtrat nahm das in einer Abstimmung lediglich „zur Kenntnis“. Nur Manfred Stamm verweigerte sich.
Die Stimmen aus dem Gremium
Bürgermeisterin Helga Schmidt-Neder erinnerte in der Ratssitzung am Donnerstag vor rund 50 Zuhörern an den moderaten Beginn des Veranstaltungsortes im Jahr 2004. Allerdings hätten sich die Veranstaltungen und damit die Lärmbelästigungen ausgeweitet. Die Anwohner hätten zu recht geltend gemacht, dass sie sich gestört fühlen, vor allem sonntags. Dafür habe sie Verständnis. Die Stadt sei verpflichtet, die Anwohner zu schützen.
Mit Beegers Einlenken, so die Bürgermeisterin, gebe es nun „Möglichkeiten zur Entspannung“. Sie argumentierte, dass eine generelle Sperrzeit für das ganze Altstadtgebiet gelten müsse; nur für einen Betrieb sei das nicht machbar. Das erschien ihr unverhältnismäßig. Schmidt-Neder zitierte auch, dass sich Schulen, Kirchen, der CVJM, der Hotel- und Gaststättenverband sowie einige Anwohner für den Erhalt des LSH in der Mitteltorstraße ausgesprochen hätten.
Das Prinzip Hoffnung bei der Politik
Christian Menig, Fraktionsvorsitzender der CSU, freute sich über Beegers Konzept, „von dem wir hoffen, dass es funktioniert“. Eine Sperrzeitverlängerung sei nicht mehr nötig; außerdem gebe es auch andere Betriebe, von denen Lärm ausgehe.
SPD-Fraktionsvorsitzender Hermann Menig war der gleichen Meinung. Er fand, dass man auch andere Betriebe wegen der Lärmbelästigung überprüfen müsse. „Sonst ist alles einseitig und ungerecht.“
Andrea Hamberger, Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler, sagte mit Blick auf die rund 50 anwesenden Zuhörer, überwiegend der jüngeren Generation: „Es liegt nun an allen Gästen, mitzuhelfen, dass es funktioniert. Die Bürgermeisterin schloss: „Ich hoffe, dass die Anwohner damit leben können.“
Sascha Beeger ist erleichtert
„Ich bin froh, dass wir überhaupt die Möglichkeit bekommen haben, an diesem Standort weitermachen zu können“, sagte Sascha Beeger am Tag nach der Sitzung. Der Betreiber des „Lichtspielhauses“ will den Freitag als einzigen Öffnungstag stärken und blickt positiv in die Zukunft. Und das nicht nur für sich. „Ich denke, auch die Gäste sind froh, dass es weitergeht.“
Die Lichtspielhaus-Chronologie
Die Marktheidenfelder Disco „Lichtspielhaus“ nahm am 11. Mai 2004 ursprünglich als Veranstaltungsgebäude für Kabarett-, Comedy- und Tanzveranstaltungen in der Mitteltorstraße (Altstadt) ihren Betrieb auf.
Laut einer von der Stadtverwaltung zusammengestellten Chronologie hätten die Veranstaltungen bald zugenommen und mit ihnen die Lärmbelästigungen der Anwohner, die – nach Messungen der Stadt – überwiegend von Besuchern der Disco verursacht wurden.
Mit Appellen an die Gäste und dem Einsatz von Security regierte das LSH auf die Kritik von außen. 2013 kündigte Betreiber Sascha Beeger eine Verlegung der Disco an. In der Folge ließ die Stadt von einer ins Auge gefassten Ausweitung der Sperrzeit ab. Daraufhin sagten betroffene Anwohner bei einem nichtöffentlichen Runden Tisch 2014 zu, von einer Klage abzusehen, solange die Pläne für einen Umzug verfolgt würden.
Nach dem Scheitern der Verlegungspläne aus wirtschaftlichen Gründen forderten Anwohner Mitte 2016 erneut eine härtere Sperrzeitregelung für die Altstadt. Auch ein Bauherr sah Probleme für seine geplanten Wohnungen auf dem ehemaligen Schlecker-Gelände in der Nähe der Disco. Allerdings kündigte nun die Gastronomie für den Fall einer Sperrzeitverlängerung eine Klage an.
Sein neues Konzept fürs LSH legte Beeger Mitte November vor. Danach will er die Öffnungszeiten reduzieren und das Sicherheitspersonal verstärken. Daraufhin sieht die Stadtverwaltung eine Änderung der Sperrzeit nicht mehr als verhältnismäßig an.
Ende November legen Anwohner in der Nähe der Disco der Bürgermeisterin eine Kopie ihrer Klage vor. Text: abra