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Karlstadt
Stadtrat besucht Musterbeispiel für Mehrgenerationenhaus
Der Karlstadter Stadtrat unternahm eine Bildungsreise und informierte sich in Kleinostheim über ein funktionierendes Mehrgenerationenhaus – mit zahlreichen Erkenntnissen.
Der Karlstadter Stadtrat informierte sich im Mehrgenerationenhaus St. Vinzenz von Paul in Kleinostheim. 
Foto: Markus Rill | Der Karlstadter Stadtrat informierte sich im Mehrgenerationenhaus St. Vinzenz von Paul in Kleinostheim. 
Markus Rill
Markus Rill
 |  aktualisiert: 03.12.2019 11:11 Uhr

Der Karlstadter Stadtrat unternahm am Mittwoch einen ungewöhnlichen Ausflug: Mit dem Reisebus ging's nach Kleinostheim bei Aschaffenburg ins Haus St. Vinzenz von Paul. Vor Ort informierten sich Bürgermeister und Stadträte gemeinsam mit Jürgen Klein und Sabine Helfrich von der Initiative "Generationen wohnen" und Rüdiger van Baal, Hochbaureferent der Stadt, über das Kleinostheimer Mehrgenerationen-Konzept. Empfangen wurden sie vom Geschäftsführer des Hauses, Martin Wienand, Altbürgermeister Konrad Frieß und Clemens Bieber, Vorsitzender des Caritasverbandes für die Diözese Würzburg und zur Bauzeit katholischer Pfarrer des Orts. 

Das Haus in Kleinostheim wurde 1996 eingeweiht. Auf einem großflächigen Areal befinden sich 40 Wohnungen für betreutes Wohnen, 23 stationäre Pflegeplätze und 20 Plätze in der Tagespflege. Der Trägerverein betreibt außerdem eine Kinderkrippe mit 48 Plätzen, die gerade erweitert wird, und übernimmt sowohl die Mittagsbetreuung an der Grundschule wie die offene Altenarbeit für die Gemeinde. Getragen wird dies zu 50 Prozent von der Kommune, zu 40 Prozent von der katholischen Kirchengemeinde und zu zehn Prozent von der evangelischen in einer gemeinnützigen GmbH. Die Gemeinde Kleinostheim mit rund 8500 Einwohnern ist Eigentümer der Gebäude; St. Vinzenz zahlt eine Pacht. 

Schwanken um die schwarze Null

In unmittelbarer Nähe der Senioreneinrichtung befinden sich ein Kindergarten, die Grundschule, eine ambulant betreute Wohngemeinschaft für Demenzkranke und, keine 500 Meter entfernt, eine der Haupteinkaufsstraßen des Orts. Konrad Frieß und Clemens Bieber betonten, dass es ihnen wichtig gewesen sei, das Seniorenzentrum "nah am Leben der Gemeinde" zu bauen, nicht außerhalb. Geschäftsführer Wienand erklärte, St. Vinzenz beschäftige 150 Mitarbeiter – nicht alle in Vollzeit – und sei darüberhinaus auf den Einsatz von Ehrenamtlichen angewiesen. Diese übernehmen den Fahrdienst, organisieren Seniorennachmittage und vieles mehr; sie seien unersetzlich.

Gute Laune nach einem informativen Besuch: (von links) Clemens Bieber vom Caritas-Verband, Kleinostheims Altbürgermeister Konrad Frieß, Geschäftsführer Martin Wienand und Karlstadts Bürgermeister Paul Kruck.
Foto: Markus Rill | Gute Laune nach einem informativen Besuch: (von links) Clemens Bieber vom Caritas-Verband, Kleinostheims Altbürgermeister Konrad Frieß, Geschäftsführer Martin Wienand und Karlstadts Bürgermeister Paul Kruck.

Qualifiziertes Personal zu finden, werde immer schwieriger. St. Vinzenz zahle nach Tarif und profitiere vom guten Geist und offenen Miteinander im Haus. Auch die Zahl der ehrenamtlichen Mitarbeiter habe man weitgehend stabil halten können, "aber es ist eine Herausforderung", so Wienand. Die GmbH mache rund 4,5 Millionen Euro Umsatz im Jahr. "Mal mit überschaubarem Gewinn, mal mit kleinem Minus. Wir schwanken um die schwarze Null", sagte der Geschäftsführer. 

Das große Plus der Einrichtung sei die Kurzzeitpflege, die zu 98 Prozent ausgelastet sei. Darin untergebracht sind zehn Menschen, die nicht mehr selbstständig genug sind für das betreute Wohnen. Zudem gibt es 13 tage- oder wochenweise zu nutzende Plätze. Diese werden beispielsweise angefragt, wenn Angehörige von Senioren in Urlaub fahren und ihre Verwandten gut versorgt wissen wollen. "Über 300-mal im Jahr gibt's in der Kurzzeitpflege An- und Abmeldung. Das ist ein großer organisatorischer Aufwand", so Wienand. Eine vergleichbare Einrichtung gebe es nicht in der Region Aschaffenburg. 

Ein offenes Haus

Außerdem bietet St. Vinzenz vier bis fünf Kulturveranstaltungen im Jahr an, die Ortsbürger in die Einrichtung bringen. Der Austausch mit dem Kindergarten sei rege, jährlich wird ein Theaterstück von Senioren für Kinder mehrfach aufgeführt. Wienand sagte, er könne sich nicht vorstellen, dass ein privater Betreiber mit Gewinnabsicht dies alles leisten könne. Über 75 Prozent der Kosten seien in Kleinostheim Personalkosten. Wer daran spare, spare an der Betreuungsqualität, letztlich an der Lebensqualität der Bewohner.

Altbürgermeister Konrad Frieß betonte, dass der Bau des Seniorenzentrums nur aufgrund des Zusammenwirkens der Kommune mit den Kirchengemeinden funktioniert habe. So sei die Einrichtung gleich im Ort verankert gewesen. "Der Bürgermeister gibt das Geld und der Pfarrer  bringt die Leut'", scherzte Frieß. 

Die Karlstadter Stadträte zeigten sich beeindruckt von der augenscheinlich mustergültigen Einrichtung. Allerdings profitiert die Gemeinde Kleinostheim von hohen Gewerbesteuereinnahmen. Ein geeigneter Standort müsste in Karlstadt auch noch gefunden werden. Womöglich böte das Gelände des ehemaligen Kreiskrankenhauses Entwicklungspotenzial. Bürgermeister Kruck bedankte sich mit mitgebrachten Gastgeschenken für die Führung mit informativer Gesprächsrunde.   

 
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