"Besser geht's nicht" – diese Bilanz haben Renate und Richard Winter zum Open-Air-Stattkino auf dem Vorplatz der Stadthalle gezogen. Zu den zehn Vorstellungen im Juli und August kamen insgesamt rund 1000 Zuschauer. Im Oktober planen die beiden Filmenthusiasten ein Experiment in der Stadthalle mit drei Tagen Programm in der Woche. Das kündigten sie im Gespräch mit unserer Redaktion an.
Im ersten Monat seien alle Vorstellungen ausverkauft gewesen, berichtete Richard Winter: "Das war ein Riesen-Run." Nach der Pause Mitte August wegen Himmelfahrt sei es etwas ruhiger geworden. Das führt Winter auch darauf zurück, dass einige Kinofreunde in den Urlaub gefahren sind.
Auf dem Vorplatz standen rund 120 bis 130 Plätze für jeweils fünf Euro zur Verfügung: 100 wurden im Internet über den Vorverkauf besetzt, dazu kamen Restkarten für Spontanbesucher, die sich per Hand in Listen registrieren mussten. Für die letzten Vorstellungen wechselte das Stattkino witterungsbedingt in den Saal der Stadthalle, wo es 100 Plätze gab.
Zuspruch unerwartet hoch
Der Zuspruch sei "unerwartet hoch gewesen", sagte Richard Winter, "die Leute waren begeistert". Zu Filmen, die im Kulturkeller des Weinhauses Mehling 50 Zuschauer gehabt hätten, seien doppelt so viele gekommen.
Ein besonderes Erlebnis war laut Renate Winter der vorletzte Film "Nurejew – The white crow" am Freitag: "Alle waren hin und weg und haben gesagt: Dass so ein Film in Lohr läuft ..." Nach ihren Angaben kamen zu den Vorführungen das Stammpublikum aus dem Mehlingskeller, aber darüber hinaus weitere Zuschauer.
Nach den Worten der Winters wäre das Stattkino im Freien nicht möglich gewesen, "wenn nicht jeder in Lohr, der etwas mit Kultur am Hut hat, mitgemacht hätte". Beteiligt waren die Kulturinitiative, die Werbegemeinschaft, Stadthalle und Kulturamt und die Volkshochschule. Das Jugendzentrum sorgte für die Tontechnik und die Sing- und Musikschule für viele musikalische Vorprogramme.
Das Sommerkino hätten sich die kulturinteressierten Lohrer praktisch selbst geschenkt, meinte Richard Winter. Er selbst hätte "nie gedacht, dass Open Air so aufwendig ist". Denn anders als im Frammersbacher Freibad, wo für das Freiluftkino Profis engagiert worden waren, sei in Lohr alles selbst gemacht gewesen.
Der einzige Wermutstropfen des Open-Air-Stattkinos ist die finanzielle Seite: Getragen hat es sich nicht. Von den circa 5000 Euro Einnahmen geht nach Richard Winters Angaben etwa die Hälfte für die Filmverleiher ab. Deren Preise seien auch in der Corona-Krise nicht gesunken. Einige hätten allerdings keine Garantie verlangt, also keinen gesicherten Anteil an den Einnahmen.
Dazu kämen unter anderem die Kosten für den Beamer. Sein Fazit: "Unter dem Strich war es ein Verlustgeschäft." Die Werbegemeinschaft werde die Kosten für die Plakate und den Ticketverkauf übernehmen, seine Frau und er den Verleih und den Beamer: "Wir kommen etwa plus/minus null 'raus." Wer die restlichen Kosten übernehme, müsse man sehen.
Viel unbezahlte Arbeit
Nicht vergessen werden dürfe, dass im Lohrer Sommerkino "unheimlich viel unbezahlte Arbeit gesteckt hat". Freiwillige Helfer hätten die Kabel verlegt, die Technik aufgebaut und die Stühle erst aus der Stadthalle heraus und nach der Vorstellung wieder hineingeschleppt.
Als "Aha-Erlebnis" bezeichnete Richard Winter die letzten Vorstellungen in der Stadthalle: "Ich habe gemerkt, was für ein tolles Kino die Stadthalle sein kann. Wie groß die Leinwand ist!" Mit der Stadthalle habe Lohr einen »unheimlichen Schatz, um Kino zu machen, der bisher nicht genutzt wird«.
Daran knüpft sich eine Zukunftsidee der Winters. Langfristig möchten sie zwar in den Mehling-Kulturkeller zurück, "wenn es wieder geht". Wenn die Stadthalle in den Tagen ohne Veranstaltungen aber Kino machen könnte, fände er das toll für Lohr, so Richard Winter. Stadthallen- und Kulturamtsleiter Thomas Funck sei für diese Idee "sehr aufgeschlossen".
Bei einer Schlussbesprechung aller Beteiligten sei "locker vereinbart" worden, im Oktober einen Test zu machen unter dem Motto "Kann Lohr Kino?" Das Stattkino werde an drei Tagen in der Woche (Freitag bis Sonntag) ein gemischtes Programm auf der großen Leinwand des Stadthallensaales zeigen: anspruchsvolle Filme, wie sie im Mehlingskeller liefen, kommerzielle Filme und Kinderfilme. "Schauen wir mal, wie das Programm von den Lohrern angenommen wird."
Er werde ein Programm entwerfen und Funck und der Werbegemeinschaft schicken, kündigte Richard Winter an. Wenn diese damit einverstanden seien, werde er mit dem Verleiherverbund wegen einer Registrierung der Stadthalle als Kino reden. "Das ist nur Bürokratie, das bekommen wir hin."
Kino nicht sterben lassen
Am Wochenende liefen die letzten beiden Filme, am Freitag der Nurejew-Film und am Samstag die "Känguru-Chroniken" von Dani Levy. Davor sagte Renate Winter, "Musik und Film haben uns diesen Sommer verzaubert". Die Zuschauer forderte sie auf, Musik und Kino nicht zu vergessen: "Lasst sie nicht sterben."