Das quadratische Areal auf der Grünfläche zwischen Mainkai und Brückenturm in Karlstadt ist etwa zehn Quadratmeter groß und mit einem niedrigen Holzzaun eingefasst. Darin liegt ein Haufen Erde und es gibt keinen Hinweis, um was es sich dabei handelt.
Zumindest eine Zeit lang. Denn neuerdings ist hier wieder ein provisorisch angebrachtes Schild mit der Aufschrift: "Lehmfläche – hier finden Schwalben Baumaterial für ihre Nester", angebracht. Wo das ursprüngliche Schild hingekommen ist? Stadtgärtner Klaus Lankes zuckt mit den Schultern und vermutet: "Vandalismus. Noch die harmlose Art." Eine dauerhafte Lösung sei in Auftrag, sagt der 62-Jährige.
Angelegt wurde die Fläche vor etwa fünf Jahren auf Anregung vom Vogelschutzverein Karlstadt. Der Stadtgärtner begeisterte sich für die Idee und lies die Fläche am Main ausbaggern. An einer Stelle, die zwar noch öffentlichkeitswirksam sei, aber den Schwalben dennoch genug Ruhe zum Anfliegen biete.
Zeitersparnis beim Mähen in Öffentlichkeitsarbeit investiert
Dass die Öffentlichkeit über die laufenden "grünen" Projekte informiert bleibt, auch dafür sorgt Lankes. Zum Beispiel müsse man die angelegten Blühstreifen und das veränderte Mähkonzept erklären. Denn Lankes lässt nur noch Teilbereiche mähen. So entstehen mitten im gepflegten Rasen Blühflächen und Rückzugsorte für Insekten. "Was wir beim Mähen an Zeit sparen, stecken wir in die Öffentlichkeitsarbeit", meint Lankes.
Die Menschen seien erstmal schnell beim Schimpfen, wenn nicht alles ordentlich aussehe. Der 62-Jährige meint aber, dass 99 Prozent des Ärgers auf Unkenntnis beruhe. Daher bietet er jedes Jahr rund sechs Führungen im Stadtgebiet über die Volkshochschule (VHS) an, um die Maßnahmen zu erläutern.
Die erforderliche Rückendeckung für sein unkonventionelles Gärtnern habe er. Die Verwaltung stehe voll hinter dem Konzept. Früher sei man mit einem Projekt wie dem Schwalben-Lehmplatz noch ein Exot gewesen. "Heute ist man fast ein Exot, wenn man nichts tut", sagt Lankes.
Lankes meint auch, wenn alle – auch Privatleute – eine Kleinigkeit beitrügen, habe das eine große Wirkung. Auf den kommunalen Flächen arbeitet er seit 2006 nach dem Motto "Mut zur Natur in der Stadt". Denn anders gehe es nicht mehr. Wer Natur nicht tolerieren und unterstützen könne, denke dekadent, so der Stadtgärtner.
Der Lehm für die Vögel stammt übrigens aus einem alten Fachwerkhaus – Upcycling der anderen Art. Damit die Schwalben ihn verbauen können, muss er regelmäßig bewässert werden. Dies übernimmt der Bauhof. Der Lehmhaufen auf der kleinen Fläche am Main wird laut Lankes Einschätzung noch für Jahrzehnte des Nestbaus ausreichen – länger, soviel steht fest, als er noch im Amt sein wird.