
Starke Wirtschaft, strukturreicher Einzelhandel, belebte Innenstadt, reiches Kulturangebot – Lohr steht eigentlich gut da. Doch die Stadt sieht sich auch vor großen Herausforderungen. Der Einzelhandel kämpft gegen Konkurrenz aus dem Internet, etlichen Betrieben mangelt es an Personal oder Nachfolgern. Es drohen Leerstände. Schon lange will die Stadt gezielt gegensteuern, um die Vitalität des Standorts zu erhalten. Seit wenigen Wochen gibt es eine Citymanagerin: Simone Neubauer. Im Interview spricht sie über ihre Ideen und Ziele.
Frau Neubauer, worin sehen Sie ihre Aufgabe als Citymanagerin?
Simone Neubauer: Ich sehe mich als Anlaufstelle für Bürger, Vereine, Verbände und Unternehmen. Sie will ich unterstützen und für sie die Schnittstelle in die Stadtverwaltung hinein sein.
Ihr Büro befindet sich nicht im Rathaus, sondern im Digitalen Gründerzentrum in der Vorstadtstraße. Soll das die Scheu der Bürger mindern, sich an sie zu wenden?
Neubauer: Ich glaube nicht, dass man Scheu haben muss, sich an jemanden im Rathaus zu wenden. Aber vielleicht fällt es manchem doch leichter, hierher zu kommen. Ich sehe mich aber schon als Teil der Verwaltung und arbeite eng mit ihr zusammen.
Sie waren zuletzt Stellvertreterin des Lohrer Stadthallenmanagers und Kulturamtsleiters. Weswegen der Wechsel?
Neubauer: Das Citymanagement ist ein ganz breites Feld und Neuland für die Stadt. Es macht Spaß, hier etwas Neues aufzubauen.
Welche Ziele haben Sie?
Neubauer: Ich will Lust auf Lohr machen. Mein Ziel ist es, die Identifikation mit der Stadt zu stärken, Menschen zu ermuntern, sich zu engagieren. Ich will Impulse geben für Veranstaltungen, für neue Angebote, auch für neue wirtschaftliche Tätigkeit.
Gibt es schon konkrete Ideen?
Neubauer: Ich habe selbst viele Ideen und es wurden auch schon etliche an mich herangetragen. Es geht los mit ganz kleinen Dingen wie zum Beispiel mehr Abfalleimern für Hundehalter an Spazierwegen. Ich hab aber auch ganz viele Ideen für neue Gastronomieangebote. Da kann man als Stadt natürlich nur vermitteln zwischen Gastronomen mit einem tragfähigen Konzept und Vermietern. Was ich auch toll fände, wäre eine Wiederbelebung von Veranstaltungen wie zum Beispiel das City- oder Altstadtfest.
Worauf werden Sie den größten Teil Ihrer Arbeitszeit verwenden?
Neubauer: Es gibt eine konkrete Stellenbeschreibung, erarbeitet von einem Arbeitskreis mit Werbegemeinschaft, Verkehrsverein, Kultur, Tourismus, Wirtschaft und Politik. Schwerpunkte sind zum Beispiel die Netzwerkarbeit und das Geben von Impulsen. Auch das Leerstandsmanagement hat einen hohen Anteil. Die MSP-Expo fällt auch in meine Zuständigkeit.
Wie fällt Ihre Bestandsanalyse zu Lohr aus?
Neubauer: Lohr steht momentan noch gut da. Aber es gibt Aspekte, bei denen man jetzt anfangen muss zu handeln, wenn es nicht in ein paar Jahren anders aussehen soll. Ich denke da beispielsweise an die Auswirkungen des Onlinehandels.
Wie kann der Einzelhandel einer kleinen Stadt wie Lohr sich gegen die Internetriesen behaupten?
Neubauer: Da bin ich schon zuversichtlich. Der Einzelhandel hat den Vorteil, dass er mit der Innenstadt eine Aufenthaltsqualität bietet. Lohr ist groß genug, dass zahlreiche starke Akteure da sind, andererseits klein genug, dass diese Akteure gut zusammenarbeiten können. So kann es gelingen, die Innenstadt dauerhaft attraktiv zu halten.
Noch gibt es vergleichsweise wenig Leerstand in der Innenstadt. Könnte sich das ändern?
Neubauer: Meine Hoffnung ist groß, dass es sich nicht ins Negative entwickeln wird. Es wurde schon in der Vergangenheit viel dafür getan, dass die Lohrer Innenstadt sehr belebt und aktiv ist. Diese Arbeit wird nicht weniger werden.
Gibt es etwas, was Sie in Lohr stört?
Neubauer: Was ich gerne ändern würde, ist die Skepsis vieler Bürger gegenüber Neuem und manchem Vorhandenem. Lohr ist eine sehr lebenswerte Stadt mit viel Positivem. Das wird manchmal nicht so richtig wahrgenommen.
Wie wollen Sie das ändern?
Neubauer: Ich werde versuchen, viel mit den Menschen zu sprechen. Und vielleicht hilft es auch, wenn sie Erfolge sehen.
Wann werden Sie fertig sein mit dem Lohrer Citymanagement?
Neubauer: Das ist eine Daueraufgabe. Meine Stelle ist zunächst auf drei Jahre befristet. In dieser Zeit soll eine tragfähige, langfristige Struktur für Standortförderung und Citymanagement erarbeitet werden. Ich habe nicht vor, danach aufzuhören.
Woran wollen Sie sich als Citymanagerin messen lassen?
Neubauer: Das ist schwierig. Vieles, von dem, was ich erreichen kann, wird nicht alleine auf meine Arbeit zurückzuführen sein. Ich werde immer mit Partnern zusammenarbeiten. Vielleicht lässt sich der Erfolg meiner Arbeit am ehesten daran messen, wie es um das Wir-Gefühl in der Stadt bestellt ist, um die Identifikation mit ihr. Ich will erreichen, dass die Menschen und Unternehmen das Gefühl haben, dass da jemand da ist, an den sie sich jederzeit mit Problemen und Ideen wenden können. Dieses Gefühl ist natürlich schwer zu messen. Wahrscheinlich würde man es in Lohr stärker merken, wenn zehn Jahre vergangen wären, ohne dass es ein Citymanagent gegeben hätte.