
Der Auftrag lautet: vermisste Person finden. Das Einsatzfahrzeug der Rettungshundestaffel fährt nach Karlstadt und parkt in einer kleinen Nebenstraße. Eine 9-jährige Hündin hüpft aufgeregt aus dem Fahrzeug und bekommt ein Halsband von ihrer Führerin umgehängt. Nach kurzem Fußmarsch erreichen sie den letzten bekannten Aufenthaltsort der vermissten Person. So könnte auch ein realer Auftrag für die Rettungshundestaffel des Bezirksverbandes Unterfranken aussehen, doch heute proben sie nur für den Ernstfall.

Auf dem Gelände der Firma BERGER Rohstoffe GmbH in Steinfeld fand kürzlich die Einsatzübung der Rettungshunde des Bezirksverbandes Unterfranken statt. Ein solches Treffen gibt es alle zwei Jahre, diesmal richtete die Rettungshundestaffel Main-Spessart unter der Leitung von Stefan Weber (Kreisfachdienstleiter Rettungshund) die Übung aus.
Wind und Wetter tragen Gerüche weiter
Die Einsatzkräfte werden zunächst registriert und in die Suchgebiete eingeteilt. Dann geht es für die Teams los. Die 9-jährige Hündin läuft erstmal etwas herum, damit sie die Umgebung ohne einen vorgegebenen Geruch wahrnehmen kann. Dann legt ihre Besitzerin ihr ein "Arbeitshalsband" an. Dieses Band signalisiert der Hündin, dass sie einen Auftrag zu erledigen hat und jetzt nicht gespielt wird.

Eine Helferin reicht der Führerin die Box mit dem Geruchsköder. Diesen hält sie der Hündin an einer Mauer vor, um so keine Richtung vorzugeben. Die Hündin nimmt den Geruch mit ihrem hochsensiblen Sinn auf und ist jetzt voll darauf konzentriert, diese Spur aufzuspüren und zu verfolgen. Sie läuft an Kreuzungen immer erst ein Stück in die Straße, bis sie den Geruch in der richtigen Straße auffindet und dann dort weiterverfolgt.
Einmal läuft sie in die falsche Richtung, die Spur verliert sich. Prompt dreht sie wieder um und nimmt die Fährte erneut auf. Durch Wind und Wetter können Gerüche davon getragen werden und so den Hund irreführen, erklärt Nicola Ullmann, stellvertretende Bezirksfachdienstleiterin und Bezirkslehrgruppensprecherin.
Zur Belohnung gibt es Frischkäse
Die Besitzerin hängt die Leine auf das andere Halsband um. Sobald die Hündin nicht mehr am Arbeitshalsband ist, weiß sie, jetzt ist Pause. Zeit zum Trinken und Herunterkommen. Auch liebevolle Streicheleinheiten gehören dazu und beruhigen. Wieder am Arbeitshalsband angeleint und auf der richtigen Fährte, ist es gar nicht mehr weit.

Obwohl viele Menschen in einem Café sitzen, läuft die Hündin fokussiert hinein und geht direkt zu einem Tisch hinten, an dem die vermisste Person sitzt. Als Belohnung gibt es ihr Lieblingsessen: Frischkäse. Diese Art von Vermisstensuche wird als Trail bezeichnet. Hierbei suchen Hunde gezielt nach einer Person anhand von dem Individualgeruch.
Ein Rettungshund wird immer von zwei Menschen begleitet, um die Sicherheit zu gewährleisten. Dieses Team besteht aus dem Hundeführer, welcher regelmäßig mit dem Hund trainiert, und einem zugewiesenen Helfer, welcher unterstützt und zuarbeitet. Hund und Hundeführer gehören hierbei fest zusammen, während die Kombination von Führer und Helfer variieren kann, je nachdem, wer am Einsatz beteiligt ist. Rettungskräfte mit weniger Erfahrung profitieren hier von der Zusammenarbeit mit langjährigen Rettungshundebesitzern. Wenn ein Hund eine Pause braucht und der nächste Hund sucht, ändert sich die Rollenverteilung. Die Rolle des Helfers übernimmt jetzt der Hundeführer, dessen Hund pausiert.
Hunde suchen auch großflächig
Mit dem Einsatzfahrzeug geht es weiter in ein Waldgebiet oberhalb von Laudenbach. Hier sind mehrere Hunde vor Ort und es läuft eine sogenannte Flächensuche. Der Arbeitsauftrag der Hunde lautet: Menschen finden. Die Hunde suchen anders als beim Trail nicht nach einer bestimmten Person, sondern generell nach Menschen.
Der Hundeführer legt seinem Hund eine Rettungsdecke mit Glöckchen auf. Hiermit ist dieser zu hören im Gebiet und für den Hund selbst ist es das Signal: Das ist jetzt ein Arbeitsauftrag. Die Teams haben Karten mit GPS-Daten auf dem Handy. Hierbei hat jedes Team sein Areal abzusuchen. Während der eine Hund erst etwas animiert werden muss, ist der nächste Rettungshund schon Feuer und Flamme und schießt durch den Wald.

Findet der Hund einen Menschen, bleibt er bei ihm stehen und "verbellt". Das heißt, er bellt so lange, bis der Besitzer dort angelangt ist. Oder der Hund ist ein "Rückverweiser", der zum Besitzer zurückläuft und anzeigt, dass er jemand gefunden hat und seinem Hundeführer den Weg zur Fundstelle zeigt. Da der Hund auch hier große Gebiete absucht, arbeiten die Hundeführer mit Hilfsmitteln. Anhand von Babypuder, das in die Luft gebracht wird, erkennen sie die Windrichtung. Um Fläche und somit Zeit zu sparen, begeben sie sich an das Ende des abzusuchenden Areals und schicken den Hund entgegen der Windrichtung los, weil ihm so Gerüche zugetragen werden.
Einsatz kann für Hunde gefährlich sein
Ein Hund sucht immer nur in einer Sparte. Diese sind Trail, Fläche oder Trümmer. Die letzte Fahrt bringt die Einsatzteams zurück nach Steinfeld, wo sich auf dem großen Gelände der Firma einige Menschen versteckt haben. Die Hunde in der Trümmersuche sollen gezielt Menschen aufspüren, die verschüttet oder eingeschlossen sind. Im Gegensatz zur Flächensuche ist die Trümmersuche gefährlicher.

In diesem Gebiet gibt es steile Abhänge und unbefestigte Areale, an denen ein Hund schnell abrutschen kann. Die Hunde tragen hierbei auch keine Kenndecke, damit sie nirgends hängen bleiben. Der Hundeführer trägt spezielle Kleidung und einen Helm. Der Hund erkennt dadurch diesen Arbeitseinsatz.
Eine traurige Gewissheit müssen Hundeführerinnen und Hundeführer dabei immer im Hinterkopf behalten: Nicola Ullmann erklärt: "Wer seinen Hund in die Trümmersuche schickt, muss leider damit rechnen, dass der Hund zu Tode kommen kann." Nicht nur die Hunde und ihre Führer haben hier Arbeit zu leisten, sondern auch die Helfer, welche sich versteckt haben. Wenn man lange unter einem Steinhaufen liegt, freut man sich sehr, endlich gefunden zu werden.
Gegen 14 Uhr endet die Suche der verschiedenen Sparten und es finden sich alle im Bereitstellungsraum zusammen, wo es diverse Ansprachen und Reden gibt. Abgeschlossen wird dieser ereignisreiche Tag durch ein gemeinsames Beieinander mit Essen und Trinken.