
Viele strahlende Gesichter gab es bei den Siegern und Platzierten des zweiten Paracanoeing-Kanuwettbewerbs des Kanu- und Skiclub Gemünden (KSC) am vorigen Wochenende zu sehen. Doch zwei junge Sportler übertrafen mit ihrer Freude das Strahlen der anderen um ein Vielfaches: Matti Wetzel von der WSG Kleinheubach und Maximilian Jäger vom KSC Gemünden. Die beiden Zwölfjährigen haben nicht nur die Herzen der Zuschauer im Nu erobert, beide sind auch Hoffnungsträger für kommende Paralympics-Wettbewerbe, die Olympischen Spiele für Menschen mit Behinderung.
Maximilian Jäger startete im Kanu für den KSC Gemünden, und war damit Lokalmatador – auch wenn er in Bad Brückenau wohnt. Eigentlich ist der Wassersport nur seine zweite große Leidenschaft. Die erste gilt dem Skifahren. Der Junge hat noch vor seiner Geburt im Mutterleib einen Schlaganfall erlitten. Linksseitig ist Maximilian gelähmt und leidet unter Spastik und Sensibilitätsstörungen. Das hindert ihn aber nicht, seinen geliebten Sport auszuüben. Drei Mal in der Woche ist er während der Sommermonate mit seinem Kanu auf dem Wasser zu finden.
Doch damit wird schon bald Schluss sein. „Im Oktober beginnt bereits das Training auf dem Gletscher“, berichtet sein Vater Thomas Jäger. Die Parade-Sportart ist das Skifahren. Hier gehört Maximilian zum fünfköpfigen Landeskader. Bei den Bayerischen Meisterschaften 2011 kam er auf der „Götschen-Abfahrt“ bei Berchtesgaden auf den dritten und im Slalom auf den vierten Platz.
Von der Rhön nach Pyeongchang
Im Alter von fünf Jahren stand der Junge aus der Rhön zum ersten Mal auf Skiern. Bei einem Sichtungslehrgang im Herbst 2010 fiel er der Nationaltrainerin für die paralympische A-Mannschaft auf. Weil seine linke Hand nicht richtig greifen kann, ist Maximilian als Einstockfahrer unterwegs. Beim Kanu kompensiert er das Handicap durch Kraft, die aus der Schulter kommt. Sein großer Traum ist die Teilnahme an den Paralympics 2018 in Pyeongchang im Slalom und im Riesenslalom.
Maximilian Jäger besucht eine Schule für Kinder mit körperlichen Behinderungen in Schonungen. Um Sport und Schule besser zu verknüpfen, möchte er auf ein speziell eingerichtetes Gymnasium in München wechseln. „Der Bezirk Unterfranken hat aber die Übernahme der Kosten dafür abgelehnt“, zeigte sich Thomas Jäger am Rande des Kanuwettbewerbs in Gemünden. Er will weiter für seinen Sohn kämpfen, um ihm den Schulbesuch zu ermöglichen.
Im Kanu nach Rio
Ebenfalls ein Kandidat für die Paralympics ist der zwölfjährige Matti Wetzel aus Kleinheubach. Im Gegensatz zu Maximilian Jäger hat er sich völlig dem Kanusport verschrieben. Deshalb ist sein Augenmerk schon auf die Paralympischen Sommerspiele 2016 gerichtet, die in Rio de Janeiro ausgetragen werden. Hier werden zum ersten Mal überhaupt Kanu-Wettbewerbe ins olympische Programm aufgenommen – für Matti Wetzel eine enorme Motivation. Darum will er bis dann noch viele Kilometer auf dem Wasser zurücklegen.
Weil Matti Wetzel seit seiner Geburt an einer Lähmung leidet, sollte er eine Förderschule für Behinderte besuchen. Stattdessen hatten sich seine Eltern für eine „normale Schule“, die Grundschule in Kleinheubach entschieden. Sehr gute Noten bestätigten, dass das die richtige Entscheidung war. Und mit seinen sehr guten Noten kann Matti nun auch auf das Johannes-Butzbach-Gymnasium in Miltenberg gehen.
Matti Wetzel leidet unter einer Tetrazerebralparese, bei der alle vier Gliedmaßen in ihren motorischen Fähigkeiten eingeschränkt sind. Menschen mit Zerebralparese können ihre Muskeln nicht vollständig kontrollieren, wodurch die Betroffenen fast immer auf einen Rollstuhl angewiesen sind.