Walter Münch (52) scheut sich nicht zu sagen: "Ich habe als Bauhelfer begonnen." Aber was er daraus gemacht hat, dafür braucht's Köpfchen. Er hat ein Patent angemeldet und drei seiner Entwicklungen genießen Gebrauchsmusterschutz. Er hat 2002 ein Unternehmen gegründet und ist dessen Geschäftsführer. In seinem besten Jahr hat dieses Unternehmen 20 Millionen Euro Umsatz gemacht und ist inzwischen international tätig – bis nach Durban, Katar und Mexiko.
Genau genommen ist Walter Münch zur Hälfte beteiligt an der DMI-Gruppe. Die andere Hälfte gehört der niederländischen Bau Strukton International. DMI steht für D = niederländische Tauchfirma DCN, M= Münch, I = Injektion. Das Unternehmen hat sich darauf spezialisiert, Baugruben, die ins Grundwasser reichen, dicht zu bekommen. Dasselbe gilt für Tunnelbauwerke. Und inzwischen reicht die Palette deutlich weiter: So hat DMI dafür gesorgt, dass die Friedrichswerdersche Kirche in Berlin nicht abgerissen werden musste.
Kirche hatte sich einseitig gesenkt
Das von Karl Friedrich Schinkel geplante und 1831 fertiggestellte neugotische Bauwerk war gefährdet, nachdem in der direkten Nachbarschaft Baugruben ausgehoben worden waren. Die Kirche war auf einer Seite bis zu zwei Zentimeter abgesackt. "Es hatten sich bis zu fünf Zentimeter breite Risse gebildet", schildert Münch.
Auf dieser Problemseite wurden mehr als 400 Löcher bis zu einer Tiefe von zehn Metern leicht schräg unter die Kirchenpfeiler in den Untergrund gebohrt und mit Zementemulsion verpresst. Dabei kam das Gebäude dort wieder hoch. Bei diesen Bohrungen durften maximal zwei Millimeter große Setzungen entstehen. Mit der von Walter Münch entwickelten Technik betrugen die Setzungen weniger als 0,4 Millimeter! Und auch komplette Bahnbrücken, wie zum Beispiel an der Neubaustrecke Erfurt-Coburg, oder Schleusen wurden durch die DMI mit Injektionstechnik bis zu zehn Zentimeter angehoben.
Baugruben im Grundwasser
Eine klassische Aufgabe für das Unternehmen ist die Abdichtung von Baugruben. Damit ist die DMI auch groß geworden. Mitten im Bauboom am Potsdamer Platz in Berlin hatte sich Münch selbstständig gemacht, nachdem er vorher für verschiedene Baufirmen tätig war. Bei GBS, einer Firma für Spezialtiefbau und Injektionen, war er zuvor Polier und dann Bauleiter. Der Geschäftsführer des holländischen Tauchunternehmens DCN war auf ihn zugegangen. Gemeinsam gründeten sie die neue Firma "per Handschlag in der Kneipe ,Hasenstall' auf dem Ku'damm".
Um eine Baugrube im Grundwasser zu errichten, wird zunächst ein schmaler Graben rundherum gezogen und eine temporäre Betonwand gegossen. Wenn der Aushub in der Mitte getätigt ist, wird die Bodenplatte betoniert. Das funktioniert auch unter Wasser, sofern der Rüssel der Betonpumpe direkt auf den Boden reicht. "Andernfalls würde es den Zement ausschwemmen", erklärt Münch.
"Wir haben häufig Mängel behoben", berichtet der Schwebenrieder. Wenn irgendwo ein Leck ist und Wasser eindringt, können das Taucher der DMI mit Zweikomponenten-Polyurethan (PU) verschließen. Der Kunststoff härtet in Sekundenschnelle unter Wasser aus. Auch Feinstzement, elastisches Acrylgel und festes Acrylatgel kommen bei verschiedenen Anwendungen zum Einsatz. Das Unternehmen verfügt über 30 Transporter und 40 Havariecontainer, die unter anderem mit Bohrmaschinen, Havarieblechen, Sandsäcken, Pumpen und Injektionsmaterial ausgestattet sind. Diese werden bei vielen kritischen Baustellen vom Kunden vorsorglich vorgehalten, damit bei Wassereinbrüchen schnell reagiert werden kann.
Probleme gleich nach der Gründung
Der Anfang sei schwer gewesen. "Ich habe mein ganzes Privatvermögen eingesetzt, und der erste Kunde hat gleich nicht bezahlt." Doch die Zulieferer kannten Münch und versorgten ihn trotz leerer Kasse. In der Anfangsphase kamen auch viele Aufträge aus Holland, zum Beispiel für die Hochgeschwindigkeitsbahnstrecken HSL 1 und HSL 4 von Rotterdam ins Ruhrgebiet. Der erste Auftrag mit einem Volumen von mehr als einer Million Euro war der 1070 Meter lange Dölzschener Tunnel und der 2350 Meter lange Coschützer Tunnel. Beide unterqueren Dresdner Stadtteile. Münch: "An der Decke gab es Leckstellen, an denen sich Eiszapfen bildeten. Dann mussten sie abgeschlagen und die Autobahn A 17 dafür gesperrt werden." DMI dichtete die Leckstellen ab.
DMI ist auch immer dann gefragt, wenn der Boden oder das "Gebirge", wie die Tunnelbauer oder Bergleute sagen, klüftig und zu wenig tragfähig ist. Dann wird oft eine Zementemulsion oder ein Kunststoff hineingepresst. Oder für den Bau von Querverbindungen wird das Gebirge zwischen zwei Tunnelröhren vereist, damit es während des Vortriebs stabil ist. Für solche engen Tunnelröhren hat die DMI ein spezielles Bohrgerät konzipiert.
Die Liste der DMI-Baustellen ist lang. Das Unternehmen ist inzwischen in dieser Sparte führend in Deutschland. Derzeit ist Stuttgart 21 eine der großen Baustellen. Für die Bahn hat Walter Münch ein Verfahren entwickelt, bei dem der Baustaub auf Neubaustrecken mit einem Bindemittel namens „Dust Control 150“ gebunden wird. "Ohne diese Technik ist es schon dazu gekommen, dass der Staub im Sog des Hecks angezogen wurde. Der Zug hat dann von hinten ausgesehen wie nach dem Sandstrahlen." Und es kam vor, dass bei Testfahrten die Signaltechnik durch die Verschmutzung kaputtging.
In Katar und Mexiko
Inzwischen hat die DMI an der Untertunnelung des Suezkanals in Ägypten mitgewirkt und war in Katar beim Bau der Metro von Doha für die WM 2022 aktiv. Am weitesten entfernt ist eine kleinere Baustelle in Mexiko. Dennoch ist Walter Münch Schwebenried treu geblieben. 2017 ist an der Straße nach Kaisten eine 700 Quadratmeter große Halle mit 450 Quadratmeter großen Büro- und Sozialräumen für die DMI Spezialinjektionen Süd GmbH fertig geworden.
Walter Münchs Frau Petra hat in Schwebenried im selben Gebäude eine Firma für die Herstellung von Injektionsschläuchen. Beim Abbinden von Beton entstehen Fugen, zum Beispiel zwischen Bodenplatte und Wand. Die Schläuche werden vorher untergelegt und nach dem Abbinden mit einer dauerelastischen Masse verpresst. Diese quillt durch kleine Austrittsöffnungen heraus. Auch Sohn Sebastian (29) ist in das Unternehmen eingebunden - derzeit in der Funktion als Bauleiter. Sohn Manuel (23) studiert Politikwissenschaft.