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Wiesthal
Spessartnatur als Weihnachtsgeschenk?
Autor Klaus Kittel beim Absuchen einer alten Mauer nach Weichtieren.
Foto: Theresia Kittel | Autor Klaus Kittel beim Absuchen einer alten Mauer nach Weichtieren.
Ernst Dürr
Ernst Dürr
 |  aktualisiert: 17.12.2021 02:23 Uhr

Rechtzeitig vor Weihnachten ist als mögliches Präsent für Heimat- und Naturfreunde ein großformatiger Bildband eines Autors aus Main-Spessart. Klaus Kittel aus Wiesthal ist der Autor von "Weichtiere des Spessarts und des angrenzenden Mains". Weichtiere sind ja eher eine Tiergruppe, die wir normalerweise ignorieren, häufig aber sogar als Schädlinge verfolgen. Eine Schnecke im Salat wird schließlich nicht gern gesehen.

Der pensionierte Lehrer Klaus Kittel aus Wiesthal bei Lohr ist dagegen von Mollusken fasziniert. Geboren 1950, beschäftigt er sich seit seiner Kindheit mit Schnecken und Muscheln. So entstanden nahezu 100 wissenschaftliche Publikationen in verschiedenen Fachzeitschriften zur Thematik Schnecken und Muscheln.

Über 35 Jahre lang unterrichtete der Autor an der Volksschule in Heigenbrücken im Landkreis Aschaffenburg im Spessart. In seinem aktuellen schwergewichtigen Werk hat er sich mit den 202 im Spessart vorkommenden Arten befasst und gemeinsam mit seiner Frau Theresia deren Lebensräume bereist, erforscht und kartiert.

Gefährdungsgrad und Lebensraum

Jede Art mit aktuellem oder vergangenem Vorkommen im Spessart wird im Buch in Wort und Bild vorgestellt. Der Leser erfährt die Größe der Tiere, Gefährdungsgrad, Lebensraum und lokale Verbreitung. Die gut lesbaren Texte enthüllen dabei manch Überraschendes über die auf den ersten Blick doch unscheinbaren Tierchen.

Geradezu wehmütig beschreibt Kittel die ehemaligen Vorkommen der Bundsandstein-Perlmuschel in den Spessartbächen, die heute leider komplett ausgestorben ist. Die Leser erfahren von der Verwendung der Roten Wegschnecke in der Volksmedizin, beispielsweise gegen Warzen, Hühneraugen, Sommersprossen oder Leberflecke. Sie lernen den sogenannten Polymorphismus bei Bänderschnecken kennen, was heißt, dass die Gehäusegrundfarben von gelblichweißlich über zitronengelb, rosa, rot und violett bis zu dunkelbraun variieren können und zusätzlich auch Zahl und Farben von Bändern auf dieser Basis wechseln.

Interessant ist sicher auch das Liebesleben der zwittrigen Tigerschnegel, bei denen sich der Akt mit Vor- und Nachspiel und gegenseitigem Belecken über mehrere Stunden hinzieht. Die Kittels suchten für den Nachweis der Arten gezielt verschiedene Lebensraumtypen in jedem einzelnen 210 gebildeten Messtischblattquadranten im gesamten 2194 Quadratkilometer umfassenden Untersuchungsgebiet Spessart ab.

Literaturbelege und Exponate

Dabei wurden Totholzstrukturen, Block- und Kalkschutthalden, Mauern, Felsen und Baumstämme abgesammelt. Gute Resultate erbrachten das Abklopfen von Heidelbeersträuchern, Farnen, Binsen und Hochstaudenfluren. Weiterhin wurden Querschnittsproben von Laubstreu, oberstem Mineralboden, Felsmulm und Gewässersubstraten gewonnen und einer Siebanalyse nach Kleinschnecken und Erbsenmuscheln mit verschiedenen Maschenweiten unterzogen. Nahezu alle gesammelten Schnecken und Muscheln wurden nach der Bestimmung wieder in ihren Habitaten ausgesetzt.

Neben der eigenen Erfassung der Weichtiere im Spessart wurden auch Literaturbelege und Sammlungsexponate von Museen sowie fossile Nachweise verwendet. Auch Gehäuse von Muscheln und Schnecken, die sich eingebettet im Sediment des Mains über längere Zeit erhalten haben, wurden berücksichtigt.

In seinem Werk geht Kittel neben den Lebensräumen Wald und Main auch auf besondere Biotope ein. Im Main-Spessart-Raum zählen dazu etwa die Naturschutzgebiete im Hochspessart, der Bocksberg bei Unterwittbach sowie die Feuchtwiesen an Sinn, Lohr, Aubach und Hafenlohrtal. Besondere Würdigung findet die Klingelbachschlucht bei Triefenstein, die von allen Schluchtwäldern im Spessart die mit Abstand reichste Weichtierfauna besitzt. Die Beschreibungen der Lebensräume machen Lust auf Ausflüge dorthin.

Klaus Kittel: "Weichtiere des Spessarts und des angrenzenden Mains", Herausgeber: Naturwissenschaftlicher Verein Aschaffenburg, 2021, 592 Seiten, 1398 Farbfotos, Format DIN A4, ISSN 0939-1944; 49,80 Euro

Die fotografische Dokumentation erfolgte in der Regel im jeweiligen Lebensraum der Tiere. Hier wird sie von Kittels Ehefrau Theresia bei Schnecken am Totholz vorgenommen.
Foto: Klaus Kittel | Die fotografische Dokumentation erfolgte in der Regel im jeweiligen Lebensraum der Tiere. Hier wird sie von Kittels Ehefrau Theresia bei Schnecken am Totholz vorgenommen.
Die Rote Wegschnecke wurde in der Volksmedizin gegen Warzen, Hühneraugen, Sommersprossen oder Leberflecke empfohlen.
Foto: Michael Kunkel | Die Rote Wegschnecke wurde in der Volksmedizin gegen Warzen, Hühneraugen, Sommersprossen oder Leberflecke empfohlen.
Bei der Hain-Bänderschnecke variiert die Gehäusegrundfarbe von gelblichweißlich über zitronengelb, rosa, rot und violett bis zu dunkelbraun. Zusätzlich können auch Zahl und Farben der Bänder wechseln.
Foto: Klaus Kittel | Bei der Hain-Bänderschnecke variiert die Gehäusegrundfarbe von gelblichweißlich über zitronengelb, rosa, rot und violett bis zu dunkelbraun. Zusätzlich können auch Zahl und Farben der Bänder wechseln.
Interessant ist das Liebesleben der zwittrigen Tigerschnegel, bei denen sich der Akt mit Vor- und Nachspiel und gegenseitigem Belecken über mehrere Stunden hinzieht.
Foto: Klaus Kittel | Interessant ist das Liebesleben der zwittrigen Tigerschnegel, bei denen sich der Akt mit Vor- und Nachspiel und gegenseitigem Belecken über mehrere Stunden hinzieht.
 
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