In völlig neuem Licht – und das auch im wörtlichen Sinne–präsentiert das Spessartmuseum im Lohrer Schloss Keramiken der Lohrer Künstlerkolonie Runa, der Marktheidenfelder Elton-Werke und des Gemündener Keramikers Josef Walter aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Wie Museumsleiterin Barbara Grimm bei einem Pressetermin erläuterte, werden die Keramiken in drei neuen, von Museumstechniker Andreas Eich gefertigten Vitrinen in der Keramikabteilung des Spessartmuseums im Schlosskeller präsentiert.
Ausgestattet sind die Vitrinen mit einem Unterbau, der als Depot für aktuell nicht ausgestellte Exponate dient, sowie mit moderner LED-Beleuchtung. Diese ermöglicht laut Eich eine gezieltere Beleuchtung einzelner Ausstellungsstücke, als dies mit den bisherigen Neonröhren möglich war. Außerdem sei das LED-Licht besser für lichtempfindliche Teile.
Dazu kommt laut Eich eine enorme Stromkostenersparnis von rund 800 Euro im Jahr alleine durch die drei mit LED-Technik ausgestatteten Vitrinen. Die Künstlerkolonie Runa mit dem Lohrer Ehepaar Alfred und Friederike Rexroth sowie den Schweizern Fritz Rackwitz, dessen Tochter Johanna Rackwitz, Gunhild Theberath und Horst Altfeld war im Waldhaus Rexroth angesiedelt und existierte von 1951 bis 1964. Das verbindende Element der Künstler war deren anthroposophische Weltanschauung.
Laut Grimm entstanden bei Runa Schmuck, Plastiken, Möbel und Bilder, aber die Gruppe veranstaltete auch Theatervorstellungen, Konzerte und wissenschaftliche Vorträge zum Thema anthroposophische Kunst. Die keramischen Produkte der Runa-Gruppe wurden zunächst von Hand modelliert und dann im Gießverfahren produziert. Die Töpferscheibe lehnten sie ab, weil diese nur die Herstellung einer Form mechanischen Charakters erlaube. Obwohl viele Arbeiten der Runa-Künstler sehr pflanzlich anmuten, haben sie keine konkreten Formenbeispiele aus der Natur zum Vorbild - sondern ausschließlich deren Kräfte.
Die Vermarktung lief über die Frankfurter Handwerksmesse zwei Mal jährlich, über Bosch Rexroth, den Lohrer Einzelhandel, Vertreter in Nürnberg und Frankfurt sowie über das Waldhaus Rexroth direkt.
In Vergessenheit geraten sind laut Grimm die Elton-Werke in Marktheidenfeld. Zunächst eröffneten die beiden Schlesier Reinhardt Gleisberg und Ernst Reckzeh 1947 zwar die Keramischen Werkstätten Lohr mit drei elektrischen Brennöfen an der Mittleren Schlossgasse. Als der Betrieb, der qualitätsvolles Gebrauchsgeschirr und Vasen herstellte, jedoch wuchs, und in Lohr kein größeres Gelände zur Verfügung stand, orientierte man sich nach außerhalb.
1949 kauften Gleisberg und Reckzeh einen ehemaligen Schweinestall an der Baumhofstraße in Marktheidenfeld, der der Stadt gehörte. Dort gründeten sie zusammen mit dem ebenfalls aus Schlesien stammenden Carl Friedrich Pfeifer die Elton-Werke. Elton ist die Abkürzung von Elektro-Ton und stand für kochfestes Geschirr, das auf dem E-Herd benutzt werden konnte.
1950 begann in den Elton-Werken die Herstellung von Sanitärkeramik, elektrischen Speicheröfen, Bunzlauer Gebrauchskeramik und Kunstkeramik; ein Jahr später setzte die Massenproduktion von Gebrauchsgeschirr ein. Bis zu 80 Menschen, meist aus den ehemaligen ostdeutschen Gebieten, fanden in den Elton-Werken Arbeit. Verkauft wurden die Erzeugnisse an Kaufhäuser im Ruhrgebiet, in Berlin, Belgien, Holland und Südamerika.
Als sich 1960 in Marktheidenfeld neue Betriebe der Elektro- und Baubranche ansiedelten, führte dies zu einer starken Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt und schließlich zur Unrentabilität und Schließung der Elton-Werke.
Allerdings wurde die Arbeit in der alten Fabrik nur wenige Wochen später wieder aufgenommen: von der neun Mitarbeiter zählenden Firma Spessart-Keramik mit Reinhardt Gleisberg als künstlerischem Leiter. Nach Kündigung des Mietvertrages wurde 1966 eine eigene Werkstatt gebaut, 1983 wurde der Firmenname in Spessart-Keramik Gleisberg GmbH geändert; die Leitung übernahm Gleisbergs Sohn Michael.
Ganz anders als die Elton-Werke arbeitete der aus dem Elsass stammende Keramiker Josef Walter (1892 bis 1979), der sich 1945 mit seiner Familie in Gemünden niederließ. Massenproduktion und Fließbandarbeit lehnte er stets ab. 1949 eröffnete er in der Nähe der ehemaligen Glashütte eine Werkstatt mit Holzbrennofen, die er bis 1971 betrieb. Aus Wernfelder Ton schuf er Kannen, Schalen, Vasen, Tassen und Teller. Die Motive schöpfte er hauptsächlich aus dem Bereich der modernen, der traditionellen sowie der bäuerlichen Keramik. Aber auch Szenen mit Menschen und Tieren oder Gemündener Landschaftsmotive gehörten dazu.