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AURA
Spessarthof: Schaubrennen für Besucher
Roland Bauernschubert
 |  aktualisiert: 03.12.2019 08:50 Uhr

Nach fast 100-jähriger Geschichte endet das deutsche Branntweinmonopol am 31. Dezember 2017 endgültig. Kaiser Wilhelm II. hatte im Juli 1918 das Branntweinmonopolgesetz noch unterzeichnet, das fortan tausenden kleinen Obstbrennereien als Geschäftsgrundlage diente.

Sichert das Gesetz den Brennereien doch bis heute zu, dass sie erzeugten Rohalkohol deutlich über Marktpreis an das Branntweinmonopol abgeben können und so von staatlichen Subventionen profitieren. Befürworter des Branntweinmonopols sehen darin eine wichtige Unterstützung für den Erhalt traditioneller Familienbetriebe, für die Fortführung jahrhundertealter Brenn-Brauchtums und vor allem für den Fortbestand von Streuobstwiesen und deren Pflege. Mit dem Wegfall des Monopols und der damit verbundenen Einnahmen dürfte für viele Obstbrennereien das Brennhandwerk und die Bewirtschaftung ihrer Obstwiesen nicht mehr rentabel zu machen sein.

Wie geht es weiter?

Auch für den Spessarthof in Aura, bekannt für seine Obst- und Edelbrände, stellt sich die Frage, wie der Hof ab 2017 weiter am Markt bestehen kann. Deshalb investieren Günther und Andrea Jeckel gerade jetzt in eine neue Schaubrennerei. Besonders weil mit Tochter Magdalena bereits die nächste Generation am Spessarthof die Begeisterung für das Destillieren feiner Brände für sich entdeckt hat.

Zusammen mit ihrer Mutter Andrea wird die 23-Jährige einen Lehrgang für Klein- und Obstbrenner der Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) in Deutenkofen (Landkreis Landshut) beginnen. Nach zwei Jahren wollen Magdalena und Andrea Jeckel dann ihre Urkunden als staatlich geprüfte Brennerinnen in Händen halten.

Investition in Schauanlage

Sichtbares Zeichen für die Zuversicht der Jeckels, dass auch in Zukunft edle Brände eine große Bedeutung im Spezialitäten-Angebot ihres Familienbetriebes haben werden, ist die Investition in eine neue Arnold-Holstein-Schaubrennerei. Dabei handelt es sich um eine Hochleistungs-Wasserbad-Brennereianlage mit 150 Litern Füllinhalt, beleuchtetem Schauglas in der Brennblase, drei beleuchteten Glockenböden und Röhrendephlegmator.

Das Besondere an der Anlage ist der Katalysator aus reinstem Kupfer mit Lamellentechnik. Die damit verbundene Oberflächenvergrößerung bindet wirksam die unerwünschten Cyanide und Ethylcarbonate.

So viel zur Technik der Anlage. Für die Kunden, die ihren Gaumen mit den Edelbränden vom Spessarthof verwöhnen wollen, dürfte vor allem wichtig sein, was am Ende der Anlage herauskommt und nach der nötigen Reife seine volle Qualität entwickelt. So wie beispielsweise der Kirschbrand, für den der Spessarthof bei der Prämierung der besten fränkischen Destillateure im November in Würzburg mit Gold ausgezeichnet wurde (wir berichteten).

In den letzten Dezembertagen wird die neue Brennerei auch weiter auf Hochtouren laufen. Sie wird heuer noch Williams-Christ-Birnenbrand, Mirabellenbrand, Zwetschgenbrand, Marillenbrand und Apfelbrand hervorbringen. Eine Spezialität ist in diesem Jahr der Tresterbrand aus Spätburgunder-Weintrauben, besser bekannt als italienischer Grappa.

Branntweinmonopolgesetz

Die Bundesmonopolverwaltung für Branntwein (BfB) besteht seit mehr als 80 Jahren. Kaiser Wilhelm II. unterzeichnete am 26. Juli 1918 das erste Branntweinmonopolgesetz, das am 1. Oktober 1919 in Kraft trat. Die schwierige Kassenlage des Deutschen Reiches führte 1921 zu maßgeblichen Gesetzesänderungen. Die Reichsregierung fasste das unübersichtlich gewordene Gesetz neu, das am 8. April 1922 verkündet wurde. Es bildet noch heute die Grundlage des deutschen Branntweinmonopols.

Zur kaufmännischen und verwaltungsmäßigen Umsetzung des Branntweinmonopolgesetzes wurde die Reichsmonopolverwaltung für Branntwein mit Hauptsitz in Berlin gegründet. Nach 1945 war die Verwaltung des Branntweinmonopols in Deutschland (West) zunächst Ländersache, bis das Gesetz von 1951 die BfB mit Sitz in Offenbach schuf.

Das Monopol subventionierte Brennereien über den staatlichen An- und Verkauf von Alkohol. Das Branntweinmonopol nahm ihnen Rohalkohol über Marktpreis ab. Nach Reinigung und Veredlung wurde der Alkohol zum Marktpreis verkauft. Der EU war die deutsche Sonderförderung schon lange ein Dorn im Auge. Denn das Wettbewerbsrecht verbietet die dauerhafte staatliche Stützung von Agrarprodukten, zu denen auch Alkohol zählt.

Deshalb setzte 1976 eine internationale Entwicklung ein: Der Europäischen Gerichtshof erließ Entscheidungen, die eine Umformung des deutschen Branntweinmonopols zur Folge hatten. Seit 1. Januar 2011 gilt die EU-Branntweinmonopol-Verlängerungsverordnung, die im Wesentlichen die Abschaffung des Monopols und damit die staatliche Subvention in Stufen vorsieht. Am 21. März 2013 hat der Deutsche Bundestag das Branntweinmonopol für rund 20 000 Klein- und Obstbrennereien mit Wirkung zum Ende des Jahres 2017 abgeschafft. Quelle: BfB/Die Welt

 
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