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ZELLINGEN
Spekulationen mit hohem Lustgewinn
Wein und Liebe: Einen kurzweiligen und anspruchsvollen Leseabend erlebten rund 40 Besucher mit Ingo Klünder im Zellinger Torturm.
Foto: G. Roth | Wein und Liebe: Einen kurzweiligen und anspruchsvollen Leseabend erlebten rund 40 Besucher mit Ingo Klünder im Zellinger Torturm.
Günter Roth
 |  aktualisiert: 11.12.2019 18:59 Uhr

Einmal mehr ist des dem Kulturverein Zellingen gelungen, aus ihrem alten Torturm einen Treffpunkt anspruchsvoller Kleinkunst zu machen. Der bekannte Schauspieler Ingo Klünder und das hervorragende Duo „Save Tonight“ gestalteten gemeinsam einen prickelnden Lese- und Musikabend.

Mit Lyrik und Prosa über schmerzhafte, aufopfernde, geheimnisvolle und zärtliche Liebe, voll Lust und Leidenschaft, aber auch mit derben Ausdrücken sowie einer tüchtigen Portion von Ironie bis Sarkasmus, spannte Klünder in gut zwei Stunden einen reizvollen Bogen von den Höhen bis zu den Abgründen dieser wohl stärksten und gleichzeitig ambivalentesten Kraft zwischen Mann und Frau.

Das wehmütige, anrührende Märchen „Die Rose und die Nachtigall“ von Oscar Wilde zeigt mit eindrucksvollen Bildern diese Spannung zwischen der das Herzblut opfernden bedingungslosen Liebe, der belanglosen Liebelei – „Liebe ist unpraktisch, Logik ist besser“ – und der bloßen schnippischen Selbstverliebtheit. Und wenn auch in Wildes Märchen die mit dem Leben erkaufte rote Rose im Dreck landet, gibt es doch das Bild von der Liebe, „die auch im Grab nicht stirbt“.

Wehmut schwingt auch in Hermann Hesses Gedicht mit: „einmal noch ... dann soll der Tod mich holen“.

Ganz offensichtlich fällt es auch den großen Poeten leichter, sich dem Thema Liebe mit Ironie oder Derbheit zu nähern – womöglich weil sie Angst vor dem Kitsch haben. Wolf Biermanns Erinnerungen an die „Beißwütige Barbara und die sanfte Marie“ oder Bert Brecht „Vitalität“ und seine Sonette von erscheinen drastisch und unverblümt sowohl in Wort- und Bildwahl. „Aus dem Schmatzkästlein des schweinischen Hausfreundes“ plaudert F. W. Bernstein von der Körperbauspekulation über spezielle libidinös besetzte Stellen die hohen Lustgewinn bringen.

Doch hier zeigt Ingo Klünder Professionalität sowie Fingerspitzengefühl, Peinlichkeit und Widerwillen kommen dabei nicht auf.

Meister der Satire auch in puncto Liebe sind Erich Kästner (Konferenz am Bett), Christian Fürchtegott Gellert (Die glückliche Ehe), Friedrich Rückert („Der gescheiterte Kuss) und nicht zuletzt Kurt Tucholsky, der in „Danach“ die Liebe zweier Menschen auf verbrannte Milch und Langeweile reduziert.

Den Altmeister Goethe ließ Klünder nicht so sehr in seinen ungeschlachten Texten zur Liebe aus den jungen Jahre zu Wort kommen, vielmehr durfte der Dichterfürst den zweiten Teil des Themenabends „Liebe und Wein“ mit seinen starken Sätzen begründen: „Jugend ist Trunkenheit ohne Wein“. Eine spritzige Geschichte erzählte von den in Champagnerflaschen eingesperrten Teufel.

„Es ist, was es ist, sagt die Liebe“

Anrührend begann Ingo Klünders Leseabend und endete auch so mit Erich Frieds Gedicht „Es ist, was es ist, sagt die Liebe“.

Ingrid Sperber, die Vorsitzende des Zellinger Kulturvereins hatte aber auch mit der Auswahl der musikalischen Begleitung ein gutes Händchen. Das Duo „Save Tonight“ unterhielt mit wunderschönen Liebesliedern, Balladen und bestem Blues und machte dabei insgesamt Lust darauf, sie bald wieder an anderer Stelle hören zu dürfen.

Für eine zusätzliche pikante Bereicherung des Leseabends in der Glockenstube waren hier auch erotische Bilder von Manfred Pöpl zu sehen. Der Gambacher Künstler hatte hier bis vor kurzem eine große Ausstellung (wir berichteten).

 
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