Mit auf eine 90-minütige Reise in die Burgenlandschaft des Spessarts hat der Archäologe Harald Rosmanitz die 58 Zuhörer im Sitzungssaal des Rathauses in Partenstein am Mittwochabend genommen. Seinen Vortrag gestaltete er anschaulich, mit rund 180 Bildern unterlegt, kurzweilig und spannend. Das Mittelalter wurde wieder lebendig.
In dem Jahr, in dem den Grafen von Rieneck im Spessartmuseum in Lohr eine eigene Ausstellung gewidmet wird, scheint es für Rosmanitz angebracht, ihren archäologischen Spuren nachzugehen, die sie in der Kulturlandschaft des östlichen Spessarts hinterlassen haben.
Herausragende Bedeutung
Der Burg Bartenstein kommt in der Expansionspolitik dieses Grafengeschlechts eine herausragende Bedeutung zu: »Mit dem Ausbau der Wehranlage zu einer kleinen, rechteckigen Burg wurde in Dimensionierung und Anordnung der Bauteile gleichsam eine Blaupause geschaffen, die man dann auf andere Neugründungen im Spessart konsequent übertrug. Die Burg Bartenstein fungierte damit als Impulsgeber für das Ausgreifen der Grafen von Rieneck.«
Letztere lag noch vor 14 Jahren verborgen unter der Erde. »Die Ergebnisse der Grabungen haben die Erwartungen weit übertroffen«, betonte der Archäologe, der in Partenstein heimisch geworden ist. Sie erforderten die Neuinterpretation der Schriftquellen zur Burg. Die Fundstücke zeichnen eine mittelalterliche und neuzeitliche Lebensrealität nach, die auch für den Forscher in vielen Bereichen noch Überraschungen bereithält.
Heute wird die auf dem Schlossberg thronende Burg als Wahrzeichen des Dorfes wahrgenommen. Deren begrenzte Ausgrabung hat generationsübergreifend Helfer in ihren Bann gezogen. Bei so manchem wurde das Geschichtsinteresse geweckt. Einige Studenten haben bei den Grabungskampagnen hier ihre Lehrzeit verbracht. Im Ort selbst gibt es allerdings auch ein paar Kritiker, die die archäologische Erforschung der Geschichte als Geldverschwendung ansehen.
Vor zwei Jahren endete auf dem Burgberg die Ausgrabungen. An diesem Tag bewegten die Archäologen und die ehrenamtlichen Helfer die vorläufig letzte Schaufel Erde. Das Areal hat sich seit 2003 kontinuierlich von einem grasbewachsenen Hügel zu einer weithin sichtbaren Burgruine gewandelt. Dabei gestaltet sich der Wiederaufbau der letzten freigelegten Mauerreste deutlich komplexer als ursprünglich angenommen. Vor allem bei der dringlichen Sanierung der freigelegten nördlichen Burgmauer ist seit zwei Jahren Stillstand eingekehrt. Dies liegt an der Zuständigkeit und Entscheidungskompetenz der Fachbehörden des Denkmalschutzes. Die Gemeinde hat schon lange einen Antrag für die Sanierung eingereicht, um die Mauer vor dem Verfall zu schützen. Nur schieben sich die Behörden den Ball hin und her.
Es ist in den letzten Jahren viel auf dem Schlossberg passiert. Jede Grabungskampagne für sich hatte ihre Besonderheiten. Die Freilegung des nördlichen Zwingers 2016/17 überraschte nicht nur mit unerwartet gut erhaltenem Mauerwerk: in den beiden letzten Grabungskampagnen konnte darüber hinaus den Anfängen der Burg auf den Grund gegangen werden. So gelang der Nachweis eines hochmittelalterlichen Wohnturms. Er stand an jener Stelle, an der sich ab der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts der Mainzer Bau im Westen des von der Ringmauer eingefassten Areals befand.
Zahlreiche Armbrustbolzen aus einer meterhohen Brandschicht liefern den Nachweis, dass die Inbesitznahme der Anlage durch die Herren von Hanau im Jahre 1333 nicht so friedlich verlief, wie die Urkunden erahnen lassen.
Über den Ausbau der und den Alltag auf der Burg geben zahllose Kleinfunde Auskunft. Eine beachtliche Anzahl von ihnen konnte zwischenzeitlich restauriert werden.
Verwaltungsmittelpunkt
Die Burg fungierte damals als Verwaltungsmittelpunkt der vielen benachbarten Glashütten. Mit der Verlagerung der Glasproduktion vom Spessart hin nach Böhmen verfiel auch die Burg immer mehr. Die Auflassung der Wehranlage in den 1630er Jahren steht am Schlusspunkt dieser Entwicklung. Ihrer Steine beraubt, blieb von der einstigen Höhenburg um 1900 nur noch ein kümmerlicher Mauerstumpf obertägig sichtbar.
Nun ist absehbar, dass der Besucher schon in wenigen Jahren eine Anlage betreten kann, die gemeinsam mit der Burg Rieneck und dem Kloster Elisabethenzell beeindruckende Eckpfeiler einer geschichtsträchtigen Region bildet. Rund um die Burgruine soll ein Archäopark entstehen.