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Gemünden
"Sommernachtstraum" auf der Gemündener Scherenburg: Was diese Festspiele so besonders macht
Eine bestens aufgelegte Schauspieltruppe, gemischt aus Profis und hochmotivierten Laiendarstellern auch spielt in diesem Sommer auf der Gemündener Scherenburg.
Shakespeares  'Ein Sommernachtstraum' ist ein Spiel im Spiel mit allerhand Waldwesen und mythischen Gestalten.
Foto: Silvia Gralla | Shakespeares  "Ein Sommernachtstraum" ist ein Spiel im Spiel mit allerhand Waldwesen und mythischen Gestalten.
Günter Roth
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:16 Uhr

Ein vergnüglicher, verrückter Tanz, immer auf der Grenze zwischen Fantasie und Wirklichkeit, zwischen Macht und Liebe, Zauberei und Intrigen. Dazu eine Portion Leichtigkeit und ein verschmitztes "Ätsch" - das ist William Shakespeares "Sommernachtstraum", den eine bestens aufgelegte Schauspieltruppe, gemischt aus Profis und hochmotivierten Laiendarstellern in diesem Sommer bei den Festspielen auf der Gemündener Scherenburg spielt. Premiere war am vergangenen Mittwoch.

Vielfach verwoben ist die Handlung: Zwei junge Liebespaare, die erst nach etlichen Wirrungen zueinander finden, ein athenischer Fürst, der zur Hochzeit lädt, und ein König des Waldes, Oberon, der im Rosenkrieg mit seiner Gemahlin Titiana, der Elfenkönigin, ist. Dazwischen Puck, treuer Diener Oberons, aber auch frecher Faun und Unruhestifter, der mal seine diabolische und dann wieder seine mitfühlende Seite zeigt.

Ein köstliches Wechselspiel an Emotionen, Attitüden und Physiognomien

Dazu kommt das "Spiel im Spiel", mit dem Shakespeare schon damals für Aufsehen sorgte: eine unsäglich stümperhafte Truppe aus Handwerkern will dem Fürsten zur Hochzeit ein Theaterstück aufführen. Das geht selbstverständlich schief. In schamlosem Selbstplagiat werden Versatzstücke aus "Romeo und Julia" gespielt, wobei die Balkonszene zum Liebesgeflüster durch eine Ritze in der Holzwand verkommt. Der bewusst inszenierte Klamauk erlebt jedoch seinen Höhepunkt in der ungeplanten Situationskomik, als die Helmzier des Möchtegernhelden unvermittelt abbricht und er diesen unwillig hinter die Bühne schleudert.

Dass es manchmal sprachlich auch derb und in der Handlung sogar anzüglich zur Sache geht - es ist halt Shakespeare im ausgehenden 16. Jahrhundert.
Foto: Silvia Gralla | Dass es manchmal sprachlich auch derb und in der Handlung sogar anzüglich zur Sache geht - es ist halt Shakespeare im ausgehenden 16. Jahrhundert.

Ein eindrucksvolles Duo sind Till Brinkmann als Oberon und Frank Habatsch als sein Alter Ego Puck. Zorn, Eitelkeit, Verzweiflung und Verlassenheitsängste verkörpert Brinkmann überzeugend. Stimm-Modulation, Mimik und Gestik beherrscht der Profi aufs allerbeste. Habatsch, als Puck verschlagen und unstet, ist weitaus mehr als der "Buffo", obwohl er dann doch danebengreift, wenn er den Zaubertrank dem Falschen verabreicht. Ein köstliches Wechselspiel an Emotionen, Attitüden und Physiognomien.

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Lea Clara Hofmann ist die selbstbewusste, launische und überhebliche Titiana. Sie wird durch den Zaubertrank ihres Gatten gedemütigt und letztendlich geläutert. Vierter im Bunde ist Zettel (Carsten Ceming), die Diva der Handwerkertruppe. Er will alle Rollen spielen und immer die Helden. Der Rest soll sich im Background aufstellen, denn das Licht gehört ihm. Er wird von Puck in einen Esel verwandelt und gemeinsam mit Titania geläutert. Dass es dabei manchmal sprachlich auch derb und in der Handlung sogar anzüglich zur Sache geht - es ist halt Shakespeare im ausgehenden 16. Jahrhundert.

Erfrischend, wie sich professionelle Artikulation mit dem heimischen Dialekt mischt

Das Besondere bei den Gemündener Scherenburgfestspielen ist die Mischung der Darsteller. Geschickt verknüpft Regisseur Dirk Waanders die Profis mit den Laien, obwohl viele von diesen wie Hannah Zänglein, Mathias Weis und Julia Rüfer schon einige Erfahrungen auf der Scherenburg gemacht haben. Erfrischend, wie sich da professionelle Artikulation mit dem heimischen Gemündener Dialekt mischt. Das bekommt man nirgends sonst so.

Wie gewohnt wird das Bühnenbild auf das Nötigste reduziert. Der Wald besteht aus fahrbaren grünen Säulen.
Foto: Silvia Gralla | Wie gewohnt wird das Bühnenbild auf das Nötigste reduziert. Der Wald besteht aus fahrbaren grünen Säulen.

Wie gewohnt wird das Bühnenbild auf das Nötigste reduziert. Der Wald besteht aus fahrbaren grünen Säulen, der Hintergrund ist ein Stahlgerüst, verkleidet mit halbdurchsichtigem, glitzerndem Organzastoff - minimalistisch, aber wirkungsvoll. Regisseur Waanders hat den ursprünglichen Duktus Shakespeares weitgehend beibehalten, vor allem dessen typische Reimformen. Das erschwert zwar manchmal das Verständnis, dient aber der Authentizität.

Natürlich sind auch die bekannten Zitate zu hören: "Well roar'd Lion" (Gut gebrüllt, Löwe). Fazit: "Hans kriegt sein Gretchen, jeder sein Mädchen, jeder seine Stut' - und alles wird gut". Und am Ende sinniert der düpierte Zettel "Ich hatte ‘nen Traum – ‘s geht über Menschenwitz, zu sagen, was es für ein Traum war." Eigentlich ganz klar: Es war der Sommernachtstraum!

Auf dem Spielplan bis 13. August. Über die Spieltermine des "Sommernachtstraums" und andere Aufführungen informiert die Webseite www.scherenburgfestspiele.de

 
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