Regelmäßig veranstaltet der Familienstützpunkt Gemünden Vortragsabende für Paare, Familien und Eltern. Aufgrund der aktuellen Corona-Situation wollte man auch hier neue – digitale – Wege gehen. Deshalb fand am Mittwochabend ein Online-Vortrag zum Thema "Lernen will gelernt" sein statt.
In der Ausschreibung wurde auch explizit die derzeitige Homeschooling-Situation erwähnt. Vielleicht war das mit ein Grund für die große Resonanz. Laut Kerstin Heim vom Familienstützpunkt Gemünden waren rund 70 Familien für den Online-Abend mit der Eichstätter Referentin Iris Kühnl angemeldet. "Wir überlegen, neben diversen anderen digitalen Angeboten, einen erneuten Abend mit Iris Kühnl zu veranstalten. Das Thema scheint momentan sehr viele zu beschäftigen", weiß Heim zu berichten.
Mehrere Ausbildungen
Iris Kühnl leitet in Eichstätt die Praxis "Learn & Relax" und bietet dort Lern- und Lebensberatung, Vorträge sowie Seminare an. Kühnls Vita liest sich beeindruckend. Von der Ernährungsberaterin über Heilpraktikerin für Psychotherapie bis hin zu Lehrerin für Grundschulen kann die Eichstätterin einige Ausbildungen vorweisen. Auf Online-Vortrag freute sie sich sehr, weiß sie doch, wie belastend die derzeitige Situation für viele Familien ist.
In einem ersten Exkurs, wie Lernen überhaupt funktioniert, gab sie wichtige Lerntricks. Lernen sollte Spaß machen, erst dann ist es wirklich nachhaltig. Auch erleichtern Rituale zum Lernstart das Lernen. Der wichtigste Lerntrick ist aber die Einbindung aller Sinne: Laut lesen ist besser als leise lesen, mit eigenen Worten erklären ist besser als Wiederholen fremder Worte. Auch seien Pausen sehr wichtig. Öfter kurz lernen ist effektiver als lange am Stück lernen. Diese konkreten Lerntipps wurden von den Eltern gerne aufgenommen.
Lernen zu Hause
Ein großer Bereich des Abends wurde natürlich dem Lernen zu Hause gewidmet. Die Medienkompetenz der Kinder müsse dazu geschult werden. Die Eltern sollten sich hier aber an bestimmte Richtlinien halten. Die Selbstdarstellung (Hintergrund, Videobild) sollte so gestaltet werden, dass sich das Kind damit wohlfühlt. Zur Mediennutzung gehöre aber auch der Abstand zu Medien. Keine Mediennutzung zwischen den einzelnen Lernsequenzen, sondern lieber für Bewegung und frische Luft sorgen. Hier mache es ganz klar die Mischung.
Immer wurde auch deutlich gemacht, dass das Lernen zu Hause für Schüler sehr anstrengend ist. Beim Lernen auf Distanz ist eine große Selbstständigkeit vom Kind gefordert. Iris Kühnl erzählte hier aus ihrer eigenen Praxis, dass die Suizidgedanken bei Jugendlichen durchaus zunehmen. Die geforderte Selbstständigkeit ist für viele junge Menschen nur schwer zu bewerkstelligen. Sie kann nicht erzwungen, aber durchaus unterstützt werden.
Auch hier gab Kühnl den Familien praxisnahe Tipps. Die Lernabläufe sollten im Vorfeld besprochen werden. Das Sortieren der ausgedruckten Arbeitsblätter schafft Sicherheit. Geschafftes abzuhaken ist auch immer von Vorteil. Das Festhalten an einer klaren Tagesstruktur, indem die Schulzeiten weitestgehend eingehalten werden, ist sehr wichtig.
Austausch mit anderen Kindern fördern
Außerdem sollten die Sorgen der Kinder immer ernst genommen und gemeinsame Lösungswege besprochen werden. Denn nicht wenige Kinder fühlen eine starke Einsamkeit beim alleine lernen. Der Mensch ist grundsätzlich ein soziales Wesen und fühlt sich in der Gruppe wohler. Kühnls Tipp ist hier den Austausch mit anderen Kindern im Rahmen des Erlaubten zu fördern. Dies könne auch über Telefon oder Video-Telefonie passieren. Ein Kind solle sich so wenig wie möglich alleine fühlen.
Die neue Elternrolle darf bei all dem nicht außer Acht gelassen werden. Es gibt niemandem ,von dem die Kinder weniger gerne lernen, als von ihren Eltern. Hier gilt es, Vertrauen zu zeigen: auf das wirklich Wichtige bestehen, bei anderen Aspekten dem Kind möglichst viel Freiraum geben. Die Eltern sollen zwar helfen, aber nicht für das Kind lernen. "Wenn Sie etwas verändern möchten, wählen sie eine Sache aus und konzentrieren sie sich darauf", so Kühnls Ratschlag.
Neben vielen praktischen Beispielen vermittelte die Referentin sehr anschaulich, dass Gelassenheit, Ruhe und Vertrauen die wichtigste Basis für das Lernen auf Distanz ist. Am Ende des Vortrages blieb noch viel Zeit für Fragen der Teilnehmer und den Erfahrungsaustausch. Übertritt, das zeitintensive Lernen im Homeschooling und die fehlende Motivation der Kinder wurden hier als Themen aufgegriffen. Klarheit in der eigenen Struktur, kurzfristige Belohnungssysteme, Pausen einlegen und Gelassenheit waren die Ratschläge der Expertin. So bedankten sich viele Eltern, wie es in einem Online-Vortrag so üblich ist, im Chat für den "informativen, realistischen und verständlichen Vortrag".