Acht Jahre leitete er das Forstamt Gemünden, 18 Jahre war er Stadtrat in Lohr, 27 Jahre Landtagsabgeordneter (davon fast acht als Minister, drei als Leiter der Staatskanzlei) und seit 36 Jahren sitzt er im Kreistag, den er 1996 gerne als Landrat geführt hätte. Eberhard Sinner, Kreisvorsitzender des Bayerischen Roten Kreuzes, ist bekannt wie ein bunter Hund. Am Donnerstag feiert der Ruheständler seinen 70. Geburtstag – 1800 Kilometer Luftlinie von Lohr entfernt. Das Interview gab er am Tag vor seinem Abflug.
Eberhard Sinner: Nö. Meine Frau Uta und ich haben beide den gleichen Geburtstag: Ich im November und sie im Februar. Mit Istanbul verbinden wir beide viele Erinnerungen, ich war das erste Mal schon 1966 dort. An ihrem Geburtstag im Februar fliegen wir nach Venedig, weil sie ein Fan von Donna Leon ist.
Sinner: Sehr! (lacht). Ich hab' eine andere Geschmacksrichtung, mag lieber einen Plootz oder Streuselkuchen.
Sinner: Puh, keine Ahnung. Vielleicht Diana, die Göttin der Jagd. Sie liegt ja der Märchenfigur Frau Holle zugrunde, die als Holda oder Holde in alten Mythen beschrieben wird.
Sinner: In den unterschiedlichen Erwartungen und der ganzen Kommunikation, die von allen Seiten mit Vorurteilen geführt wird.
Sinner: Auf jeden Fall nicht so, dass ich einen Prozess führe mit dem Künstler. Ich würde es total offensiv angehen und versuchen, die noch positive Berichterstattung für Lohr zu erhalten. Ich würde vor allem versuchen, eine Debatte zu vermeiden, die so aussieht, als ob der Stadtrat ein Panikorchester wäre.
Sinner: Eigentlich am Bürokratieabbau. Vor allem deshalb, weil die Betroffenen, also auch die Bürger, jeden Paragrafen, der abgeschafft werden soll, plötzlich als Weltkulturerbe betrachten. Grad im Verbraucherschutz bringt jedes Ereignis die Forderung nach härteren, strengeren Regeln hervor – das ist nun mal Bürokratie.
Sinner: . . .der heimliche Außenminister Deutschlands mit einer europäischen Vision, die Osteuropa schon als einen Teil der Europäischen Union gesehen hat. Ein politischer Vulkan mit teilweise unvorhersehbaren Ausbrüchen.
Sinner: . . . ein unterschätzter Übergangsministerpräsident, der auch an seinen gesundheitlichen Problemen gescheitert ist.
Sinner: . . . (denkt lange nach), wollte mit Bayern in der Champions League spielen und hat High Tech und Innovation gefördert. Auf der anderen Seite war sein Anliegen, das Unverwechselbare Bayerns als Heimat zu erhalten.
Sinner: . . . die Verkörperung der Glaubwürdigkeit, weil er nach Christian Ude der zweitpopulärste Politiker in Bayern war und bei harten Themen wie Innere Sicherheit auch unbequeme Wahrheiten glaubwürdig vertreten hat.
Sinner: . . . (lacht) – was soll ich dazu sagen? (überlegt) – . . . noch auf dem Weg zu einer politischen Linie, die weniger kurvenreich ist.
Sinner: Als ich 2001 Verbraucherschutzminister wurde, war wegen der BSE-Krise ein Tiefpunkt der Glaubwürdigkeit erreicht; als ich aufhörte, waren wir im Ranking der Verbraucherschutzverbände auf Platz 1 vor Nordrhein-Westfalen. Wir haben ja den Verbraucherschutz etabliert und mit dem schon damals digitalen Informationssystem VIS, das es heute noch gibt, gut ausgebaut. Wir haben das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit gegründet, das heute noch bundesweit führend ist. Und wir haben eine neue Kultur entwickelt: transparent, lobbyfest und wissenschaftsbasiert – das waren unsere drei Leitlinien.
Sinner: Ich weiß nicht, wie man sich mit 70 fühlen muss. Ich hab bisher keine gesundheitlichen Probleme und kann alle Aktivitäten, die ich immer schon gemacht hab', durchführen.
Sinner: Das kann ich nicht auswendig sagen. Auf jeden Fall ist er im grünen Bereich. (Anm. d. Red.: Sinner bringt bei 175 Zentimeter Körpergröße 70 Kilogramm auf die Waage).
Sinner: Das mach ich heute Nachmittag. In der Regel mit dem Hund, etwa eine halbe Stunde bei Puls 130. Ich hab überall meine Strecken gehabt: In Brüssel durch den Jubelpark, in Moskau durch die Alexandersgärten, in Berlin durch den Tiergarten, wo ich immer auch bewusst durchs Brandenburger Tor gelaufen bin.
Sinner: Das können andere besser beurteilen. Stur war ich eigentlich noch nie. Nicht gleich durchdrehen, wenn etwas passiert, womit man nicht gerechnet hat. Erst denken, dann handeln.
Sinner: Es gibt eine ganz einfache Erklärung: Beim Filmfestival in Montreal haben wir 2008 den bayerischen Film „Räuber Kneissl“ vorgestellt. Der englische Titel war „Bavarian Rebel“. Diesen Namen hab ich übernommen. Er zeigt so ein bisschen den bayerischen Charakter: den widerspenstigen Freistaat.
Sinner: Ich würde versuchen, den Kirchturmpopulismus endgültig zu beseitigen.
Sinner: Ich war ja dabei bei der Entscheidungsfindung. Zudem hatte der Landrat einen ähnlichen Vorschlag gemacht, den ich unterstützt habe. Wir sind nah beieinander mit unseren Vorstellungen.
Sinner: Das war der Oberamtsmann von Lohr – ein Originalkostüm, das ich noch vom Schwiegervater habe.
Sinner: Nee, des hört dann irgendwann mal auf mit den Ämtern. Früher waren nur die fränkischen Kabinettsmitglieder eingeladen. Dann hatte jeder Minister das Bedürfnis, dort aufzutreten, auch wenn er keinen Bezug zu Franken hat. Später war ich dann als Rundfunkrat eingeladen. Ich schau mir das jetzt im Fernsehen an. Die Atmosphäre dort ist unvergleichlich. Aber man sieht im Fernsehen mehr, als wenn man mittendrin sitzt.
Sinner: Die Versuchung ist immer da. Aber ich hab dank meiner Frau, die meine schärfste Kritikerin war, immer rechtzeitig die Gefahr erkannt und bin dann eben nicht abgehoben. Das war das Verdienst meiner Frau.
Sinner: Den eigenen Kopf.
Sinner: Das ist eine Polyantharose, die 1937 von Kordes gezüchtet wurde. Die ist unglaublich blühfreudig, bis in den Herbst hinein, und passt gut zu unserem Haus dazu. Wilde Rosen, auch alte Rosen – das ist ein bisschen ein Hobby von mir.
Sinner: Manchmal schon.
Sinner: Ich würde nie Privates in Facebook reinbringen, also meine Familie und meine Enkel. Ich beziehe mich immer auf politische oder gesellschaftliche Dinge, ohne die Privatheit meiner Familie und anderer Menschen zu beschädigen.
Sinner (lacht): Ich hab nie die Absicht gehabt, meine Kinder zu Berufspolitikern zu machen. Sie denken politisch mit und sind hellwach, aber gehen durchaus ihre eigenen Wege.
Sinner: Ich bin nicht schwarz in dem Sinn, dass ich alles glaube, was der Bayernkurier schreibt. Ich habe mehr „Zeit“ und „Economist“ gelesen.
Sinner: Wenn ich's am Begriff der Nachhaltigkeit messe, ist es die große Leistung von Stoiber und der CSU, den Begriff der Nachhaltigkeit auch auf die öffentlichen Finanzen übertragen zu haben. Als ich 1970 Büroleiter von Landwirtschaftsminister Hans Eisenmann und der erste deutsche Nationalpark Bayerischer Wald geschaffen wurde, gab es die Grünen noch gar nicht.
Sinner: Ich hab' mir keine andere Partei vorstellen können, weil ich Anhänger einer Volkspartei bin, die die politische Mitte repräsentiert. Ich hatte nie den Hang, mich in irgendwelche Splitterparteien zu verlaufen, die Ein-Themen-Parteien sind oder mit Koalitionsrücksichten und deren Erpressungspotenziel leben müssen.
Sinner: Das ist ein positiver Wettbewerb, der notwendig ist, um nicht stehen zu bleiben, sondern sich weiterzuentwickeln. Das führt dazu, dass sich Angebote ergänzen. Wir sind im Landkreis führend im Rettungsdienst. Da sind Malteser und Johanniter weniger präsent. Aber wir haben zum Beispiel keine Sozialstation – das ist die Domäne der Caritas.
Sinner: Ich hab die Krause Glucke schon seit ich denken kann als hervorragenden Speisepilz gesucht. Er wächst immer in Symbiose mit Kiefern und man hat mit einem Pilz schon die Mahlzeit. Das Galam Masala ist ein indisches Gewürz, das Ingo Holland in Klingenberg herstellt. Das krieg ich beim Gabel in Lohr. Damit will ich auch eine hervorragende Geschäftsidee in der Region würdigen. Ich bin ja Hobbykoch. Ich suche das Regionale und hab mich immer gegen die Cocacolarisierung der Speisekarte gewehrt. Ich will mediterrane Küche mit regionalen Produkten selbst realisieren.
Sinner: Eigentlich habe ich keine großen Ziele.
Sinner: Kleine sind vielleicht auch große: Dass die sechs Enkel ihre Zukunftschancen wahrnehmen und wir – meine Frau und ich – einen kleinen Beitrag dazu leisten können. Das Thema Familie steht jetzt im Mittelpunkt.