zurück
Lohr
Sicherung der lokalen Erinnerung
Über 100 Gäste feierten mit dem Vorsitzenden Wolfgang Vorwerk in der Alten Turnhalle das 65-jährige Bestehen des Geschichts- und Museumsvereins Lohr. Foto: Thomas Josef Möhler
Foto: Thomas Josef Möhler | Über 100 Gäste feierten mit dem Vorsitzenden Wolfgang Vorwerk in der Alten Turnhalle das 65-jährige Bestehen des Geschichts- und Museumsvereins Lohr. Foto: Thomas Josef Möhler
Bearbeitet von Thomas Josef Möhler
 |  aktualisiert: 09.06.2024 02:30 Uhr

Ohne das Bewusstsein um die Vergangenheit werde die Hoffnung auf eine gute Zukunft schwindend gering. Das hat Bürgermeister Mario Paul bei der 65-Jahr-Feier des Geschichts- und Museumsvereins Lohr betont, dessen hohes Maß an Geschichtsbewusstsein er lobte. Weil sich über 100 Gäste angemeldet hatten, musste die Veranstaltung vom Saal des alten Rathauses in die Alte Turnhalle verlegt werden.

Vorsitzender Wolfgang Vorwerk erinnerte an die Gründung des Vereins am 3. Juni 1959 durch 27 Lohrer. Nur fünf Vorsitzende hat der Verein seither gehabt: Rudolf Lurz 1959 bis 1964, Oskar Schecher 1965 bis 1976, Karl-Heinz Bartels 1976 bis 1997, Karl Anderlohr 1997 bis 2017 und seither Vorwerk selbst.

Bis 1976 hieß der Verein nur "Geschichtsverein", dann kam das Museum hinzu. "Wir machen weiter", versprach Vorwerk. Er begrüßte die Absicht des Spessartmuseums, eine Dauerausstellung jüdischen Lebens einzurichten. Der Fund des Thora-Schreins der ehemaligen jüdischen Kultusgemeinde durch den Verein sei dafür die "Initialzündung" gewesen.

Rund 460 Veranstaltungen

In den 65 Jahren seines Bestehens hat der Verein laut Vorwerk rund 460 Veranstaltungen organisiert, viele davon in Kooperation mit der Volkshochschule. Die Zusammenarbeit mit deren Arbeitskreis "Heimat und Geschichte" sei ein Erfolgsmodell. Die Schriftenreihe des Vereins umfasse mittlerweile 73 Veröffentlichungen.

Mit dem Jahrbuch zur Geschichte des Lohrer Raums, inzwischen auf zehn Bände angewachsen, begebe sich der Verein auf die Spuren von Friedl Keller, dem Herausgeber der Lohrer Zeitung. Dieser hatte in der regelmäßigen Beilage "Heimatland" über Jahrzehnte lokalhistorische Themen veröffentlicht.

Bürgermeister Mario Paul sprach von einem "ganz besonderen Verein". Der hohe Zuspruch zur Feier zeige, dass die Geschichte Lohrs so lebendig wie eh und je sei. Der Geschichts- und Museumsverein habe mit nicht nachlassendem Eifer und Interesse dazu beigetragen. Ohne diese Bemühungen geriete die Geschichte Lohrs allzu schnell in Vergessenheit.

Damit öffnet der Verein nach Pauls Worten ein Fenster in die Vergangenheit. Dabei habe er auch die dunklen Kapitel nicht ausgespart. Ausdrücklich würdigte der Bürgermeister Vorwerks Verdienste, das Leben der ehemaligen jüdischen Gemeinde Lohrs nachzuzeichnen. Der Verein habe sich auch nicht vor Kontroversen gedrückt, etwa beim Umgang mit dem historischen Erbe von Nikolaus Fey.

Barbara Grimm, die Leiterin des Spessartmuseums, erinnerte an die Geschichte der Einrichtung. Fahrt aufgenommen habe das Museum erst mit den "museumsaffinen" Landräten Richard Balles und Rudolf Balles und der Unterstützung durch den Verein. Seine Mitglieder hätten mit viel Herzblut Ausstellungsgegenstände gesammelt, für Schenkungen und Dauerleihgaben "vom Schraubstock bis zum Rokokospiegel" gesorgt und Restaurierungsarbeiten finanziell unterstützt. Es vergehe kaum eine Woche ohne gegenseitige Kontakte und wissenschaftliche Hilfestellungen.

Auf eine neue Form der Heimatforschung durch den "Heimathub" machte Kreisheimatpfleger Theodor Ruf aufmerksam. Der Plattform im Internet sei Ende letzten Jahres auch der Main-Spessart-Kreis beigetreten. Eine physische Verbindungsstelle gebe es in Gemünden. Auf der Plattform könnten Interessierte Materialien einstellen und sich informieren.

Bernd Rottenbacher, der Direktor des Franz-Ludwig-von-Erthal-Gymnasiums, ist selbst Historiker. Die "auf uns gekommene Überlieferung", nach seinen Worten ein "diffuser Korpus", werde ständig gedeutet, analysiert und in Zusammenhänge gebracht. Dabei werde die Vergangenheit nicht rekonstruiert, sondern von jeder Generation neu konstruiert. Daran arbeite auch der Geschichts- und Museumsverein.

Anregungen aus Lohr

Der ehemalige Marktheidenfelder Bürgermeister Leonhard Scherg, von Vorwerk als "Grandseigneur der Heimatforschung" vorgestellt, machte auf die Anregungen aus Lohr bei der Gründung des Historischen Vereins Marktheidenfeld aufmerksam. Die lokale Geschichtsforschung präge und sichere die lokale Erinnerung und sei somit Grundlage der lokalen Erinnerungskultur.

Für den musikalischen Rahmen der Feier sorgte das Streicherensemble der städtischen Sing- und Musikschule.

73 Veröffentlichungen hat der Geschichts- und Museumsverein Lohr in seiner Schriftenreihe bislang herausgebracht. Chefin des Bücherverkaufs ist Sabine Fiedler-Conradi. Foto: Thomas Josef Möhler
Foto: Thomas Josef Möhler | 73 Veröffentlichungen hat der Geschichts- und Museumsverein Lohr in seiner Schriftenreihe bislang herausgebracht. Chefin des Bücherverkaufs ist Sabine Fiedler-Conradi. Foto: Thomas Josef Möhler
 
Themen & Autoren / Autorinnen
Lohr
Bürgermeister und Oberbürgermeister
Geschichtsvereine
Karl Anderlohr
Mario Paul
Nikolaus Fey
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top