zurück
LOHR
Sicherheit im Heimatland nötig
Spendenübergabe an die Kinderhilfe Afghanistan: Jeweils 1500 Euro spendeten der Lions Club und der Rotary Club. Im Bild von links Robert Engelhardt vom Helferkreis Asyl, Sebastian Dosch, Präsident der Rotarier, Dr. Reinhard Erös, Vorsitzender der Kinderhilfe Afghanistan, und Klaus Bauer vom Lions Club.
Foto: Karl Anderlohr | Spendenübergabe an die Kinderhilfe Afghanistan: Jeweils 1500 Euro spendeten der Lions Club und der Rotary Club. Im Bild von links Robert Engelhardt vom Helferkreis Asyl, Sebastian Dosch, Präsident der Rotarier, Dr.
Karl Anderlohr
 |  aktualisiert: 11.12.2019 18:49 Uhr

Weder die Schließung der Grenzen noch Rückführung und Abschiebung und schon gar nicht so kurzsichtige und kleinkarierte Scheinlösungen wie die Aufhebung der doppelten Staatsbürgerschaft werden imstande sein, die Probleme zu lösen, die dadurch entstehen, dass sich Millionen vom Menschen auf den Weg machen, um in Westeuropa das zu finden, was sie in ihrem Heimatland nicht finden können: ein menschenwürdiges Leben in Sicherheit. Davon ist Dr. Reinhard Erös überzeugt, der am Donnerstag auf Einladung des Helferkreises Asyl, der Stadt Lohr, der Caritas, des Lions-und des Rotaryclubs sprach.

Schwerpunkt Afghanistan

Er machte es seinen zahlreichen Zuhörern nicht leicht. Etwa zweieinhalb Stunden lang konfrontierte er sie mit Zahlen, Daten und Fakten über die Ursachen der Konflikte in der Welt und die mehr oder (meist) weniger geglückten Versuche, ihrer Herr zu werden. Der Schwerpunkt dabei war Afghanistan.

Dort hat er als ehemaliger Oberstabsarzt der Bundeswehr und seit 1998 als Vorsitzender der „Kinderhilfe Afghanistan“ Land und Leute aus ganz unterschiedlichen Perspektiven kennen gelernt. Die Kinderhilfe nennt er eine Familieninitiative, denn außer ihm sind such seine Frau Annette und die fünf Kinder Veit, Urs, Welf, Cosima und Veda aus Mintraching (Oberpfalz) aktiv mit ihm ehrenamtlich tätig.

Noch zu Zeiten des Taliban-Regimes gelang ihm die Gründung der ersten Mädchenschule in Afghanistan. Nach dem Sturz der Taliban im Winter 2001 konnte er weitere Projekte in den besonders gefährdeten Provinzen Nangahar, Kunar, Laghman, Khost, Paktia und Paghman starten, alle finanziert mit privaten Spenden. Bewusst verzichtet Erös auf staatliche Zuschüsse, die mit Auflagen verbunden sind. Die vier afghanischen Mitarbeiter werden ortsüblich bezahlt (und das heißt nicht gerade üppig); die Mitarbeiter in Deutschland arbeiten ausschließlich ehrenamtlich.

Die Kinderhilfe Afghanistan hat inzwischen in sechs Provinzen 30 Schulen mit rund 50 000 Schülerinnen und Schülern und 1400 Lehrerinnen und Lehrern errichtet. 1016 wurde sogar eine christlich-muslimische Oberschule in Sargoda eröffnet, 2914 eine Deutsch-Afghanische Friedensuniversität in Laghman.

Dazu kommen Ausbildungszentren für junge Männer und für Mädchen, Erdbebenhilfe (2005) und Aktionen wie „Obst statt Opium“ (2004) mit dem Anbau von 25.000 Obstbäumen sowie Waisenhäuser und medizinische Einrichtungen.

Das steht im deutlichen Widerspruch zu dem Bild, das hiezulande herrscht, mit bildungsfeindlichen Taliban, die vor allem die schulische Bildung von Mädchen und jungen Frauen bekämpfen, aber „Taliban ist nicht gleich Taliban“, erläutert Erös auf eine entsprechende Frage. Der Islam, wie er in Afghanistan praktiziert werde, sei weder aggressiv noch fanatisch oder fortschrittsfeindlich, wie die wahabitische Richtung in Saudi-Arabien.

Eines sei vor allem wichtig: Nie dürfe der Eindruck entstehen, als versuchten andere Staaten, den Afghanen ihre eigenen kulturellen Vorstellungen aufzudrängen oder gar aufzuzwingen. Das ist auch der Grund, warum Erös für seine Projekte auf staatliche oder überstaatliche Entwicklungshilfe ebenso verzichtet, wie auf den Schutz der Bundeswehr oder der NATO-Truppen. Staatliche Entwicklungshilfe sei ohnehin „ein Geschenk von den einfachen Leuten in reichen Ländern für die Reichen in armen Ländern.“ Und er zitierte den afghanischen Staatspräsidenten, der zur Korruption in seinem Lande sagte: „Wir haben In den letzten Jahren eine verbrecherische Elite herangezüchtet.“

Erweiterter Horizont

Für die Zukunft des Landes setzt er auf bildungswillige junge Menschen und zwar auf solche, die im eigenen Land oder auch in Europa ihren Horizont erweitert haben. In nunmehr 40 Jahren Krieg und Bürgerkrieg sei das kaum möglich gewesen.

Bürgermeister Mario Paul hatte zu Beginn der Veranstaltung auf die guten Erfahrungen in Lohr hingewiesen, wo Flüchtlinge (nicht nur aus Afghanistan) in Räumen am Sommerberg und in der Jugendherberge. untergebracht sind. Allen, die sich um diese Menschen bemühen, sprach er den Dank der Stadt aus. Kleine Präsente gab es für den Referenten, seine Frau Annette und für Lydia Gröbner, die sich im Landkreis um die Asylbewerber kümmert.

Die Präsidenten des Rotary Clubs, Sebastian Dosch und des Lions Clubs, Klaus Bauer, überreichten Dr. Reinhard Erös je 1500 Euro als Spende für die Arbeit der Kinderhilfe Afghanistan.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Lohr
Karl Anderlohr
Bundeswehr
Caritas
Doppelte Staatsbürgerschaft
Ehrenamtliches Engagement
Entwicklungshilfe
Mario Paul
Opium
Rotary International
Taliban
Vermögende
Waisenhäuser
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top