"Das war Blödsinn", so lapidar nannte ein 76-jähriger Mann aus dem Raum Heilbronn sein Verhalten vom vergangenen Juni in einem Marktheidenfelder Schwimmbad. In einem Tauchbecken des Bades hatte er sich zwei Mal neun- bis elf Jahre alten Mädchen mit entblößtem Glied gezeigt und daran manipuliert. Für diesen "Blödsinn" wurde er jetzt am Amtsgericht Gemünden zu einer einjährigen Bewährungsstrafe verurteilt.
Was ihn zu dieser Tat getrieben hat, konnte der ziemlich verstört wirkende ehemalige Raumausstatter auf die Frage von Richterin Karin Offermann nicht sagen. "Gezielt", so die Anklage, hatte er sich am 10. Juni die minderjährigen Mädchen im Wonnemar ausgesucht. Immer, wenn die Mädchen zu einem Tauchgang ansetzten, ließ der Angeklagte seine Badehose fallen "sich schnell zu kratzen", wie es eines der Mädchen in der polizeilichen Vernehmung gegenüber einer Polizeibeamtin bezeichnete.
Kindern eine nochmalige Aussage erspart
"Verschämt", haben sich alle Mädchen bei ihren Schilderungen verhalten, berichtete die Polizeibeamtin weiter. Einige hatten Angst, noch einmal das Bad aufzusuchen. In ihren Schulklassen wurden die Vorgänge ebenfalls thematisiert und gemeinsam mit den anderen Schülern aufgearbeitet. Videoaufzeichnungen der Überwachungskameras haben die Vorfälle, aus der Sicht über dem Wasserspiegel, im Bild festgehalten. Auf eine Inaugenscheinnahme verzichtete das Gericht, auch wegen des umfassenden Geständnisses des Angeklagten.
Dieses ersparte den Mädchen auch eine nochmalige Aussage, dieses Mal in der Hauptverhandlung. Allerdings war es für den 76-Jährigen nicht das erste Mal, dass er sich wegen des sexuellen Missbrauchs von Kindern vor Gericht verantworten musste. Im Jahr 2012 stand er deswegen in Heilbronn vor dem Kadi. Sein "Glück" jetzt, dass die Tat länger als fünf Jahre zurück liegt. "Sonst hieße die Anklage jetzt schwerer sexueller Missbrauch von Kindern", betonte der Staatsanwalt.
Psychologische Hilfe gesucht
Positiv zeigte sich in der Gerichtsverhandlung, dass der Angeklagte bereits im Herbst professionelle psychologische Hilfe in Anspruch genommen hat. Seine Verteidigerin, die seit einer Reihe von Jahren in entsprechenden Arbeitskreisen zur Behandlung von Sexualstraftätern mitarbeitet, war ihm dabei eine große Stütze. Auf ihre Vermittlung hin hat der Mann bereits vier Sitzungen bei einem anerkannten und spezialisierten Psychotherapeuten absolviert. Nach dessen Aussage bestehen "gute Erfolgsaussichten", so die Verteidigerin. Allerdings werden dafür voraussichtlich bis zu 30 Sitzungen erforderlich sein.
"Das war mehr als nur ein Blödsinn", ging der Staatsanwalt in seinem Plädoyer auf die anfängliche Aussage des Angeklagten ein. Er betonte, dass Kinder vor Sexualstraftätern geschützt werden müssen. Positiv wertete der Anklagevertreter, dass es zu keinem körperlichen Kontakt zwischen dem Mann und den Mädchen gekommen ist. Dennoch beantragte er eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten, die aufgrund der Vorverurteilung nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden kann.
Gericht sieht Gefängnis als den falschen Ort
"In der rechtlichen Würdigung" schloss sich die Verteidigerin der Ansicht des Staatsanwaltes an. "Jedoch nicht dem Antrag für das Strafmaß". Sie wollte die bereits begonnene Therapie ihres Mandanten entsprechend positiv gewürdigt wissen und sprach sich für die Verhängung einer Bewährungsstrafe aus, mit der Auflage, die begonnene Therapie fortzusetzen.
Dem schloss sich auch Richterin Karin Offermann in ihrem Urteil an. "Sie haben ein Problem und arbeiten bereits daran", so die erfahrene Richterin. Darum hält sie für den Mann "das Gefängnis für den falschen Ort". Besser ist er bei der begonnen Therapie aufgehoben. Wegen des zweifachen sexuellen Missbrauchs von Kindern in zwei tateinheitlichen Fällen verurteilte sie den Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr, ausgesetzt für drei Jahre zur Bewährung. Für zwei Jahre erhält der Mann einen Bewährungshelfer. Zusätzlich muss er die begonnene Therapie so lange fortführen, wie es der Therapeut für notwendig erachtet. Außerdem erhält die Lebenshilfe Main-Spessart die Geldauflage in Höhe von 1000 Euro. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.