Die aktuelle Pfarrkirche Sankt Georg, ehemals ein Schloss des Fürstbischofs von Greiffenclau, ist bereits die vierte Kirche in Zellingen. Das hat der Zellinger Seniorstudent Roland Heid, 68, in einer Hausarbeit herausgearbeitet. Den Weg von der ersten erwähnten Klosterkirche in Zellingen bis zur heutigen großen Pfarrkirche beschreibt er als einen "sehr langen und ereignisreichen".
Der gebürtige Würzburger Heid, der seit 1980 in einem der ältesten Häuser Zellingens in unmittelbarer Nähe von Sankt Georg wohnt, studiert seit drei Jahren im Hauptfach Politikwissenschaft/Soziologie und im Nebenfach Geschichte an der Uni Würzburg. Nach seinem ersten Studium der Sozialen Arbeit an der FH arbeitete der Sozialpädagoge von 1979 bis zu seiner Pensionierung 2016 im Jugendamt des Landratsamts Würzburg. In seinem Hauptfach sei er der einzige Seniorstudent, erzählt er. Ihn habe interessiert, wie Hochrechnungen an Wahlabenden zustande kommen, wie es zu Ungleichheit im Land und zu Altersarmut kommt. In Geschichte gebe es noch andere Seniorstudenten, wobei die meisten keine Prüfungen schrieben. "Es hält mich geistig fit", sagt er.
Erlebnisse eines Erstsemesters
In seinem Studium ging es ihm anfangs genauso wie vielen jungen Studenten: "Ich hab ja überhaupt nicht gewusst, was auf mich zukommt." Im ersten Semester habe er sich öfter gefragt: "Was machen die denn da? Methoden? Hä?!" Manche Prüfungen musste er zweimal schreiben – Datenanalyse, wo 60 Prozent der Studenten im ersten Versuch durchgefallen seien, jetzt schon ein drittes Mal. Jetzt ist er gescheiter und bildet mit Studenten, die viel jünger als seine Söhne sind, Lerngruppen. Mit manchen ist er trotz des Altersunterschieds auch befreundet.
Die Seminarbeit über die Kirchen Zellingens schrieb er im Seminar "Wie gründe ich eine Pfarrei?". "Das hat mir richtig Spaß gemacht", sagt er. Weil ihm keine Arbeit über die Zellinger Kirchen bekannt ist, musste er selbst forschen. Er war im Gemeindearchiv und sichtete im bischöflichen Ordinariat in Würzburg einen ganzen Schiebewagen voller Ordner. Was ihn etwas ärgert, ist, dass er keinen Zugang zum Archiv der Pfarrei bekam.
Zellingen einer der ältesten Orte am Mittelmain
In seiner Arbeit schreibt Heid, dass Zellingen, in der Ersterwähnung "Cellingen", seinen Namen erhalten habe, als in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts ein Kloster (Cella) entstanden war. Es handelt sich demnach um einen der ältesten Orte am Mittelmain. Um 744 bis 747 wurde der Ort Zellingen, zusammen mit Retzbach, Dettelbach und Hundsfeld, von Pippin und Karlmann, den Söhnen des fränkischen Hausmeiers Karl Martell, in den Besitz des 744 gegründeten Klosters Fulda übertragen.
Die erste Zellinger Kirche war wohl ein Holzbau und steht offenbar in Zusammenhang mit dem Frauenkloster, das ein Mönch namens Rudolf im Jahr 838 ebenso erwähnte wie eine Kirche. Vermutungen, das Kloster sei als ein Ableger des Klosters in Fulda entstanden, die Bewohnerinnen also Benediktinerinnen gewesen, sind "wahrscheinlich falsch", schreibt Heid. Es könnte vielmehr ein Kanonissenstift gewesen sein. Der Standort dieses Klosters mit der ersten Kirche ist irgendwo im heutigen Pfarrhof zu verorten – "gleich hier hinter dem Haus" –, die frühere Pfarrkirche lag womöglich auf dem Boden des Lehrerhauses.
Zweite Kirche war Maria geweiht
Im Jahre 1251 wird die neugebaute zweite Kirche von Zellingen in den Annalen erwähnt. Sie war der Mutter Gottes Maria geweiht. Über den Standort dieser Kirche hat Heid in seinen Quellen keine Aufzeichnungen gefunden. Er ist sich jedoch ziemlich sicher, dass sie auf dem Grund der ersten errichtet wurde.
Fürstbischof Julius Echter ließ im Jahre 1615 an der Stelle des heutigen Lehrerhauses eine neue, die dritte Kirche des Ortes, bauen. Diese ging als Juliuskirche in die Ortsgeschichte ein. Nach bereits 165 Jahren Nutzung sei sie jedoch in einen baufälligen Zustand geraten und soll anno 1787 abgebrochen worden sein.
Aus einem Jagdschloss wurde die Zellinger Kirche
Die Chroniken berichten laut Heid, dass als Ersatz für die baufällige Juliuskirche das „Weiße Schloss“, ein Jagdschloss, das im Jahre 1717 vom Fürstbischof Philipp von Greiffenclau zu Vollraths, erbaut wurde, der Gemeinde zum Umbau für die heutige Pfarrkirche geschenkt wurde. Die Kosten für den Umbau hatte die Gemeinde zu tragen. Die Lage dieses Schlosses nennt Heid "geradezu ideal, lag es doch in der Ortsmitte in unmittelbarer Nähe zur Vorgängerkirche".
Der Umbau zur Pfarrkirche St. Georg erfolgte nach einem Bauplan des fürstbischöflichen Baumeisters Johann Philipp Geigel. Äußerlich blieb die Fassade des Schlosses fast erhalten. Es erfolgte lediglich der Anbau eines dreigeschossigen Turmes mit Kuppel und Laterne an der Westseite des Schlosses. An der Westseite des Turmes befindet sich in ca. drei bis vier Meter Höhe, fest eingemauert, eine Inschriftentafel, die vom Kirchenbau 1787 berichtet.
Baumaterial für St. Georg stammte vom baufälligen "Roten Schloss"
Interessant: Das Baumaterial – rötlicher Buntsandstein – stammte vom abgerissenen, zweiten Schloss im Ort, dem seit 1699 baufälligen „Roten Schloss“. Dieses lag am heutigen Spielplatz hinter der Grundschule, also ebenfalls in unmittelbarer Nähe zum „Weißen Schloss“.
Erhalten blieben an der Nord- und Südseite die vorhandenen Eingangsportale mit den Freitreppen. Hingegen wurde der Bau an der Ostseite um ein neues Portal erweitert und um einen Dreiecksgiebel mit der Sandsteinfigur des heiligen Georgs sowie zwei geschweiften Blendgiebeln mit Figurennischen ergänzt. Innen kamen die Zwischendecken heraus, damit aus dem zweigeschossigen Schloss eine Saalkirche werden konnte. Die beiden Fensterreihen der Obergeschosse blieben erhalten, während sie im Untergeschoss mit Dreiecksgiebel abgeschlossen wurden.