Im Rahmen eines ganztägigen theologischen Seminars erhielten die Teilnehmenden fundierte Impulse aus der praktischen Theologie Dietrich Bonhoeffers, wie Kirche auch in Krisenzeiten positiv gestaltet und gebaut werden kann. Der Bonhoeffer-Experte Peter Zimmerling, Universität Leipzig, vermittelte fundiertes Wissen zu Bonhoeffers Kirchenverständnis, zu Impulsen für den Gemeindeaufbau und der gemeinschaftlich gelebten Spiritualität. Die Bildungsveranstaltung des Evangelisch-Lutherischen Dekanats Lohr wurde vom Evangelischen Bildungswerk Frankenforum, Würzburg, unterstützt. Pfarrerinnen und Pfarrer aus verschiedenen Dekanaten und Landeskirchen wurden dabei ebenso angesprochen wie interessierte Laien.
Der vor allem als Widerstandskämpfer bekannte evangelische Pfarrer und Theologe Dietrich Bonhoeffer (1906-1945) entwickelte sein Kirchenverständnis in der bedrängten Zeit der Weimarer Republik und des Dritten Reiches. "Theologie im Ernstfall", so Zimmerling. Er erläuterte, dass Bonhoeffer in einer konsequenten Ausrichtung der Kirche auf Christus hin und in einer starken, auch spirituell geprägten Wertschätzung der Bibel die eigenständige Bedeutung der Kirche sah - gegen die versuchte Einflussnahme durch den Staat. "Bonhoeffer war politisch hervorragend informiert und keineswegs naiv - eine Seltenheit unter Pfarrern der damaligen Zeit", erläuterte Zimmerling.
Dietrich Bonhoeffers Ideen zur Bedeutung schriftgebundener Meditation, zu persönlichem und gemeinsamem Gebet, zu gegenseitiger Beichte und gemeinsamem Leben könnten auch heute für die Kirche inspirierend sein. Zimmerling verdeutlichte, inwieweit Bonhoeffers eigener Einsatz als Pfarrer und vor allem als Leiter, der später illegalen, Predigerausbildung der "Bekennenden Kirche" in Finkenwalde vorbildhaft war. "Kirche hat für andere da zu sein" - auf Grundlage der Bibel liege hier die Bedeutung der Nachfolge Christi.
Im Seminar war Gelegenheit, die Anliegen einzelner Seminarteilnehmerinnen und Kirchengemeinden zur Sprache zu bringen. Durchaus auch kontrovers wurden Impulse diskutiert, so zur Angemessenheit ganzer Evangelisationswochen heute oder zur nichtreligiösen Interpretation biblischer Begriffe. Zimmerling ermutigte abschließend zur Klarheit und Offenheit der Kirche: "Christen sind in Gefahr, den schmalen Weg zu Gott zu einem engen Weg zu machen. Schmal ist der Weg, aber er muss frei sein, offen und einladend."
Die Rückmeldungen der Haupt- und Ehrenamtlichen waren einhellig positiv: "Gemeinsam an geistlichen Lösungen gearbeitet", "konnte auftanken", "nicht über-, aber auch nicht unterfordert", "bin in Skript und Literatur versunken". Dekan Till Roth, Lohr, der das Seminar initiiert, mit einer Andacht eröffnet und durch den Tag geleitet hatte, deutete im Nachgang an, dass über eine Fortsetzung derartiger Seminarveranstaltung nachgedacht werde.
Von: Carolin Esgen