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LOHR
SEK-Einsatz: 52-Jähriger ein Fall für die Psychiatrie?
Roland Pleier
 |  aktualisiert: 07.04.2020 11:42 Uhr

Es ist gerade dunkel geworden, als es in Steinbach knallt: Polizisten eines Sondereinsatzkommandos haben eine Blendgranate gezündet, um einen Mann in seiner Wohnung zu überraschen. Rund ein Dutzend Einsatzkräfte sind vor Ort. Zeugen wollen auch auch einen Rammbock gesehen haben. Abgespielt hat sich das Szenario Mitte September 2017 in einer Wohnanlage in dem Lohrer Stadtteil.

Den ungewöhnlichen Einsatz begründete die Polizei tags darauf mit dem „Verdacht auf Besitz von Kinderpornografie“. Danach war erst einmal Funkstille. Die Ermittlungen dauern noch an, hieß es bei mehreren Anfragen über Monate hinweg.

Ist der Mann vermindert schuldunfähig?

Jetzt wird klar, weshalb das so war: Die Staatsanwaltschaft Würzburg hatte nämlich ein Gutachten erstellen lassen. Demzufolge ist der 52-Jährige offenbar als schuldunfähig oder vermindert schuldfähig einzustufen. Die Staatsanwaltschaft beantragte deshalb, dass er in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht wird. Dies teilte Oberstaatsanwalt Boris Rauffeisen auf Anfrage der Redaktion mit.

Dem 52-Jährigen wird versuchter und vollendeter sexueller Missbrauch von Kindern vorgeworfen. Zudem soll er kinder- und jugendpornografische Schriften besessen und verbreitet haben. „Mittels digitaler Medien“ habe er „sexuell intendierte Kontakte zu jungen Mädchen aufgenommen“, so Rauffeisen. Dabei habe der Mann falsche Angaben über sich selbst gemacht. Einige seiner Versuche seien erfolgreich gewesen und hätten „zur Überlassung und zum Austausch eigener Nacktbilder und pornografischer Darstellungen“ geführt.

Mehrere Treffen mit einer 15-Jährigen

In einem Fall soll es zu mehreren Treffen mit einer 15-Jährigen gekommen sein, erläutert der Staatsanwalt weiter. Zum Geschlechtsverkehr, den sich der Beschuldigte erhofft habe, sei es zwar nicht gekommen, wohl aber zum „Austausch von Küssen“.

Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus kann das Gericht nach Paragraf 63 des Strafgesetzbuches anordnen, wenn der Beschuldigte als schuldunfähig oder vermindert schuldfähig eingestuft wird, und wenn die Gesamtwürdigung unter anderem ergibt, dass von ihm „erhebliche rechtswidrige Taten“ zu erwarten sind, durch die die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder gefährdet werden. Vereinfacht ausgedrückt: Wenn er als für die Allgemeinheit gefährlich eingestuft wird.

Vorläufiger Unterbringungsbefehl

Der Beschuldigte, befindet sich laut Rauffeisen seit Ende November 2017 aufgrund eines vorläufigen Unterbringungsbefehls in einem psychiatrischen Krankenhaus. Über die Zulassung der Antragsschrift oder gar einen etwaigen Termin zu einer Hauptverhandlung hat das Gericht noch nicht entschieden.

 
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  • R.Silber
    TäterSchutz vor OpferSchutz ist praktiziertes UnRecht. Artikel 5 Absatz 1 Satz 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention lautet: „Jede Person hat das Recht auf Freiheit und Sicherheit.“ Während aber in der Rechtsprechung das Recht auf Freiheit von Angeklagten und auch von verurteilten Straftätern fein ziseliert ausgearbeitet worden ist, wird der zweite Teil der Vorschrift, das Recht auf Sicherheit von Opfern oder potenziellen Opfern von Straftaten meist nicht einmal erwähnt. So findet sich auch in den Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte kein Wort zur Abwägung zwischen dem Freiheitsanspruch des Verurteilten und dem Sicherheitsanspruch der Opfer.
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